Politik

Nein zu Milliardenplänen: Grüne strafen Merz für Anfängerfehler ab | ABC-Z

Die Grünen erteilen Union und SPD eine Absage für ihre Milliardenpläne. Wer glaubt, sie seien nun die Spielverderber der künftigen Regierung, liegt falsch. Es zeigt sich eher eine erschreckende Sorglosigkeit seitens der Union und ihres Kanzlerkandidaten.

Friedrich Merz kämpft seit Jahren gegen die Befürchtung an, er sei gar nicht kanzlertauglich – noch nie bekleidete er ein wichtiges Amt. Nicht als Bundesminister, nicht als Ministerpräsident, nicht als Bürgermeister. Dieser Befürchtung gibt er gerade massenhaft neue Nahrung. Wie er die Grünen bei den Verhandlungen für eine Lockerung der Schuldenbremse und dem Sondervermögen für Infrastruktur vernachlässigte, war ein einfacher, vermeidbarer Fehler.

Jetzt hat das auf eine handlungsfähige Regierung wartende Land den Salat: An diesem Mittag trat die versammelte Führungsmannschaft der Grünen vor die Kameras und sagte „Nein“ zu den Plänen einer dreifachen Grundgesetzänderung. Dabei hatte Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck einst selbst ein Sondervermögen für Infrastruktur vorgeschlagen – unter dem Gelächter der Unionsabgeordneten im Bundestag. Überdies hatten die Grünen selbst eine Reform der Schuldenbremse gefordert, was Merz stets abgelehnt hatte. Möglichkeiten zur Einigung hat es also gegeben.

Immerhin, so ganz schlugen die Grünen die Tür nicht zu. Ihr Co-Chef Felix Banaszak sagte: „Das Ziel ist es, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen“, und öffnete damit Spielraum für Nachverhandlungen. „Aber den Einigungsdruck und die Notwendigkeit, jetzt einen Schritt auf andere zuzugehen, sehen wir eher bei Friedrich Merz, Markus Söder und Lars Klingbeil.“ Union und SPD kündigten an, Gespräche solle es am Montagabend geben. Am Donnerstag muss die Einigung stehen, wenn der Bundestag zusammenkommt. Nicht gerade viel Zeit.

Nein kommt nicht aus heiterem Himmel

Damit mutet Merz dem Land und Europa eine Zitterpartie zu, die niemand verdient hat. Seit dreieinhalb Monaten hat Deutschland keine handlungsfähige Regierung. Sollte die dreifache Grundgesetz-Änderung scheitern, dürfte sich daran nichts ändern. SPD-Chef Klingbeil hat deutlich gemacht, dass er im Sondervermögen Infrastruktur die Grundlage für ein Bündnis mit der Union sieht. Unterdessen ließ Merz sich schonmal international dafür feiern, dass Deutschland jetzt wieder zurück ist auf der internationalen Bühne.

Ohne das nicht ganz unwichtige Detail daheim zu klären, ob Union und SPD die Zustimmung der Grünen sicher haben. Deren Nein kommt keineswegs aus heiterem Himmel. Das ist einfaches politisches Handwerk: Wenn eine Oppositionspartei in einem Parlament von der Regierungskoalition gebraucht wird, möchte sie etwas für ihre Zustimmung haben. Da helfen auch keine große Appelle an die staatspolitische Verantwortung. Oder glaubt irgendwer, CDU und CSU würden sich davon beeindrucken lassen, wenn die Rollen vertauscht wären?

Es war naiv anzunehmen, man könne die Stimmen der Grünen einfach einplanen und ihnen im Gegenzug allenfalls kosmetische Änderungen zugestehen wie hier und da mal das Wort „Klima“ im Gesetzestext einzubauen. So soll es Merz Haßelmann in einer Nachricht auf der Mailbox ihres Handys angeboten haben.

Zum politischen Einmaleins gehört: Wenn ich von jemandem etwas möchte, hilft es nicht, ihn zu beschimpfen. So wie Merz noch am Abend vor der Wahl von „grüne und linke Spinner“ schwadronierte, für die er keine Politik machen wollte. Oder den Beschimpfungen, die CSU-Chef Markus Söder Robert Habeck am Aschermittwoch nachrief. Oder die seltsame Anfrage der Unionsfraktion nach der Wahl, inwieweit die rot-grüne Regierung zivilgesellschaftliche Organisationen wie „Omas gegen Rechts“ fördere. Alles nicht hilfreich für eine gute Gesprächsatmosphäre.

Grüne waren sehr deutlich

Aber selbst wenn Merz und die Seinen all das nicht sahen oder irgendwie meinen, rechtfertigen zu können – die Grünen haben ein ums andere Mal deutlich gemacht: Wir wollen gefragt werden. Schon am Samstag, nachdem Union und SPD ihr Sondierungspapier vorgestellt hatten, machten sie aus ihrem Unmut keinen Hehl. Sie zerrissen es inhaltlich in der Luft, aber klagten auch darüber, nicht miteinbezogen worden zu sein.

Genauso war es am vergangenen Dienstag, als Merz, Söder, Klingbeil und Esken erstmals ihre Pläne vorgestellt hatten. Und selbst davor waren die Grünen unmissverständlich. Schon am Tag nach der Wahl, als Merz plötzlich nicht mehr Sondervermögen und Schuldenbremsen-Lockerung ausschloss, sagte Dröge, Merz könne sie gern anrufen.

Wäre es so seltsam gewesen, wenn Merz die Grünen frühzeitig mit an Bord geholt hätte und nun vor der entscheidenden Sitzung ein gemeinsamer Gesetzentwurf vorgelegen hätte? Eben! Merz ist mit Ansage daran gescheitert, rechtzeitig ohne Nervenkitzel eine Einigung herbeizuführen. Ob es ihm mit Nervenkitzel gelingt, ist offen.

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