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Germering: Ein Hochhaus mit langer Bauzeit – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Seit April 2019 wird im Gewerbegebiet Germeringer Norden an einem Hochhaus gebaut. Doch nach sechs Jahren ist der Rohbau noch nicht fertig. Es könnte sich um die längste Bauzeit eines ähnlichen Hauses im weiten Umkreis handeln. Bauherr ist ein Germeringer Computerunternehmen, das eine firmeneigene Baufirma betreibt und so in Eigenregie das 50 Meter hohe Gebäude errichtet. Elf der zwölf vorgesehenen Stockwerke sind inzwischen hochgezogen worden. Bis zum Ende des Jahres könnte der Rohbau stehen, aber das ist nicht sicher, kommt doch noch ein Terrassengeschoss obendrauf.

Gerade werden die Wände im elften Stockwerk betoniert. Dafür befördert der Kran eine „Kranbombe“ mehrmals nach oben. Dieser Behälter kann zwei Kubikmeter Beton tragen, der gerade von einem Betonmischer angeliefert wird. Befüllt wiegt die Kranbombe fünf Tonnen. „Zum Glück weht heute kein Wind“, sagt Architekt Klaus Maria Fiegel, der auf die Baustelle gekommen ist. Oben beaufsichtigt der örtliche Bauleiter Evgeny Ostapenko die Betonanlieferung. „Wir sind häufig vom Wetter abhängig“, sagt er. „Bei zu viel Wind oben dürfen wir nicht arbeiten.“

Fiegel und der russische Bauleiter Ostapenko sind seit Baubeginn dabei. Immer wieder kam es zu Verzögerungen beim Bau des Gebäudes an der Emmy-Noether-Straße 1. Bauherr ist das Unternehmen Allnet Computersysteme mit Geschäftsführer Wolfgang Marcus Bauer an der Spitze. Firmenchef Bauer hat neben dem Kerngeschäft mit dem Verkauf von Netzwerkprodukten, Computer-Hardware und entsprechenden Dienstleistungen zusätzlich eine Bauabteilung gegründet, die Architekt Fiegel leitet.

Auf der Hochhaus-Baustelle sind lediglich acht Mitarbeiter tätig. Der 60 Meter hohe Kran und alle Baumaschinen gehören Allnet. Die Bauarbeiter, die von Bauingenieur Ostapenko angeleitet werden, sind bei der Firma angestellt. Sie bekommen ein festes Monatsgehalt, anstatt der bei Baufirmen vorherrschenden Stundenabrechnung. Dafür fährt die Belegschaft in der Urlaubszeit auch schon mal einige Wochen in ihre Heimatländer und der Bau verwaist.

Die Baustelle liegt direkt neben dem Kindergarten. Deshalb sind Sicherheitsnetze gespannt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Vorteil des langsamen Bauens sei, dass mehr Sorgfalt möglich sei und die Qualitätskontrolle funktioniere, argumentiert der Architekt. Doch die Schwierigkeiten am Bau begannen früh. Probleme mit der Statik am Hochhaus führten zur Umplanung und einer kompletten Neuberechnung. Es gab erst kürzere Baupausen und im Jahr 2021 einen Stillstand von vier Monaten. Nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie, sondern auch weil beim Bau einiges schiefgelaufen war. Wände, auch tragende, mussten wieder abgerissen und erneuert werden, weil zu wenig Eisen verbaut worden war, wie eine Qualitätsprüfung der TU München ergeben hatte.

In das Büro-Hochhaus sollen nach Fertigstellung erst einmal die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IT-Firma Allnet einziehen, die bisher in der Germeringer Maistraße angesiedelt sind. Das von Bauer 1991 gegründete Unternehmen hat mittlerweile Firmensitze in mehreren Ländern, auch in China und Taiwan. Im Hochhaus sollen auch Etagen untervermietet werden, so der ursprüngliche Plan.

Ob der aufgeht, muss sich jedoch zeigen, weil seit Corona viele Unternehmen Büroarbeitsplätze abbauen und ihre Mitarbeiter ins für sie billigere Home-Office schicken. „Da gab es dann auch eine Krisensitzung“, berichtet Fiegel. Die Frage war: „Werden die geplanten Büroflächen noch gebraucht?“ Derzeit schätzt der Bauherr die Lage für die etwa 5000 Quadratmeter Bürofläche wieder günstiger ein.

Nach dem elften soll noch im Herbst das zwölfte und letzte Stockwerk folgen. „Dann kommt der Deckel drauf“, sagt der Architekt und klingt erleichtert. Erste Fenster im Gebäude an der B2, in dem auch drei Betriebswohnungen geplant sind, werde es auch noch in diesem Jahr geben. Doch das ist nicht alles. Nun hat der Bauherr noch ein Terrassengeschoss beantragt und den Stadtrat um entsprechende Änderung des Bebauungsplans gebeten. Das Gremium ist dem Antrag gefolgt. Einsprüche sind auch bei der Bürgerbeteiligung eher nicht zu erwarten. Wie das Terrassengeschoss genutzt wird, steht noch nicht fest. Jedenfalls hält sich der Bauherr dazu bedeckt. Möglicherweise wird es ganz oben einen Besprechungsraum geben, so die Andeutung des Architekten.

Die Kinder der Kita nebenan werden mit maßgeschneiderten Netzen geschützt

Gleich neben der Baustelle spielen schon seit gut einem Jahr Kinder. Denn die Kita „Allnest“ schließt baulich direkt an das Hochhaus an. Auf dem 800 Quadratmeter großen Grundstück nebenan sind zwei Kindergarten- und eine Krippengruppe mit 45 Kindern eingezogen.  Damit nichts passiert, haben die Bauleute oben am Rohbau maßgeschneiderte Netze gespannt, damit keine Baumaterialien auf die Kita oder gar auf die Kinder herunterfallen. „Die Kinder sind neugierig“, weiß Bauingenieur Ostapenko nur zu gut. „Wir wissen um unsere Verantwortung und passen gut auf.“

An dem Sonnentag, als auf der anderen Seite der Beton angeliefert wird, spielen die Kinder gerade draußen vergnügt auf ihrer großzügigen Freifläche. Auf die Außen-Spielanlagen für die Kinder ist Fiegel besonders stolz: „Hier hat unsere Landschaftsarchitektin Miriam Teske hervorragende Planungsarbeit geleistet.“ Und wann wird das Haus endlich fertig? Bei der Antwort will sich Fiegel nicht festlegen. Etwa ein, zwei Jahre, sagt er, werden wohl für den Innenausbau veranschlagt. Also wird es voraussichtlich bis 2027/2028 dauern, bis die Umzugslaster anrollen. Dann wären es rekordverdächtige neun Jahre Bauzeit.

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