Neben der Spur: Was für Leute wie El Hotzo oder Saskia Esken unbegreiflich ist | ABC-Z
In Westdeutschland gab es vor vielen Jahren einen Fall, der an Joe Biden erinnert. Heinrich Lübke, CDU, wurde 1959 zum Bundespräsidenten gewählt. Lübke war Sauerländer, Sohn eines Schuhmachers und eine Weile Landwirtschaftsminister. In der Weimarer Republik saß er für die katholische Zentrumspartei im Landtag, die Nazis steckten ihn für 22 Monate ins Gefängnis. Lübke war kein origineller Denker, aber sympathisch und volkstümlich. Auf seine zweite Amtszeit hätte er besser verzichtet. Warnende Stimmen gab es in der CDU durchaus. Das, was er hatte, hieß damals „Verkalkung“.
Auf Madagaskar redete er die Präsidentengattin mit dem Namen der Hauptstadt an, Frau Tananarive. Bei einem anderen Staatsbesuch soll er das Publikum mit den schon damals unmöglichen Worten „Meine Damen und Herren, liebe Neger“ begrüßt haben. Als Lübke mit der Queen ein Pferderennen besuchte, soll er sie mit dem Satz „Equal goes it loose“ auf den nahenden Start aufmerksam gemacht haben.
Einige dieser Fehltritte wurden auf der Schallplatte „Redet für Deutschland“ dokumentiert, die jahrelang in fast keinem Studentenhaushalt fehlte, auch nicht in meinem. Andere Anekdoten waren erfunden, etwa die „Equal goes it loose“-Story.
„Stern“ und „Spiegel“ veranstalteten geradezu eine Hetzjagd auf den kranken alten Mann. Der damalige „Spiegel“-Redakteur Hermann L. Gremliza enthüllte später, dass die Hamburger Redakteure unter falschen Namen Leserbriefe schrieben, in denen sie als angebliche Zeugen von neuen Pannen Lübkes berichteten. Im „Stern“ wurde Lübke zudem als „KZ-Baumeister“ angeklagt. Die angeblichen Beweise hatte die Stasi fabriziert.
Vor Ende seiner zweiten Amtszeit trat er zurück, entehrt, verlacht und vereinsamt, keine drei Jahre später starb Lübke.
Ein ähnliches Schicksal dürfte Joe Biden blühen, falls er noch einmal Präsident würde. Dass er selbst seinen Zustand unrealistisch einschätzt, sollte man ihm nicht zum Vorwurf machen. Viele von uns haben bei ihren Eltern Ähnliches erlebt, als deren geistige Kräfte nachließen. Man wehrt sich nun mal gegen diese Erkenntnis. Aber das, was Biden hat, wird nicht besser.
Die US-Demokraten, wie die SPD ohne Pistorius
Es gehört Skrupellosigkeit dazu, einen Mann für eines der wichtigsten Ämter der Welt kandidieren zu lassen, dessen volle Zurechnungsfähigkeit auf mittlere Sicht fragwürdig ist. Der Verdacht, dass der schwächer werdende Biden eine Art Marionette sein sollte für die führenden Kreise seiner Partei, ist schwer von der Hand zu weisen. Irgendwer würde dort schon die Fäden der Macht in der Hand halten, wenn Biden es nicht mehr kann. Die Kandidatur des kranken alten Mannes war ein Bluff, der aufflog, als Biden Trump live Paroli bieten musste.
Die Demokraten hätten kein Problem damit, einen Ersatz für Biden zu finden, der zum Beispiel vom „Stern“ auf drei aufeinanderfolgenden Titelbildern als die neue Greta Thunberg gefeiert wird. Sie haben aber, wie es scheint, niemanden, der gegen Trump mit einiger Wahrscheinlichkeit gewinnen würde. Dazu müsste so ein Kandidat oder eine Kandidatin nämlich ein paar der Eigenschaften besitzen, für die einem von dem deutschen Comedian El Hotzo der Tod gewünscht wird. Falls Trump El Hotzo den Gefallen getan hätte, sich erschießen zu lassen, dann stünden die USA heute an der Schwelle des Bürgerkriegs.
Die US-Demokraten sind also in der fast aussichtslosen Lage, in der unsere SPD wäre, wenn sie keinen Boris Pistorius auf der Reservebank hätte. Pistorius ist, wie man in den Vereinigten Staaten wohl sagen würde, die letzte Kugel im Colt der SPD.
Woher rührt die Drift nach rechts, von der fast alle Staaten des Westens erfasst werden und die möglicherweise als nächste Donald Trump und Marine Le Pen an die Spitze ihrer Länder bringt? Die Völker haben keine Sehnsucht nach neuen Nazis: Das ist es, was Leute wie El Hotzo oder Saskia Esken nicht begreifen. Die Völker rücken nach rechts, weil sie sich von der Linken alten Typs verachtet und verraten fühlen.
Wer wissen will, was damit gemeint ist, muss eine der besten Autobiografien in die Hand nehmen, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, sie wurde bei ihrem Erscheinen auch von den deutschen Feuilletons gepriesen: „Hillbilly Elegy“ von J.D. Vance, einem Kid aus den tiefsten Tiefen des Subproletariats. Vance wuchs auf unter Säufern und Junkies aller Hautfarben. Es waren Leute, die er liebte und die er trotzdem nicht verklärt. Er beschreibt sie schonungslos.
Trump hat Vance zu seinem Vize gemacht. Bei den US-Demokraten hätte einer mit der Biografie von Vance vermutlich keine Chance gehabt.