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Neues Bühnenprogramm: Vom Märchenkönig und seinem Psychiater – Ebersberg | ABC-Z

Bereits dreizehn Jahre ist es her, dass sich Sebastian Schlagenhaufer das erste Mal ganz intensiv mit Ludwig II. beschäftigt hat. Der Grafinger Schauspieler, Kabarettist und Autor nämlich wirkte damals bei den „Weiherspielen“ in Markt Schwaben mit, die anlässlich eines Monarchen-Jubiläums das Stück „Wir sind König“ aus Josef Schmids eigener Feder aufführten. Mit dem 31-jährigen Schlagenhaufer als Hauptdarsteller. S

Und nun, 13 Jahre später, schlüpft er wieder in die Rolle des legendären bayerischen Königs, „sogar das Kostüm von damals, die typische Offiziersuniform, passt mir noch“, erzählt er und lacht. Denn Schlagenhaufer hat nun selbst ein Stück geschrieben, es heißt „Ludwig II. – Der bayerische Patient“ und feiert demnächst im Alten Kino Ebersberg Premiere.

“Wir sind König” hieß es 2011 bei den Weiherspielen in Markt Schwaben. Hier sieht man den Kini alias Sebastian Schlagenhaufer in Linderhof. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Durch die Weiherspiele hatte Schlagenhaufer offenbar Gefallen gefunden an Seiner Majestät, dem „Kini“. Bereits ein Jahr später nämlich schrieb er ein erstes Bühnenprogramm, in dem er, von einer Pianistin begleitet, aus dem Leben des legendären bayerischen Monarchen erzählte. Trotz all seines Ruhmes, sagt der Grafinger, tue ihm der Märchenkönig ein wenig leid. „Er hat viele unglaubliche Dinge erleben müssen und war letztendlich eine tragische Figur.“ Bereits mit 18 Jahren sei er völlig unvorbereitet König geworden und habe dann einen aussichtslosen Krieg führen müssen. „Außerdem hatte er sehr unter seiner homosexuellen Neigung zu leiden und als Wittelsbacher wahrscheinlich auch nicht die besten genetischen Voraussetzungen für eine gesunde Psyche.“ Zum Zeitpunkt seines Todes war Ludwig II. gerade mal 40 Jahre alt.

Das damalige Programm aber wurde nur ein einziges Mal aufgeführt. „Das war nur so semi-gut. Zu viele Fakten, zu wenig Gefühl und Humor“, erklärt Schlagenhaufer. Also wanderte das Werk in seine Schublade und ruhte dort einige Jahre. Bis der Autor eine zündende Idee hatte: „Der Mann, der mit Ludwig II. starb“, ein Sachbuch, rückte eine zweite historische Figur in seinen Fokus, den Nervenarzt Bernhard von Gudden. Jenen Psychiater also, der ein bis heute hochumstrittenes Gutachten über den König verfasste – und so seinen politischen Gegnern half, ihn per Entmündigung zu entmachten. Der aber andererseits ein sehr guter, moderner Mediziner war, der den bis dato sehr rauen Umgang mit psychisch Kranken revolutionierte, hin zu einer menschenwürdigeren Form.

Eine zeitgenössische Darstellung zeigt den bayerischen König Ludwig II. im Kampf mit seinem Arzt Prof. Dr. Bernhard von Gudden, der vergeblich versucht, den König davon abzuhalten, sich das Leben zu nehmen. Beide Männer kamen am 13. Juni 1886 auf bis heute ungeklärte Weise im Starnberger See ums Leben. (Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Diesen Bernhard von Gudden lässt Schlagenhaufer nun im Gespräch auf Ludwig II. treffen, es ist ein Stück für zwei Personen – mit ganz unterschiedlichen Perspektiven. „Der eine hält das Treffen für eine therapeutische Sitzung, der andere für eine Audienz“, sagt der Autor und grinst. Das Publikum dürfe sich also freuen auf einen so informativen wie vergnüglichen Abend, der ernsthaft recherchierte historische Fakten auf humoristische Art kredenze. Die Handlung spiele in einem fiktiven Jetzt, so Schlagenhaufer, er habe quasi eine posthume Begegnung der beiden Männer ersonnen, in moderner Sprache und mit dem Wissensstand von heute. „Sigmund Freud zum Beispiel ist den beiden durchaus ein Begriff.“

