Gesundheit

Nerz & Co: Pelztierfarmen sind Brutstätten für neue Krankheitserreger |ABC-Z

Die Zucht von Pelztieren ist umstritten. Auch weil sie oft in engen Käfigen gehalten werden, dicht an dicht. Zum Gesundheitsrisiko wird das, wenn unter Nerzen oder Marderhunden Viren grassieren, die sich weiterentwickeln – und auf den Menschen überspringen können.

Die dänische Regierung ordnete Anfang November 2020 an, zig Millionen Nerze im Land zu töten, deren Züchtung zu verbieten – aus Angst, die Pelztiere könnten grassierenden Coronaviren als Reservoir dienen, in dem die Erreger unter Umständen noch gefährlichere Eigenschaften entwickeln. Diese Entscheidung wurde zum Justizskandal, doch die Vorsicht war berechtigt, das zeigt nun eine Studie im Fachmagazin „Nature“.

Darin kommt ein Team um Jin Zhao und Shuo Su von der Fudan-Universität in Shanghai zu dem Schluss, dass von Pelztieren, insbesondere von Nerzen und Marderhunden, eine ernst zu nehmende Infektionsgefahr ausgeht. Sie hatten in Proben aus der chinesischen Pelztierzucht zahlreiche Viren gefunden, die sich zu – für Menschen gefährlichen – Krankheitserregern entwickeln könnten. Darunter Grippeerreger und sieben Coronaviren, die offenbar schon ihr Wirtsspektrum erweitert hatten. Insgesamt wurden Viren aus 20 verschiedenen Familien gefunden.

Marderhunde stehen als ursprüngliche Quelle der Corona-Pandemie unter VerdachtLink wird in einem neuen Tab geöffnet. Sars-CoV-2 könnte über diese Art leicht den Weg zum Menschen gefunden haben, denn diese Tiere zählten zu den Handelsgütern, die auf dem inzwischen berüchtigten „Huanan Seafood Market“ in Wuhan erhältlich waren. Internationale Virologen mutmaßten immer mal wieder, dass in chinesischen Pelzfarmen etliche Erreger zu finden sein dürften.

China gehört zu den größten Produzenten – und Konsumenten – von Fellen weltweit. Um herauszufinden, welches Potential nun Pelztierfarmen als Brutstätten für zoonotische Erreger besitzen, überprüften die Fudan-Forscher nahezu 700 Gewebeproben. Diese hatte man im Zeitraum von 2021 bis 2024 in mehreren chinesischen Provinzen gesammelt, sie stammten unter anderem von 461 Pelztieren, etwa Nerzen, Marderhunden, Rot- und Polarfüchsen, sowie weiteren Nutztieren. Aber auch Proben von Wildtieren, deren Kadaver man gefunden hatte, wurden analysiert.

Mittels Genanalysen ließen sich tatsächlich 125 Virusarten identifizieren, die für Wirbeltiere eine Rolle spielen. Von diesen waren 36 neu – und 39 wiesen ein hohes Risiko auf, von einer Art auf eine andere überzuspringen. Zu den Viren, die den Wirt wechseln, gehörten elf zoonotische Erreger, die bereits jetzt immer mal wieder den Menschen befallen.

Die untersuchten Carnivoren, etwa Marderhunde, trugen laut der aktuellen Studie die meisten Viren mit potentiell hohem Infektionsrisiko in sich. Wobei Meerschweinchen und Kaninchen ebenfalls als Zwischenwirte für solche Erreger dienen können.

Nerze mit Lungenentzündung

So stieß das Team in den untersuchten Proben auf Erreger der Japanischen Enzephalitis, aber auch auf einen Mers-ähnlichen Coronavirus, den man von Fledermäusen kennt. Mers-Erreger kursieren vor allem in Kamelen, aber Menschen können sich anstecken und teilweise schwer erkranken. Diesen Erregertyp trugen zwei Nerze von einer Zuchtfarm in sich, auf der es zu einem Ausbruch von Lungenentzündungen gekommen war. Coronaviren fanden sich außerdem in wilden Nutria sowie zahlreichen Marderhunden.

Neuartige Vogelgrippeviren der Gruppen H6N2 und H5N6 wurden wiederum in gezüchteten Bisamratten und Nerzen entdeckt. In Lungenproben eines Meerschweinchens ließ sich H1N2 nachweisen, und mit dieser Form der aviären Influenza haben sich bereits Menschen angesteckt – 50 Fälle von H1N2-Infektionen sind bislang bekannt geworden. Auch mit H5N6 hätten sich schon Menschen infiziert, berichten die Forscher, neu sei der Fund von H6N2 in einem Säugetier.

Weil zoonotische Viren sich weiterentwickeln und dann womöglich leichter Menschen befallen können, halten es die Forscher von der Fudan-Universität für ratsam, künftig Pelztierfarmen besser zu überwachen. Bisher konzentriere sich die Erforschung der Virusübertragung eher auf andere Nutztiere, etwa Schweine. Die aktuellen Ergebnisse belegen jedoch, dass Pelztiere ein beachtliches Reservoir für neu auftretende Krankheitserreger darstellen.

Dass der Vogelgrippe-Erreger H5N1 kürzlich in europäischen Nerzfarmen grassierte, sehen die Forscher als weitere Bestätigung ihrer Empfehlung eines Monitorings, um die von Pelztieren ausgehenden Gesundheitsrisiken einschätzen zu können. Viren rechtzeitig zu identifizieren, die auf Nutztiere und Menschen überspringen können, sei entscheidend.

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