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Neubiberg: Bürgermeister Pardeller wird trotz Kokain-Affäre CSU-Spitzenkandidat – Landkreis München | ABC-Z

Ohne den wegen der Koks-Affäre derzeit krank geschriebenen Neubiberger Bürgermeister Thomas Pardeller hat die CSU Neubiberg am Dienstagabend in einer Versammlung die Gemeinderatsliste für die Kommunalwahl aufgestellt. Nicht jeder war mit dem Fernbleiben Pardellers einverstanden, vor allem auch deshalb nicht, da er in der Sitzung auf Platz eins nominiert wurde. In einem offenen Brief kritisiert CSU-Gemeinderat Tobias Thalhammer den Bürgermeister und Spitzenkandidaten scharf und verlangt von ihm eine Erklärung. Thalhammer findet: „Wer Listenplatz eins beansprucht, hat die Pflicht, sich der eigenen Partei zu stellen – gerade in schwierigen Momenten.“

Die Versammlung war verschoben worden, als vor gut fünf Wochen die Ermittlungen gegen Pardeller bekannt geworden waren. Der 38-Jährige war mit 0,2 Gramm eines weißen Pulvers in einer Tüte vor einer Diskothek am Münchner Hauptbahnhof aufgegriffen und vorübergehend festgenommen worden. Er selbst gab später zu, dass es sich um Kokain handelte. Seitdem befindet er sich im Krankenstand und lässt sich im Rathaus vom zweiten Bürgermeister Kilian Körner (Grüne) vertreten. Nach Auskunft des CSU-Ortsverbands plant er, die Amtsgeschäfte im Dezember 2025 wieder aufzunehmen.

Noch am Dienstagmittag hatte der stellvertretende Vorsitzende Leon Bogner trotz mehrfacher Nachfrage der SZ den neuen Termin der Aufstellungsversammlung nicht mitgeteilt. Bogner rechtfertigte dies am Mittwoch mit den Worten: „Wir haben in Anbetracht der Situation die Presse nicht direkt eingeladen.“ Aber die Veranstaltung sei öffentlich gewesen, es seien ja auch zig CSU-Mitglieder eingeladen worden. Nachfragen zu der Veranstaltung habe er „falsch interpretiert“, sagt Bogner. Er habe gedacht, es gehe um Verfahrensfragen.

„Es bleibt völlig unklar, ob Sie überhaupt noch als Bürgermeisterkandidat antreten wollen.“

Stattdessen betonte Bogner erneut, dass Pardeller von der Mitgliederversammlung der CSU Neubiberg bereits seit Juni einstimmig als Bürgermeisterkandidat für die Kommunalwahl 2026 aufgestellt und nominiert worden sei. Und somit sich bei der Aufstellungsversammlung „die Frage eines Umgangs des CSU- Ortsverbandes mit der Kandidatur“ gar nicht stelle. Das sieht Thalhammer aber keineswegs so.  Er schreibt nach der Veranstaltung an Pardeller: „Es bleibt völlig unklar, ob Sie überhaupt noch als Bürgermeisterkandidat antreten wollen. Ich wollte Ihnen diese Frage persönlich stellen.“

Stattdessen habe es „keine Erklärung, keine Worte, keinen Sachstandsbericht, keine erste und längst überfällige persönliche Stellungnahme von Angesicht zu Angesicht“ gegeben. „Nicht einmal ein schriftlicher Gruß an die Versammlung oder die schriftliche Annahmeerklärung Ihrer Kandidatur auf Listenplatz 1 lag vor“, schreibt Thalhammer an Pardeller.

Tobias Thalhammer, einst Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Bayerischen Landtag, war 2018 zur CSU gewechselt. Jetzt tadelt er seinen Neubiberger Ortsverband: „Demokratische Verantwortung“ funktioniere so nicht. Thalhammer findet, dass ein Spitzenkandidat nicht nur Verantwortung trage, er habe auch eine Vorbildfunktion.  „Gerade in schwierigen Zeiten zeigt sich, ob jemand bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, oder ob er sich wegduckt“, so Thalhammer in dem Brief. Er kritisiert scharf, dass Pardeller keine Fragen beantworten wolle, nicht einmal im Schutze seiner Partei, die ihm „kaum zu glaubende Loyalität“ schenke. Das sei kein Ausdruck von Stärke und Transparenz, sondern von politischer Flucht.

Im Jahr 2018 wechselte der ehemaliger FDP-Politiker Tobias Thalhammer zur  CSU. Jetzt kritisiert er seinen Ortsverband und CSU-Bürgermeister Thomas Pardeller scharf und verlangt nach dessen Koks-Affäre eine Erklärung.  
Im Jahr 2018 wechselte der ehemaliger FDP-Politiker Tobias Thalhammer zur  CSU. Jetzt kritisiert er seinen Ortsverband und CSU-Bürgermeister Thomas Pardeller scharf und verlangt nach dessen Koks-Affäre eine Erklärung.   (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Bogner weist die Vorwürfe in einem Gespräch mit der SZ zurück. Aus seiner Sicht geht die Partei transparent mit der Causa um. Dass Pardeller bei der Aufstellung der Gemeinderatsliste gefehlt habe, hält er für normal, da dieser krankgeschrieben sei.  Die Vorhaltungen von Tobias Thalhammer könne er „nicht nachvollziehen“, sagt er. Er halte dessen Vorgehensweise für „äußerst fragwürdig“. Zudem hält er Thalhammer vor, sich zuletzt nur noch wenig in die Parteiarbeit eingebracht zu haben.

Die gegenseitige Entfremdung sei zuletzt mehr und mehr greifbar geworden und mit persönlichen Enttäuschungen zu erklären, so Bogner. Thalhammer habe keinen Platz mehr auf der CSU-Kreistagsliste gefunden. Auf der Gemeinderatsliste hätte er nur mit dem hinteren Platz 19 rechnen können. Thalhammer habe vergangene Woche eine Sondersitzung der Fraktion unentschuldigt verpasst, in der darüber informiert worden sei, wie es um den krankgeschriebenen Bürgermeister stehe und wie es weitergehen solle. Thalhammer will sich zum jetzigen Zeitpunkt zu seinem Verhältnis zur CSU nicht öffentlich äußern. Auf der Kandidatenliste für den Gemeinderat, die die CSU am Mittwoch verschickt hat, steht Tobias Thalhammer nicht mehr.

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