Borussia Dortmund: Der Kampf um noch mehr Millionen | ABC-Z

In der Bundesliga zittert Borussia Dortmund um eine erneute Qualifikation für Champions League. Umso wichtiger wäre es, in der laufenden Saison international möglichst weit zu kommen. Es geht um viel Geld – und darum, die nationale Konkurrenz abzuwehren.
Lars Ricken war weit davon entfernt, euphorisch zu werden. „Wir haben Siege gefordert. Wir haben jetzt in zwei Spielen zwei Erfolge eingefahren“, sagte der Geschäftsführer Sport von Borussia Dortmund nach dem 2:0 beim FC St. Pauli vom Samstag. Insofern hätte die Mannschaft „abgeliefert“ – nicht mehr und nicht weniger, so Ricken.
Jeglicher Kommentar, der auch nur ansatzweise überschwänglich geklungen hätte, wäre deplatziert gewesen. Es war schließlich das erste Mal in der laufenden Saison, dass der BVB zwei Bundesligaspiele in Folge gewinnen konnte – am bereits 24. Spieltag. Das verdeutlicht, wie enttäuschend die laufende Spielzeit für den nach Bayern München umsatzstärksten deutschen Verein bislang verlaufen ist. Und der Pflichtsieg beim Aufsteiger bringt den Tabellenzehnten seinem Minimalziel, der erneuten Qualifikation für die Champions League, auch nur minimal näher. „Wir pirschen uns ran, und jetzt geht es im Tunnelblick weiter“, erklärte Ricken. Das Motto müsse lauten: „Scheuklappen auf und nächstes Spiel.“
Die kommende Partie ist vor dem Hintergrund der tristen Gegenwart für die Zukunft besonders wichtig. Am Dienstag geht es im Hinspiel des Achtelfinales in der Königsklasse gegen den OSC Lille (21 Uhr/Prime Video und im WELT-Liveticker). Und weil es nicht unwahrscheinlich ist, dass den Dortmundern in der kommenden Saison die große europäische Bühne verwehrt bleiben könnte, sind die Einnahmen aus der aktuellen Spielzeit in der Champions League umso bedeutsamer für die Ausgestaltung der Zukunft. Sollten Umbauarbeiten am Team vorgenommen werden, dürfte dies einiges kosten.
Einnahmen von bis zu 110 Millionen Euro
Die Champions League ist für den BVB eine Cashcow, von der der Verein in den vergangenen Jahren sehr gut gelebt hat. Denn selbst wenn es in der Bundesliga in der vergangenen Saison nur zum fünften Platz gereicht hat und diesmal am Ende sogar eine noch schlechtere Platzierung drohen könnte – international ist der Klub eine starke Marke.
Was den Klub-Koeffizienten des europäischen Verbandes Uefa angeht, der die Spielstärke der einzelnen Vereine vergleicht und somit Auswirkungen auf die Gelder aus dem Marketingpool hat, liegt der BVB auf Rang sieben. Zwar mit deutlichem Rückstand auf die Bayern (Platz drei), aber unverändert vor dem Deutschen Meister Leverkusen (Platz neun). Das hat damit zu tun, dass die Dortmunder in den vergangenen Jahren Dauergast in diesem Wettbewerb waren und deshalb von der Fünf-Jahres-Wertung profitierten.
Das ließ und lässt Einnahmen sprudeln. Allein in der vergangenen Saison, als das Finale erreicht werden konnte, flossen rund 120 Millionen Euro an Prämien und Zuwendungen aus dem Marketingpool an den BVB. Zuschauereinnahmen kamen noch hinzu.
In der laufenden Spielzeit könnte dies wegen des ausgeweiteten Formats ebenfalls geschafft werden – selbst wenn die Dortmunder nicht ganz so weit kommen sollten. Bereits durch das Erreichen des Achtelfinales dürften bereits etwa 110 Millionen Euro aus den verschiedenen Einnahmefeldern sicher sein. Sollte sich die Mannschaft von Niko Kovac gegen den aktuell Tabellenfünften der Ligue 1 durchsetzen, könnten weitere 12,5 Millionen Euro allein an Prämien verbucht werden.
Die Dortmunder setzen deshalb vor allem auf die internationale Karte. „Wir haben eine Riesenchance, uns für die besten Acht in Europa zu qualifizieren“, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl – wohl wissend, dass ein Weiterkommen vor allem seine Arbeit sehr erleichtern könnte. Es würde den Spielraum auf dem Transfermarkt vergrößern – und möglicherweise auch helfen, ein Jahr ohne Teilnahme an der Königsklasse zu kompensieren.
„Der BVB hält auch zwei Jahre ohne Champions League aus“, hatte der im November scheidende Klubchef Hans-Joachim Watzke vor einigen Wochen gesagt. Eine taktisch motivierte Aussage: Denn die nationale Konkurrenz könnte dem BVB den Rang ablaufen. Rein wirtschaftlich könnten die Einnahmeverluste durch Transfers kompensiert werden. Außerdem nehmen die Dortmunder nach Saisonende auch noch an der Fifa-Klub-WM in den USA teil. Dort soll es eine Antrittsgage von 50 Millionen Euro geben.
Ein wichtiger Aspekt ist allerdings die Auswirkung auf die Strahlkraft des Vereins, die sich auf dem zunehmend globalisierten Markt in erster Linie an einer erfolgreichen Performance in der Champions League speist. Vor diesem Hintergrund wäre es von großer Bedeutung, weit zu kommen.
Leicht wird dies jedoch nicht. „Lille ist ein unangenehmer Gegner, der defensiv sehr stark ist“, sagte Kehl über die Franzosen, die sich bereits in der Liga-Phase als Favoritenschreck erwiesen haben. Die Mannschaft von Trainer Genesio Bruno hat zu Hause Titelverteidiger Real Madrid (1:0) geschlagen, bei Atlético Madrid 3:1 und beim FC Bologna 2:1 gewonnen sowie am letzten Vorrundenspieltag Feyenoord Rotterdam mit 6:1 aus dem eigenen Stadion gefegt. „Wir wissen, was auf uns zukommt. Aber unser Stadion wird brennen“, sagte BVB-Verteidiger Nico Schlotterbeck.