Kultur

Nachlässig luftig: Andris Nelsons dirigiert die Philharmoniker | ABC-Z

Achtung, schaut mal her! Das Motiv, das Ihr da spielt, liebe Hörner, antwortet auf das der Violinen! Und jetzt seid Ihr dran, Fagotte – und die Violinen nehmen den Ton bitte vom Fagott ab!

Es ist eine stumme, doch sehr signalstarke Verständigung, die Andris Nelsons da mit einzelnen Gruppen der Münchner Philharmoniker sucht, interessant, doch auch ein wenig merkwürdig: Typischerweise würden den Musikerinnen und Musikern solche Bezüge in den Proben aufgezeigt werden. Mit Nelsons etwas plakativer Methode jedoch kriegt das Publikum in der Isarphilharmonie nicht nur zu hören, sondern zusätzlich auch noch pädagogisch sichtbar vorgeführt, was am Ende des “Bacchanals” im Venusberg alles so vor sich geht.

Ansonsten, wenn er sich nicht derart ins Zeug legt, hat die Zeichensprache des Dirigenten auf die Philharmoniker wenig Wirkung. In der zugehörigen Ouvertüre zum “Tannhäuser” von Richard Wagner scheint das Tutti auffallend pauschal. In diesem Stück haben andere, Kirill Petrenko etwa, viel spezifischere Klangmischungen zusammengerührt.

Eine gewisse Ermattung

Zudem teilt Andris Nelsons keine Vorstellung von der Form des Ganzen mit, etwa, ob die beiden symphonischen Auszüge aus der romantischen Oper auf einen Höhepunkt zusteuern sollen. So kommt halt alles mehr oder weniger, wie es kommt. Das erstaunt, da der junge Nelsons seinerzeit nicht zuletzt mit seinem frischen Blick auf vielgespielte Werke so früh so überwältigende Erfolge feiern konnte.

Macht sich bei dem mittlerweile gerade einmal Mitte 40-Jährigen, der für sein hohes Arbeitspensum bekannt ist, eine gewisse Ermattung bemerkbar? Dafür würden auch die Unwägbarkeiten sprechen, die sich während der Aufführung der Symphonie Nr. 7 von Anton Bruckner häufen – einem Werk, das doch gerade die Münchner Philharmoniker im Schlaf spielen müssten.

Ohne Telepathie

Wenn hier die Übergänge von den Trompeten zu den Violinen, den Hörnern zu den Klarinetten, der Flöten zu den Kontrabässen, nicht rund vonstatten gehen, wenn so mancher Einsatz des vollen Orchesters verwackelt, liegt das nicht an den Philharmonikerinnen und Philharmonikern, sondern an Nelsons nachlässigem Dirigieren.

Zumindest am ersten Abend verlässt er sich darauf, dass seine zeichengeberische Zurückhaltung schon irgendwie verstanden werde, dass manche spontane Temporückung sich wie von selbst in den organischen Fluss einfügen würde – was hier weniger funktioniert als irritiert. Die Selbstverständlichkeit der Kommunikation mit den Münchner Philharmonikern , die Andris Nelsons intendiert, ist im Zweifel Resultat einer sorgfältigen Probenarbeit – nicht einer magisch sich einstellenden Telepathie.

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