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Neue Zahlen zum EU-Budget: Neuer deutscher Beitragsrekord? | ABC-Z

Deutschland soll in dem mehrjährigen EU-Haushalt 2028 bis 2034 viel mehr Geld an die EU überweisen. Zugleich wird es nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission weniger Geld aus dem Brüsseler Töpfen bekommen. Das geht aus neuen Zahlen der Kommission zur Ver­gabe der EU-Mittel und Berechnungen zu der Entwicklung der nationalen Beiträge hervor. Deutschland kann demnach mit insgesamt 68,4 Milliarden Euro aus dem neuen Topf für Nationale und Regionale Partnerschaftspläne rechnen. In diesem gehen die bisherigen EU-Hilfen für die Landwirte und die Regionen auf. Hinzu kommen Mittel aus anderen Haushaltstöpfen, die sich vorab allerdings schwer den EU-Staaten zuordnen lassen. Traditionell macht das ein Drittel des Geldes aus, das nach Deutschland fließt. Bliebe es dabei, erhielte Deutschland insgesamt etwas mehr als 100 Milliarden Euro.

Auf der anderen Seite kursieren Berechnungen, dass der deutsche Beitrag zum Haushalt auf zwischen 420 und 450 Milliarden Euro steigen könnte. Deutschland würde damit im Extremfall beinahe ein Viertel des Haushalts finanzieren. Der „Nettobeitrag“ stiege stark. Deutschland würde im Jahr rund 50 Milliarden Euro mehr nach Brüssel überweisen, als es zurückbekäme.

Die Kommission hatte ihren Vorschlag für den Haushalt 2028 bis 2034 Mitte vergangener Woche vorgelegt. Er soll beinahe zwei Billionen Euro umfassen. Für den Topf für die Nationalen und Regionalen Partnerschaftspläne sind 865 Milliarden Euro vorgesehen, also knapp 45 Prozent. Die Kommission arbeitet dabei mit laufenden Preisen. Sie geht davon aus, dass die Inflation zwei Prozent im Jahr beträgt, die Preise also entsprechend ansteigen. Der mit 451 Milliarden Euro zweitgrößte EU-Topf im Haushalt umfasst den neuen Wettbewerbsfähigkeitsfonds und den Forschungsfonds Horizon.

Zuletzt hat Deutschland nach Zahlen der Europäischen Kommission 29,9 Milliarden Euro als Beitrag an die EU überwiesen und 14 Milliarden Euro zurückbekommen. Der Nettobeitrag lag also bei ungefähr 15,9 Milliarden Euro. Die Zahlen sind mit den neuen Zahlen allerdings nicht vergleichbar. Dazu müsste man aus den neuen Zahlen die Inflation herausrechnen. Die Lücke ist deshalb nicht so groß, wie sie erscheint.

Zudem basiert die sehr hoch erscheinende Zahl zum deutschen Beitrag zum EU-Haushalt von 450 Milliarden Euro offenbar auf zwei Annahmen. Zum einen bekäme die EU keine oder nur geringe neue „Eigenmittel“, die direkt in den Haushalt der EU fließen. Zum anderen erhielte Deutschland keinen Rabatt mehr auf seinen Beitrag.

Widerstand in der Bundesregierung

Bisher wird der Haushalt zu vier Fünfteln durch nationale Beiträge finanziert, die sich stark an der Wirtschaftsleistung der EU-Staaten orientieren. Hinzu kommen eigene Einnahmen, allen voran aus Zöllen. Diesen Posten will die Kommission kräftig aufstocken. Sie will dafür die Einnahmen aus dem Emissionshandel und der CO2-Grenzabgabe CBAM nutzen sowie eine Abgabe auf nicht verwerteten Elektroschrott einführen. Zudem will sie einen Anteil an den nationalen Tabaksteuern erheben und eine neue Steuer für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro einführen. Insgesamt würden dadurch mehr als 65 Milliarden Euro im Jahr, mehr als 455 Milliarden Euro während des gesamten Finanzrahmens 2028 bis 2034 in die EU-Kassen gespült. Die nationalen Beiträge würden sich entsprechend ver­ringern. Die Kommission argumentiert, die nationalen Beiträge könnten damit auf dem Niveau von 2027 eingefroren werden.

Die Vorschläge für die neuen Eigenmittel stoßen aber schon jetzt auf starken Widerstand. Die Bundesregierung lehnt vor allem den Anteil an der Tabaksteuer und die neue Unternehmenssteuer ab. Auch Letztere träfe im Übrigen Deutschland besonders, weil hier viele große Un­ternehmen ihren Sitz haben.

Polen profitiert am stärksten

Die nationalen Rabatte sind seit jeher ein Streitpunkt. Sie sollen die Beitragszahler, die viel mehr nach Brüssel überweisen, als sie zurückbekommen, entlasten. Als „Mutter aller Rabatte“ gilt der einst eingeführte Briten-Rabatt für das inzwischen ausgetretene Vereinigte Königreich. Neben Deutschland erhalten un­ter anderem auch die Niederlande und Österreich einen solchen Rabatt. Die Kommission will die Rabatte vollständig abschaffen. Einen Anlauf dazu hatte sie schon in ihrem Vorschlag für den Finanzrahmen 2021 bis 2027 unternommen. Sie war damit aber gescheitert.

Am stärksten von dem EU-Topf für die Nationalen und Regionalen Pläne wird Polen profitieren. Es soll insgesamt 123,3 Milliarden Euro erhalten. Österreich erhält 10,7 Milliarden, die Niederland erhalten 8,5 Milliarden Euro.

Um das Geld zu bekommen, sollen die Mitgliedstaaten mit der Europäischen Kommission sogenannte Nationale und Regionale Partnerschaftspläne aushandeln. In diesen sollen sie konkrete Reformen zusagen und Ziele für bestimmte Politikfelder festlegen. Das Geld fließt jeweils, wenn einzelne, vorher definierte Etappen auf dem Weg dorthin erreicht werden. Vorbild dafür ist der Corona-Aufbaufonds. Die EU verabschiedet sich damit von dem bisherigen Ansatz, der die Erstattung der Ausgaben für bestimmte Projekte vorsieht, nachdem die Staaten die Rechnung dafür vorgelegt haben. Der neue Ansatz soll ihnen mehr Flexibilität bei der Verwendung des Gelds geben. Sie können es neben Agrar- und Kohäsionspolitik etwa auch für bezahlbaren Wohnraum oder Rüstung nutzen.

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