Nicht wie Scholz es wollte | ABC-Z
Freilich müsste zuvor der Bundespräsident den Bundestag auflösen, was er erst tun könnte, wenn der Bundeskanzler die Vertrauensfrage gestellt und die Abstimmung verloren hätte. Das ist der im Grundgesetz festgelegte Gang der Dinge, wenn ein Kanzler, wie jetzt Scholz, keine Mehrheit mehr hat, die Oppositionsparteien aber nicht mittels eines Misstrauensvotums den Machtlosen ab- und einen neuen Kanzler ins Amt wählen wollen.
Scholz versuchte, den ganzen Prozess ins nächste Jahr zu verschieben. Er begründete das mit Gesetzen, die er vorher noch beschlossen wissen wollte – zweifellos auch in der Hoffnung, damit die nicht berauschenden Wahlaussichten der SPD zu verbessern, von denen seine politische Zukunft abhängt. Mit diesem Plan stieß der Kanzler ohne Mehrheit aber nicht nur in der Opposition auf Widerstand. Mit der Verzögerungstaktik bewirkte Scholz nur, dass am Ende andere darüber entschieden, wann gewählt wird – und wann er dafür die Vertrauensfrage zu stellen hat.
Deutschland muss so schnell wie nur irgend möglich wieder eine voll handlungsfähige Regierung haben, die von einer stabilen Mehrheit im Bundestag getragen wird. Unklarheit darüber, welchen Kurs dieses Land auf den wichtigsten Politikfeldern verfolgt, herrscht schließlich nicht erst, seit Scholz Lindner entließ. Die verunsicherte Republik braucht nun dringend die Führung, die der Kanzler oft versprochen, aber nur selten gezeigt hat. Donald Trump, der amerikanische „president-elect“, wartet nicht bis zu seiner Inauguration im Januar, um Pflöcke einzuschlagen, die der deutschen Politik und Wirtschaft das Leben schwer machen werden. Auch so unterscheiden sich Sieger von Verlierern.