Napoleon-Auktion bei Sotheby’s in Paris | ABC-Z

„Es gibt nur zwei Mächte in der Welt, das Schwert und den Geist: Auf lange Sicht wird das Schwert immer vom Geist besiegt.“ Der Maxime von Napoleon Bonaparte, der sich in Sachen Machtkampf auskannte, könnte man noch eine dritte Kraft hinzufügen: den Glauben, der vielleicht einzig fähig ist, auch noch den Geist zu bezwingen.
Ein Säbel für 4,7 Millionen Euro
Bei Versteigerungen von Devotionalien, Memorabilien und Reliquien ist er nie weit entfernt und führt zu Preisen, die in der jeweiligen Sache „Ungläubige“ erstaunen mögen. Erst Ende Mai kam bei Giquello in Paris ein Säbel zum Aufruf, der den selbstgekrönten Kaiser bis zu seiner Abdankung begleitete. Das Bietergefecht brachte die Hiebwaffe auf einen Bruttopreis von fast 4,7 Millionen Euro.
Ähnliche Überraschungen lassen sich am 25. Juni bei Sotheby’s in Paris erwarten, wenn mit 112 Losen ein Teil der Sammlung von Pierre-Jean Chalençon zur Auktion kommt. Der französische Unternehmer, dessen Firma Chalençon Empire auf Expertise und Handel mit Objekten rund um die napoleonische Zeit spezialisiert ist, gehört zu den größten privaten Sammlern. Um Schulden begleichen zu können, trennte er sich schon 2021 von Teilen seiner Kollektion. Wegen neuerlicher Rückstände soll nun sein Pariser Stadthaus verkauft werden. Chalençon vermietete bislang das im Empire-Stil eingerichtete Palais für Veranstaltungen und sorgte für Schlagzeilen, als dort mitten in der Corona-Krise festliche Diners abgehalten wurden.
Symbolische Macht
Auch die Versteigerung bei Sotheby’s in Paris dient der Schuldentilgung. Die symbolische Macht der Devotionalien wird die Verehrer Napoleons den wenig noblen Auktionsanlass vergessen lassen. So kommt ein Säbel zum Aufruf, der am 2. Dezember 1804 bei der Krönungszeremonie in Notre-Dame von jenem Herold getragen wurde, der öffentlich die kaiserliche Salbung ausrief. Zwischen 200.000 und 400.000 Euro könnte die Waffe einbringen. Auf einen Betrag um 300.000 Euro wird ein großes Gemälde aus dem Atelier des Hofmalers François Gérard geschätzt, das den stolzen Korsen frisch gekrönt im imperialen Gewand darstellt.

Zu Napoleon scheiden sich die Geister. Man kann den Modernisierer der französischen Institutionen würdigen oder das Charisma eines außerordentlichen Feldherrn hervorheben, der sogar von seinen Feinden gelobt wurde. Andere verurteilen den Diktator, Eroberer und Kolonialherrn, der einen immensen Blutzoll gefordert hat. Der Napoleon-Unternehmer Pierre-Jean Chalençon steht für eine stark rechtskonservative Mehrheit in der internationalen Fan-Gemeinde, die von der autoritären Persönlichkeit des Monarchen angezogen wird. Chalençon war häufig zu Gast bei Jean-Marie Le Pen, feierte als Trump-Verehrer vor Ort dessen zweite Investitur und zeigt öffentlich seine Nähe zu rechtsextremen Parteien.

Napoleon fasziniert wahrscheinlich auch deshalb, weil er – noch vor dem „amerikanischen Traum“ – den Mythos vom sozialen Aufstieg inkarniert, vom kleinen Mann aus der wenig beachteten korsischen Noblesse, der es zum Welteneroberer gebracht hat. Seine Fähigkeit, die zu jener Zeit entstehende öffentliche Meinung durch geschickte Propaganda zu beeinflussen, trug zum Erfolg bei. Der auf unverkennbare Weise quer aufgesetzte Zweispitzhut gehörte zu Bonapartes Selbstinszenierung. Etwa zwanzig überlieferte Kopfbedeckungen gelten als authentisch. Bei Sotheby’s wird einer der emblematischen Hüte mit einer Taxe zwischen 500.000 und 800.000 Euro aufgerufen. Erst 2023 wurden bei einer Auktion in Fontainebleau für ein Bicorne mehr als 1,9 Millionen Euro ausgegeben.
Ob Kunstwerke, Möbel, Repräsentationsobjekte oder Schriftstücke, jedes Los beansprucht eine physische oder biographische Nähe zu Bonaparte. So etwa die Kopie des kirchlichen Hochzeitszertifikats mit Joséphine von 1804 (Taxe 30.000 bis 50.000 Euro) oder die Scheidungsunterlagen von 1809, die daran erinnern, dass die einst geliebte Kaiserin qua ausbleibendem Nachwuchs dem dynastischen Imperativ der Erbfolge weichen musste (50.000/80.000). Für ein im Exil auf St. Helena handgeschriebenes Testament fällt die Schätzung von 300.000 bis 500.000 Euro weit höher aus.
Wer etwas Hautnahes von Napoleon besitzen möchte, kann als Reliquie einen Satz Unterwäsche für 50.000 bis 80.000 Euro ersteigern. Neben einigen anderen Losen bleibt die Herkunft eines damals fortschrittlichen Bidet-Möbels unklar, das auf 12.000 bis 18.000 Euro geschätzt wird und nur möglicherweise zur intimen Hygiene des reisenden Feldherrn beigetragen haben könnte. In solchen Fällen hilft beim Bieten der Glaube.