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Nebenkostenabrechnung: Horrende Nebenkosten? So wehren Sie sich | ABC-Z

Manchmal kann ein kleines Symbol große Gefühle auslösen. Bei der Nebenkostenabrechnung zum Beispiel: Steht da ganz am Ende der Rechnung ein Plus, gibt es Geld zurück. Ist dort ein Minus zu lesen, muss nachgezahlt werden. 

Bei vielen Menschen, vor allem bei Mietern, die die Rechnung von ihrem Vermieter oder dessen Hausverwaltung bekommen, stehen in diesem Jahr saftige Nachzahlungen an. Denn die Heizkosten, die in der Regel den größten Posten bei den Nebenkosten ausmachen, sind 2024 im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen. 

Wozu das führen kann, teilt nun das Statistische Bundesamt mit: Rund 4,2 Millionen Menschen und damit fünf Prozent der Bevölkerung lebten im vergangenen Jahr in Haushalten, die ihre Energiekosten nicht zahlen konnten und deshalb bei Rechnungen von Versorgungsbetrieben im Zahlungsverzug waren. Besonders betroffen sind Mieter und Mieterinnen: Von ihnen waren 6,4 Prozent im Verzug. Bei Eigentümern lag der Anteil bei 3,4 Prozent. 

Und dann kommen da auf der Nebenkostenabrechnung ja noch all die anderen, oft ebenfalls gestiegenen Kosten hinzu: für Frisch- und Abwasser zum Beispiel, für das Gehalt des Gärtners, der den Vorgarten hübsch hält, oder für den Strom, mit dem der Hausflur beleuchtet wird. 

Wie können Mieter und Mieterinnen da noch den Überblick behalten? Was sollten sie beachten, wenn die Nebenkostenabrechnung ins Haus flattert? Und: Wie kann man sich gegen fehlerhafte Rechnungen wehren? 

Warum ist die Nebenkostenrechnung in diesem Jahr so hoch?

Das liegt vor allem an den Kosten für Heizung und Warmwasser. Im Jahr 2023 machten sie laut dem Deutschen Mieterbund (DMB) etwa die Hälfte der sogenannten zweiten Miete aus. Wie hoch der Anteil in diesem Jahr ist, lässt sich noch nicht sagen, schließlich sind noch längst nicht alle Nebenkostenabrechnungen versandt.

Er dürfte allerdings höher ausfallen. Schließlich ist Heizen noch teurer als im Vorjahr geworden – besonders für Mieter, deren Häuser oder Wohnungen mit Fernwärme geheizt werden. So hat der Immobiliendienstleister ista beispielhaft berechnet, dass Fernwärmekunden mit einer 70-Quadratmeter-Wohnung für Wärme und warmes Wasser im Schnitt rund 27 Prozent mehr als ein Jahr zuvor bezahlen: 1.055 statt 830 Euro. Haushalte, die von einer Gaszentralheizung versorgt werden, müssen laut der Musterrechnung 864 statt 811 Euro zahlen, ein Anstieg von rund 7 Prozent. Nur bei Ölzentralheizungen sind die Kosten um rund zwölf Prozent gesunken.

Die Preissprünge haben bittere Folgen. Weil viele Menschen wohl schon geahnt haben, dass sie 2025 eine Nachzahlung statt einer Rückzahlung zu erwarten haben, haben laut einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox in Deutschland im vergangenen Winter 1,8 Millionen Menschen so sparsam geheizt, dass sie regelmäßig gefroren haben. Die wichtigsten Gründe für die gestiegenen Kosten sind zwei Maßnahmen, die Verbraucher einst vor horrenden Nebenkostenabrechnungen schützen sollten – und nun ausgelaufen sind. 