Was das Treffen der beiden Männer so spannend macht? Dass es zwischen ihnen viele Reibungspunkte gebe, aber auch einige verblüffende Gemeinsamkeiten – nicht zuletzt den rätselhaften Tod im kalten See, so Schlagenhaufer. „Vieles über Ludwig II. weiß man ja“, sagt er, aber manche Details hätten ihn dann doch überrascht. Zum Beispiel, dass der König den Arzt 1872 gegen alle akademischen Widerstände nach München geholt habe, als Uni-Professor und Direktor der Kreisirrenanstalt. „Es ging Ludwig um seinen kleinen Bruder Otto, der traumatisiert aus dem Krieg zurückgekommen war“, erklärt Schlagenhaufer. „Heute würde man wahrscheinlich eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizieren. Jedenfalls sollte diesem Otto durch von Gudden die bestmögliche Behandlung zukommen.“ Wenige Jahre später wurde der Mediziner überdies mit dem Verdienstorden der Krone ausgezeichnet und zum Ritter ernannt.

Ein Theaterstück für zwei: Sebastian Schlagenhaufer spielt den Märchenkönig, Ramon Bessel den Psychiater Bernhard von Gudden. (Foto: Veranstalter)

Spätestens angesichts dieses historischen Zusammenhangs wusste der Autor: „Das ist ein irrer Stoff für’s Theater!“ Zumal es zwar viele Stücke und Verfilmungen über den Kini gebe – aber kein Werk, das die spannende Beziehung dieser beiden Personen beleuchte. Das Gespräch zwischen König und Psychiater ist laut Schlagenhaufer ein Hin und Her aus Vorwürfen, Gegenwehr, Beschimpfungen und Selbstzweifeln. Doch im Laufe des Abends kämen sich die Protagonisten immer näher, entdeckten ihre Gemeinsamkeiten und entwickelten Verständnis für die Sichtweise des jeweils anderen – „sodass am Ende sowas wie Versöhnung möglich wird“.

Als Bernhard von Gudden und kongenialen Partner Schlagenhaufers kann man den Ismaninger Schauspieler und Musiker Ramon Bessel erleben. Die beiden Künstler haben bereits ein Duo-Programm, in dem sie mutigen Kabarettisten aus der Zeit des Nationalsozialismus eine Stimme verleihen. Nun greifen sie erneut gemeinsam ein historisches Thema auf. „Ramons Sprache und Statur passen gut zu Gudden, außerdem sind wir so gut aufeinander eingespielt, dass das gemeinsame Erarbeiten des Stücks gerade nochmal ein sehr wertvoller Prozess ist“, sagt Schlagenhaufer.

Weil das Ende historisch nicht greifbar ist, musste Schlagenhaufer kreativ werden

Das größte Problem beim Schreiben sei der Schluss der Geschichte gewesen, erzählt der Autor, „denn der ist ja historisch nicht greifbar“. 26 Theorien über das Ableben des bayerischen Königs – und damit auch seines Arztes – habe er gezählt, allerdings halte er nur drei davon für plausibel: den Selbstmord, eine gescheiterte Flucht oder einen politisch motivierten Anschlag. „Aber ich wollte mich nicht für eine dieser Spekulationen entscheiden, sondern eine eigene Lösung finden – und da bin ich erst ein bisschen auf dem Schlauch gestanden.“

Kein Wunder, denn der Anspruch des Grafinger Autors ist hoch: Immerhin träten hier quasi zwei Augenzeugen jenes historischen Moments auf, sagt er, sodass nun endlich die Wahrheit ans Licht kommen müsse. „Ein ewig Rätsel will ich bleiben mir und anderen“, hatte Ludwig II. einst geschrieben – macht Schlagenhaufer ihm nun einen gehörigen Strich durch diese Rechnung?

„Ludwig II. – Der bayerische Patient“ mit Sebastian Schlagenhaufer und Ramon Bessel: Premiere im Alten Kino Ebersberg, am Samstag, 25. Januar 2025, um 20.30 Uhr. Tickets sind unter www.kultur-in-ebersberg.de, telefonisch unter (08092) 255 92 05 oder persönlich in der Vorverkaufsstelle im Foyer des Alten Speichers erhältlich. Weitere Termine sind auf der Homepage des Autors zu finden. 

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