Erding: Haftstrafe für eifersüchtigen Ehemann – Erding | ABC-Z

Sie kennen sich seit Kindheitstagen, sie wurden ein Paar, heirateten, bekamen eine Tochter und einen Sohn. Jetzt stand der Ehemann wegen Geiselnahme seiner inzwischen von ihm getrennt lebenden Frau vor dem Landgericht Landshut. Er hatte sie im Februar dieses Jahres in Erding gefesselt, in den Kofferraum seines Wagens gesperrt und mit einem Messer bedroht. Noch am ersten von drei angesetzten Verhandlungstagen legte der Angeklagte ein Geständnis ab. Er wurde schließlich zu vier Jahren und fünf Monaten verurteilt.
Laut Staatsanwaltschaft ist am 26. Februar Folgendes in Erding passiert: Gegen 21.30 Uhr kam der Mann an der Wohnung seiner getrennt von ihm lebenden Ehefrau vorbei und überredete sie unter einem Vorwand, in sein Auto einzusteigen. Er fuhr los und blieb an einem verlassenen Feldweg in der Nähe der Therme Erding stehen. Dort drückte er die Frau mit einem Arm fest gegen den Beifahrersitz und bedrohte sie mit einem großen Messer. Er fesselte ihre Hände hinter ihrem Rücken und auch die Füße.
Im Anschluss zwang er die Frau, sich in den Kofferraum zu legen, wo er ihr mit einem Schal und einem Tuch die Augen und den Mund verband. Er nahm das Handy der Frau an sich und forderte sie auf, ihm die Pin mitzuteilen, damit er ihre Chatnachrichten mit ihrem neuen Lebensgefährten lesen könne. Nachdem sich die Frau geweigert hatte, fuhr er in unbekannte Richtung weiter, hielt dann wieder an und bedrohte die Frau erneut mit dem Messer: Er werde ihr Gliedmaßen abschneiden, wenn sie nicht den Pin herausrücke. Zur Verstärkung seiner Drohung zog er ein weiteres, kleineres Messer.
Schließlich teilte die Frau ihm die Pin mit. Was der 54-Jährige dann auf dem Handy lesen konnte, beruhigte ihn offenbar, denn er löste die Fesseln und brachte die Frau in ihre Wohnung zurück – mit der Bitte, keine Anzeige zu erstatten. Die Frau aber meldete sich noch in der Nacht bei der Polizei in Erding. Dort erschien später der 54-Jährige, der von der Anzeige erfahren hatte, und, so schilderte es ein Polizeibeamter, „seinen Teil erzählen wollte“. Seit 28. Februar sitzt er in U-Haft.
Fast eine Stunde wird hinter verschlossenen Türen verhandelt
Am ersten Prozesstag erschien der Angeklagte, der bislang ohne Vorstrafen ist, in Handschellen und Fußfesseln. Später erlaubte Vorsitzende Richterin Sandra Strohner, dass ihm die Handfesseln abgenommen werden. Zusammen mit seiner Frau sei er vom Iran, wo beide geboren sind und studierten, nach Deutschland gekommen, erzählt der 54-Jährige auf der Anklagebank. Zuletzt habe er als Security-Mann am Flughafen München gearbeitet, seine Frau in Teilzeit im Verkauf. Mittlerweile leben sie in Erding in getrennten Wohnungen.
Auf Anregung der Verteidigung zog sich das Schöffengericht mit Staatsanwalt und den Anwälten beider Seiten zu einem sogenannten Verständigungsgespräch zurück. Fast eine Stunde lang wurde hinter verschlossenen Türen beraten, dann erklärte die Vorsitzende Richterin, alle Seiten hätten Einigung signalisiert. Den Kindern, „die zwischen den Stühlen sitzen“, wäre mit einem Täter-Opfer-Ausgleich am meisten geholfen.
Die Vereinbarung sieht vor, dass sich der 54-Jährige bei seiner Noch-Ehefrau „ausdrücklich für die von ihm verursachten physischen und psychischen Verletzungen“ entschuldigt und die Verantwortung für das Geschehen am 26. Februar übernimmt. Zudem stimmt er der Scheidung „vorbehaltlos“ zu. Er erhebt keinen Anspruch auf das gemeinsame Haus im Iran und erklärt, dass seine Familienangehörigen, die darin wohnen, das Haus räumen müssten. Zudem muss er ein Kontaktverbot einhalten und darf gegenüber den Kindern keine ehrverletzenden und rufschädigenden Bemerkungen über seine Frau machen.
Sein Mandant räume den Sachverhalt ein, sagt der Verteidiger
Grundsätzlich liege bei einer Geiselnahme das Strafmaß nicht unter fünf Jahren, sagte Vorsitzende Richterin Sandra Strohner. Ein erfolgreicher Täter-Opfer-Ausgleich, dem auch das Opfer zustimmt, ermögliche aber einen geringeren Strafrahmen, hier: zwischen vier Jahren und vier Monaten und vier Jahren und zehn Monaten. Alle Parteien signalisierten am ersten Prozesstag Zustimmung zu der Vereinbarung. Der Tochter blieb somit eine Aussage erspart.
Sein Mandant räume den Sachverhalt vollumfänglich ein, erklärte zudem der Verteidiger des Angeklagten. Er denke nur an seine Kinder, die er sehr vermisse, sagte der 54-Jährige unter Tränen. Den Kindern gehe es soweit gut, sie absolvierten beide eine Ausbildung, erklärte seine in Scheidung lebende Ehefrau, die ihm gegenübersaß und ihn keines Blickes würdigte.
Am zweiten Prozesstag erging das Urteil. Der geständige Geiselnehmer erhält eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und fünf Monaten. Dass das Strafmaß für die laut Gericht „massive Straftat“ unter fünf Jahren blieb, ist Ergebnis einer Verständigung.





















