Neuer Blickwinkel – ADHS muss nicht immer etwas Schlechtes sein |ABC-Z

Gesundheit
„ADHS ist weniger eine Krankheit, sondern vielmehr eine Wesensart“
ADHS wird gern mit Hyperaktivität und Chaos in Verbindung gebracht. Dabei hat das Störungsbild nicht nur negative Seiten, sagt Psychiater Andreas Jähne.
Dieses Interview stammt aus dem stern-Archiv und erschien zuerst im Februar 2023.
ADHS ist heutzutage fast jedem ein Begriff, aber nur die wenigsten wissen wirklich, was es damit auf sich hat. Wie kann man sich das Ganze vorstellen?
Es gibt zwei Subtypen der Erkrankung: ADS und ADHS. Das heißt, die bekannte Hyperaktivität ist bei manchen Patienten nicht vorhanden. ADS-Patienten leiden dann eher an Impulsivität oder einer Daueraufmerksamkeit. Das sind oft Menschen, die sehr fantasiebegabt sind. Das fällt von außen nicht so auf, wie der aktive Junge, der die ganze Zeit nur Blödsinn macht.
Sie sprechen von Jungs …
Ich sage bewusst Junge, weil der verträumte Subtyp bei Mädchen häufiger auftritt. Mädchen mit ADS sind häufig klug und können dadurch manche Defizite kompensieren. Sie kommen in der Schule in der Regel auch gut zurecht. Manchmal sind sie aufgrund ihrer schnellen Auffassungsgabe sogar unterfordert. Weil sie aber wenig Probleme machen, bekommen sie auch nicht die Förderung, die zum Beispiel der hyperaktive Junge bekommt, der sofort auffällt.
Dr. med. Andreas Jähne ist Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie und Ärztlicher Direktor der Oberberg Fachklinik Rhein-Jura und der Tagesklinik Lörrach. Seine Forschung dreht sich neben ADHS auch um Depressionen und Suchterkrankungen.
© Felix Groteloh