Nations League: „Ein cooler Fetzen“ – Deniz Undav ist der Mann der Stunde | ABC-Z
Der 28-jährige Stürmer könnte den Platz von Thomas Müller in der Nationalmannschaft einnehmen – nicht nur spielerisch, sondern auch von seinem Wesen. Er ist ein Spaßvogel mit einem niedrigen Körperschwerpunkt.
Um Mitternacht ging es im Bus Richtung Airport Sarajevo. Nach dem 2:1 (2:0) gegen Bosnien-Herzegowina flog die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zurück nach Deutschland. Landung in Nürnberg, von dort aus ging es wieder per Bus ins Teamquartier nach Herzogenaurach: das Ende einer langen und erfolgreichen Reise.
Deniz Undav war bester Laune, als er vor der Bus-Abfahrt das Stadion in Zenica verließ. In seinem fünften Länderspiel hatte er seinen zweiten und dritten Treffer (28. und 36. Spielminute) erzielt. Es war sein erster „Doppelpack“ im Nationaltrikot. Der Stürmer spielte von Beginn an – zum zweiten Mal in seiner noch jungen Nationalelf-Karriere – und war an diesem Freitagabend ein wichtiger Faktor. Er sorgte dafür, dass die Mannschaft ihre Pflichtaufgabe in der Nations League erfüllte.
Seine Kollegen und Experten sahen in ihm den Mann des Spiels. Das nehme er gern an, sagte Undav: „Es war ein schöner Abend.“ Undav nutzt seine Chancen in der Auswahl. Und empfiehlt sich mehr und mehr für einen festen Platz in der Elf. Er spielte zentral hinter Debütant Tim Kleindienst und war im Abschluss eiskalt und effektiv. Undav ist in der Nationalelf der Mann der Stunde.
„Ich kann stolzer nicht sein“, sagte der 28-Jährige. Er habe sich in dem kleinen Stadion sehr wohlgefühlt, schließlich habe er vor wenigen Jahren noch in der dritten oder vierten Liga gespielt, auch mal auf eher schlechteren Plätzen.
Mit seinem bosnischen Kumpel Ermedin Demirović, mit dem er beim VfB Stuttgart spielt, gab Undav am Stadion-Ausgang Interviews. Und erklärte, dass er seine Tore mit einem typischen Demirovic-Jubel feierte, weil sie das vor dem Spiel so besprochen hatten: „Wenn einer trifft, packt einer den Torjubel des andere aus.“ Es sei komisch gewesen, mal gegen- statt sonst miteinander zu spielen. Undav lobte die Gastfreundschaft der bosnischen Fans, es habe Spaß gemacht und sei sehr respektvoll zugegangen.
Er sagte zudem: „Es gibt nicht viel Schöneres, als zwei Tore für die Nationalmannschaft zu schießen. Uns war klar, dass die Bosnier eine starke Mannschaft sind. Wir gehen 2:0 in Führung, dann wird es nach dem 2:1 noch einmal heiß.“ Julian Nagelsmann war begeistert von Undavs Leistung. „Er ist ein cooler Fetzen“, sagte der Bundestrainer nach dem Spiel.
„Deniz hat einen sehr schlauen und technisch guten Abschluss. Er ist extrem schwer zu verteidigen, weil er so einen niedrigen Körperschwerpunkt hat. Er hat eine gute Konkurrenz auf seiner Position, aber wir haben ihn gern bei uns.“ Mit lustigen Sprüchen und einer coolen Art nehme Undav alle mit. „Er ist ein positiver, lebensbejahender Typ, der uns guttut, auf und neben dem Platz.“
Viele sehen in Undav gar einen Nachfolger für Thomas Müller. Nicht nur, weil er von dem aus der Auswahl zurückgetretenen Weltmeister vom FC Bayern dessen Trikotnummer 13 übernommen hat. Sondern vor allem wegen seiner unbeschwerten und besonderen Art, von der auch Nagelsmann schwärmt.
Undav nennt sich selbst „Spaßvogel“ und betont, dass er einfach sein Ding mache und der Mannschaft mit guten Leistungen helfen will.
Am Montag (20:45 Uhr, ZDF) spielt Deutschland in München gegen die Niederlande: ein Härtetest, bei dem Thomas Müller verabschiedet wird. Nagelsmann fehlen viele Spieler verletzt. Auch Mittelfeldspieler Aleksandar Pavlovic ist angeschlagen, leidet unter einer Knieprellung. Bei Offensivprofi Chris Führich besteht der Verdacht auf einen Muskelfaserriss im Adduktorenbereich. Rückkehrer Serge Gnabry überzeugte gegen Bosnien-Herzegowina nicht komplett.
Der Bundestrainer kann sehr froh dass, dass er den formstarken und selbstbewussten Undav hat: den treffsicheren Spaßvogel, auf den er sich verlassen kann.
Julien Wolff war beim Spiel in Zenica. Er ist Fußball-Redakteur und berichtet seit 2011 aus München über den FC Bayern, zudem über die Bundesliga und die Nationalmannschaft.