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NBA-Wettskandal: Den Wurf treffe ich nicht. Wetten?! | ABC-Z

Dafür, dass seine Mannschaft, die Portland Trail Blazers, gerade ihr Eröffnungsspiel der neuen NBA-Saison verloren hatte, war Chauncey Billups relativ entspannt. Er verspüre keinen Druck, sagte der 49 Jahre alte Trainer am Mittwochabend bei einer Pressekonferenz. “Diese Druck-Sache ist nichts für mich. Ich tue mein Bestes and I let the chips fall where they may, ihr wisst das doch mittlerweile von mir”, sagte Billups den anwesenden Reportern. Er lasse also die Dinge laufen, wie sie eben laufen.

In seiner 17-jährigen NBA-Spielerkarriere hat Billups vieles erlebt: Als Anführer der Detroit Pistons war er 2004 Meister geworden, für seine Spielerleistungen ist er Mitglied in der Hall of Fame. 

Und dann das: Knapp zwölf Stunden nach der besagten Pressekonferenz, in den frühen Morgenstunden am Donnerstag, wurde Billups in seinem Haus in Portland vom FBI festgenommen. Die Vorwürfe: illegale Pokerrunden, Wettbetrug und Verbindungen zur Mafia. Neben Billups wurden insgesamt 34 Personen festgenommen, darunter auch ein aktueller NBA-Spieler – Terry Rozier von den Miami Heat – und ein Ex-Spieler, Damon Jones.

Dass Chauncey Billups vor seiner Festnahme ausgerechnet über Pokerchips sprach, wirkt im Nachhinein wie bittere Ironie. 

Und auch, wenn die Ermittlungen immer noch laufen und bisher niemand verurteilt wurde: Der Glücksspielskandal, mit dem die beste Basketballliga der Welt nun in ihre Saison startet, ist in Teilen hausgemacht. Seit Jahren liegt die NBA mit Wettunternehmen unter der Bettdecke. Wenig verwunderlich, dass irgendwann eine Rechnung für das Hotelzimmer kommt.

Zwei Ermittlungen, verdächtige Überschneidungen

Konkret gibt es zwei Anklageschriften der Staatsanwaltschaft in New York:

Der Wettskandal: In dem Fall, den die US-Behörden “Nothing but bet” nennen, geht es um illegale Sportwetten. Den Spielern, Ex-Spielern und ihren Mitstreitern wird in der Anklageschrift (PDF) vorgeworfen, Insiderinformationen genutzt zu haben, um auf bestimmte Matches zu wetten. Besonders im Fokus stehen sieben NBA-Spiele zwischen März 2023 und März 2024.

Dem noch aktiven Spieler Terry Rozier wird vorgeworfen, am 23. März 2023 beim Spiel seines damaligen Teams, der Charlotte Hornets, gegen die New Orleans Pelicans eine Verletzung vorgetäuscht zu haben, um das Spielfeld vorzeitig zu verlassen. Den Ermittlungen zufolge waren zuvor große Mengen Geld darauf gewettet worden, dass Rozier eine bestimmte Punktzahl in diesem Spiel nicht erreiche.

Auch der Ex-Profi Damon Jones wird in der Anklageschrift genannt. Er war zum Zeitpunkt der Ermittlungen im Umfeld der Los Angeles Lakers aktiv und soll Informationen über Verletzungen einzelner Spieler verkauft haben, die noch nicht öffentlich waren. Chauncey Billups, der am Donnerstag festgenommene Trainer, wird in dieser Anklage nicht namentlich erwähnt. Als “Mitverschwörer” wird allerdings benannt: ein in Oregon wohnhafter, von 1997 bis 2014 aktiver Ex-NBA-Spieler und seit 2021 aktiver NBA-Trainer – es ist eine Vita, die exakt auf Billups zutrifft.

Der Pokerskandal: Dieser Fall, den das FBI die Operation “Royel Flush” nennt, ist deutlich komplexer. Den Beschuldigten – hier wird Chauncey Billups neben Damon Jones mit Namen genannt – wird in der Anklageschrift (PDF) vorgeworfen, illegale Pokerrunden organisiert zu haben und anhand ausgefeilter Technik die Spiele manipuliert zu haben. Die Ex-Profis Billups und Jones sollen mit ihrer Prominenz wohlhabende Pokerspieler zu den Spielen gelockt haben. Laut Anklageschrift hätten alle Beteiligten vom Betrug gewusst. Auch zahlreiche Mitglieder von New Yorker Mafia-Familien werden beschuldigt, Teil des Netzwerks zu sein.

Die Spiele wurden den US-Behörden nach mit markierten Karten, speziellen Brillen und Kontaktlinsen sowie bearbeiteten Mischmaschinen manipuliert.

Chauncey Billups, Terry Rozier und Damon Jones: ein Trainer und Hall-of-Famer, ein aktiver Spieler und ein Ex-Spieler mit Zugang zu aktuellen Teams. Sie stehen im Mittelpunkt des Glücksspielskandals der NBA. © AP/​dpa

In der Nacht auf Samstag äußerte sich der Präsident der NBA, Commissioner Adam Silver, in einem Interview zu den Fällen. Er sei tief verstört gewesen, als er von den Festnahmen gehört habe, sagte Silver: “Nichts ist der Liga und ihren Fans wichtiger als die Integrität des Wettbewerbs.”

Die Liga hat sowohl Billups als auch Rozier, die beiden aktiven Beteiligten des Skandals, mit sofortiger Wirkung suspendiert. Über mögliche Motive ist bisher nichts bekannt. Billups und Rozier haben in ihrer Karriere über 100 respektive 160 Millionen Dollar eingenommen. Sie dürften finanziell ausgesorgt haben.

Für die NBA ist vor allem der Wettskandal besonders heikel. Schon 2023 informierten Wettunternehmen die Basketballliga darüber, dass es bei den Spielen, um die es nun geht, auffälliges Wettverhalten gegeben hatte. Die Liga startete eine eigene Untersuchung. “Terry hat damals kooperiert, er hat der Liga Zugang zu seinem Telefon gegeben und sich befragen lassen”, sagte Adam Silver gestern. Die NBA habe schlussendlich entschieden, dass es nicht genug Anhaltspunkte gäbe, um das Verfahren fortzuführen. Die staatlichen Ermittlungsbehörden hätten allerdings deutlich mehr Mittel, um Informationen zu erhalten. Silver betonte, die NBA arbeite mit den Behörden zusammen.

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