Nachdem im Frühjahr 2021 Russland die Ukraine überfiel und für Deutschland als Hauptenergielieferant wegfiel, führte die damalige Bundesregierung eine Energiepreisbremse für Gas und Fernwärme ein. Außerdem senkte sie die darauf anfallende Mehrwertsteuer. Die Maßnahmen, die Haushalte und Unternehmen vor enormen Preisschocks schützen sollten, liefen Ende 2023 und Anfang 2024 aus. Das macht sich nun auf der Nebenkostenabrechnung bemerkbar. 

Welche Kostenpunkte gehören in die Abrechnung – und welche nicht? 

Es ist gesetzlich festgelegt, welche Kosten Vermieter auf ihre Mieter umlegen dürfen. Laut Paragraph 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) gehören dazu neben den Heiz- und Warmwasserkosten viele Punkte: zum Beispiel die Grundsteuer, die Versicherung für das Gebäude, genau wie die Kosten für Müllabfuhr, Strom für Gemeinschaftsbereiche und Hausmeistertätigkeiten. Außerdem dürfen Vermieter ihre Mieter für Ungezieferbekämpfung, einen Breitbandanschluss oder die Wartung des Aufzugs zahlen lassen. 

Es gibt allerdings auch Kosten, die nicht an Mieter weitergegeben dürfen – sofern es im Mietvertrag nicht anders festgehalten ist. Etwa Verwaltungskosten oder die Kosten, die entstehen, wenn der Vermieter die Heizung reparieren, modernisieren oder erneuern will. Außerdem müssen sich Mieter nicht an der Finanzierung des Hauses beteiligen, also etwa an Zinsen oder Krediten des Vermieters. 

Ein Kostenpunkt, der immer wieder unerlaubt auf der Nebenkostenabrechnung landet, sind Mietkosten für Rauchmelder, weiß Christian Lahrmann. Er ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Hagen. “Vermieter, die Rauchmelder mieten statt kaufen, können zwar die Wartungskosten umlegen, aber nicht die Mietkosten selbst”, sagt Lahrmann. 

Kann man gegen seine Nebenkostenabrechnung vorgehen?

Ja. Allerdings gibt es eine Frist: Laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) müssen Mieter und Mieterinnen spätestens zwölf Monate, nachdem sie ihre Rechnung erhalten haben, ihre “Einwendungen” dem Vermieter mitteilen. 

Der Anwalt Christian Lahrmann berichtet, dass sich schon seit der Coronapandemie besonders viele Mieter wegen ihrer Nebenkostenabrechnung bei ihm melden. “Häufig geht es dabei um einzelne Kostenpositionen, die Mieter nicht nachvollziehen können”, sagt Lahrmann. Manche Mieter würden sich zum Beispiel wundern, wenn sie für einen Winterdienst bezahlen, aber nie jemanden mit Streusalz vor ihrer Tür gesehen haben.

Auch der Deutsche Mieterbund, der die Interessen von Mietern vertritt, verzeichnet Zulauf bei Beratungen rund um Nebenkostenabrechnungen. “Nebenkostenabrechnungen sind seit Jahren der häufigste Gegenstand in den Beratungen der örtlichen Mietervereine für ihre Mitglieder”, sagt Stefan Bentrop, Justiziar beim DMB. “Die Beratungen nehmen kontinuierlich zu, weil Mieterinnen und Mieter angesichts hoher Mieten und stark steigender Nebenkosten immer stärker unter wirtschaftlichen Druck geraten und viele Nebenkostenabrechnungen fehlerhaft sind.” Jede zweite Abrechnung sei fehlerhaft, schätzt der DMB. 

Wie und bei wem können Mieter ihre Nebenkostenabrechnung prüfen lassen?

Wem ein Kostenpunkt auf seiner Abrechnung seltsam vorkommt, der muss sich nicht direkt einen Anwalt nehmen. Im ersten Schritt können Mieter und Mieterinnen ihren Vermieter einfach freundlich nach Belegen fragen. Zum Beispiel für die Heizkosten, aber auch für die Abrechnung von Dienstleistern wie Gärtnern oder Kammerjägern, wenn dafür Kosten aufgeführt sind. 

