Nahost-Debatte an Hochschulen: Studis finden ihren Asta zu wenig antisemitismuskritisch | ABC-Z

taz | Am Asta-Gebäude der Technischen Universität (TU) flattert ein hellrosa Banner. „Wir bekämpfen Antisemitimus – Der Asta tut das nicht!“, steht darauf. Gerahmt ist der Slogan von einem Davidstern und den beiden Antifa-Flaggen. „Wir besetzen gewaltfrei das Asta-Plenarium“, verkündet eine Gruppe mit dem Namen „Besetzung gegen Antisemitismus“ auf Instagram. „Jüdische und israelische Student*innen fühlen sich an den Unis nicht sicher und sie bekommen kaum Solidarität“, sagt eine der Besetzer*innen. „Wir wollen zumindest temporär einen Raum schaffen, an dem sie sich sicher fühlen und austauschen können.“
Drinnen, im Plenarsaal der Studierendenvertretung, sind am Montagnachmittag rund 15 Besetzer*innen. Sie haben Flyer und Sticker ausgelegt, dazwischen stehen ein paar auchtarmige Channuka-Leuchter. Cherrycola und Snacks stehen bereit. An den Wänden hängen Pride- und Trans-Flaggen mit Davidstern. Anlass für die Besetzung ist die konstituierende Sitzung des Allgemeinen Studierendenausschuss – Asta – die für Montag um 14 Uhr im nun besetzten Plenarsaal angesetzt war, sagt die Gruppe.
„Das Studierendenparlament (Stupa) hat Personen in den Asta gewählt, die wir als Vertreter*innen von antisemitischen Gruppen sehen und die beispielsweise die Hamas als „Befreiungsorganisation“ bezeichnet haben“, sagt eine Besetzerin, die aus Sorge vor Anfeindungen ihren Namen nicht öffentlich nennen möchte. Sie berichet von einer Sitzung des Stupa vor knapp zwei Wochen, am 28. Oktober. Bei dieser Sitzung habe das Studierendenparlament auch die Asta-Vertreter gewählt. Bei den Stupa-Wahlen im laufenden Semester hatten die „Linke SDS“ 115 Plätze und die „Solidarische Liste – Free Palestine“ 206 Plätze erhalten.
„Jüdische Student*innen haben sich in der Sitzung zu Wort gemeldet und gesagt, dass sie sich Sorgen machen“ erzählt die Besetzerin, die selbst auch an der öffentlichen Sitzung teilgenommen hatte. „Mehrere Stupa-Mitglieder haben die Student*innen ausgelacht und ihr Anliegen lächerlich gemacht“, sagt sie. Sie hätten die Frage, wie sie Antisemitismus auf dem Campus verhindern wollten, als irrelevant abgetan. Sie seien gegen jeden Rassismus, hätten sie gesagt, „und damit Antisemitimus fälschlicherweise mit Rassismus gleichgesetzt“, sagt die Besetzerin.
Foto:
Uta Schleiermacher
„Antidemokratisches Klima“
Ein Kommolitone bestätigt ihren Beobachtungen. „Obwohl wir offen im Stupa kritisiert haben, dass jüdische Studierende mit ihren Forderungen ausgelacht wurden, hat das Studierendenparlament diese Personen nun mit Mehrheit in den Asta gewählt“, sagt er. Die Sitzung sei von einem antidemokratischen Klima geprägt gewesen, jeder Diskurs sei abgeblockt worden. „Wir vermuten, dass der neue Asta nicht antisemitismuskrisch ist“, sagt er. Auch darauf wollten sie mit der Besetzung aufmerksam machen.
Von der Universität fordert die Gruppe, dass sie antisemitischen Versanstaltungen auf dem Campus untersagen und antisemitische Gruppen nicht finanzieren solle. Die Uni solle stattdessen einen Raum für jüdischen und antisemitismuskritische Student*innen auf dem Campus schaffen und über Antisemitismus aufklären.
Sie fordern außerdem, die Stelle des Antisemitismusbeauftragten neu zu besetzen. Dieses Amt hat Uffa Jensen seit Mai 2024 inne. Er ist Historiker und Antisemitismusforscher und Vizedirektor des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU. Die Besetzer*innen werfen ihm vor, als Antisemitismusbeauftragter nicht präsent und ansprechbar zu sein.
Die Kritik der Besetzer*innen richtet sich auch gegen die TU-Präsidentin Geraldine Rauch. Sie hatte sich im Mai 2024 gegen den Vorwurf des Antisemitismus verteidigt, nachdem sie auf der Plattform X einen Post gelikt hatte, der auch ein Bild mit explizit antisemitischer Bildsprache enthielt. Dabei hatte sie auch Maßnahmen gegen Antisemitismus angekündigt.
Asta weicht in anderen Raum aus
„Wir erwarten von der Uni, dass sie Veranstaltungen, die außerhalb des demokratischen Konsens stehen, unterbinden“, sagen die Besetzer*innen. Die Unileitung habe in der Vergangenheit zu viel aus dem extremisitschen Spektrum zugelassen, während sie bei einem islamismuskritischen Vortrag zuletzt Bedenken geäußert habe.
Für seine konstituierende Sitzung wich der Asta am Montag in einen anderen Raum aus. Sie wollten dort am Abend auch die Besetzung besprechen. Im Asta-Plenarsaal wiederum stellten sich die Besetzer*innen auf eine lange Nacht ein. „Kommt rum, wir haben Snacks“, postet die Gruppe auf Instagram. Sie würden kritischen Diskurs dezidiert begrüßen. „Die Nacht über bleiben wir auf jeden Fall, wir haben Schlafsäcke dabei“, sagt einer der Besatzer. Und dass sie am Dienstag dann schauen wollen, wie es weitergeht.

