Wenn damit die Unsicherheiten nicht ausgeräumt werden können, ist es sinnvoll, sich beraten zu lassen – vom örtlichen Mieterverein zum Beispiel. Aber auch Mietrechtsanwälte wie Lahrmann können die Rechnungen prüfen. 

“Die Nebenkostenabrechnung besteht aus einer Vielzahl von abgerechneten Einzelpositionen, die nicht alle fehlerhaft sein müssen”, sagt Bentrop vom DMB. “Zudem können die Gründe für Beanstandungen verschieden sein.” So können etwa Kosten abgerechnet worden sein, die keine nach BGB abrechnungsfähigen Nebenkosten sind. Es können Kosten für Leistungen abgerechnet worden sein, die möglicherweise nicht ausgeführt wurden. Die Kosten einzelner Positionen können gegenüber dem Vorjahr ohne erkennbaren Grund erheblich gestiegen sein. Oder Kosten sind im Vergleich zu dem, was die dahinterstehenden Leistungen woanders kosten, besonders hoch.  

“Grundsätzlich lässt sich jedem Kostenpunkt auf der Nebenkostenabrechnung widersprechen”, sagt Christian Lahrmann. “Es ist jedoch wichtig, entsprechende Anhaltspunkte zu haben.” Wer sich zum Beispiel über den teuren Winterdienst ärgert, der vermeintlich nie gestreut hat, sollte einmal mit den Nachbarn reden: Teilen sie diese Beobachtung? 

Lahrmann rät, Nebenkostenabrechnungen immer schriftlich per Einwurfeinschreiben zu widersprechen. Das könne, wenn es zu einer juristischen Auseinandersetzung zwischen Mieter und Vermieter kommt, von Vorteil sein. 

Kommt es beim Widerspruch nicht automatisch zum Streit mit dem Vermieter?

Sicher ist es auch für Vermieter nicht angenehm, wenn ein Mieter oder eine Mieterin ihn auf mögliche Fehler in der Abrechnung hinweist. Allerdings ist das Recht auf Einwendungen gesetzlich festgelegt, also dürfen Mieter davon auch Gebrauch machen. 

Mietrechtsanwalt Lahrmann hat die Erfahrung gemacht: Bei großen, gewerblichen Vermietern kommt es häufiger zu Auseinandersetzungen wegen der Nebenkostenabrechnungen als bei Privatvermietern. Letztere seien “häufig sehr bemüht, die Konflikte aus der Welt zu schaffen und Fehler aufzuarbeiten, um eine kostenintensive gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden”, sagt Lahrmann. 

Bentrop vom DMB rät verunsicherten Mietern und Mieterinnen dazu, sich beim Schreiben an den Vermieter fachkundig beraten zu lassen, etwa bei den örtlichen Mietervereinen seiner Organisation. 

Was tun, wenn bei der Abrechnung alles stimmt – aber sie unbezahlbar ist?

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu zahlungsunfähigen Haushalten zeigen: Für viele Menschen sind Nebenkostenabrechnungen nicht nur unangenehm, sondern schlicht nicht bezahlbar. 

In solchen Fällen rät etwa die Verbraucherzentrale, gemeinsam mit dem Vermieter oder der Vermieterin eine Lösung zu suchen. Die Nebenkosten können zum Beispiel in Raten gezahlt werden. Allerdings sind Vermieter nicht dazu verpflichtet, sich auf solche Vereinbarungen einzulassen. Außerdem wichtig zu wissen: Wer sich mit seinem Vermieter auf eine Ratenzahlung einigt, kann dann keine Einwendungen mehr gegen die Rechnung erheben. 

Die Verbraucherzentrale verweist außerdem darauf, dass auch Menschen, die einem Job nachgehen, wegen der hohen Energiepreise bei hohen Heizkostennachzahlungen einen Anspruch auf staatliche Unterstützung haben können. Wer erwerbstätig oder -fähig ist, kann sich an das Jobcenter wenden. Ansonsten ist das Sozialamt der richtige Ansprechpartner.

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