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Senatorin außer sich: Schwere Vorwürfe gegen Berliner Problemschule nach brutaler Jagd auf Siebtklässler | ABC-Z

Ein Schüler der Bergius-Schule wird von Jugendlichen bedroht. Die Bildungssenatorin sagt daraufhin, die Schule nehme Hilfsangebote nicht an. Deren Gesamtelternsprecher nennt diese Darstellung „schäbig“.

Ein Siebtklässler habe in einen Supermarkt flüchten müssen, weil er von Jugendlichen mit Messern, Baseballschlägern und Schlagringen „gejagt“ worden sei, heißt es in einem Schreiben der Schule. Bei der Verfolgung sei auch gerufen worden: „Wir stechen Dich ab“, berichtete ein Elternteil.

Wachschutz? „Konkret abgelehnt von der Bergius-Schule“

Der Schulleitung sei mehrfach etwa die Einführung eines Wachschutz angeboten worden, sagte die Senatorin am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. „Das ist ganz konkret abgelehnt worden von der Schulleitung der Bergius-Schule.“

Erst auf dem Weg ins Abgeordnetenhaus habe sie mit der Schulleitung telefoniert und das Angebot erneuert, „um den Schülerinnen und Schülern und den Kolleginnen und Kollegen das Gefühl der Sicherheit zu geben“, sagte Günther-Wünsch. 

Doch die Schulleitung habe erneut abgelehnt. Die Schulleitung sagte dem Tagesspiegel auf Nachfrage, sie könne sich aus dienstrechtlichen Gründen zu schulischen Belangen nicht öffentlich äußern.

Polizei rückte Hundertschaft an Schule an

Der Jagd auf den Siebtklässler sei zur Unterrichtszeit eine „Bedrohungslage“ gegen einen Neuntklässler, der ein Verwandter des Siebtklässlers sein soll, vorausgegangen. Die Schulleitung habe die Polizei gerufen, „die zunächst nur mit vier Einsatzkräften erschien und letztlich Verstärkung benötigte“, heißt es in dem Schreiben der Schule.

Die Polizei sei am Mittwoch mit einer Hundertschaft angerückt, weil die vier zuvor erschienenen Beamten nicht ausgereicht hätten, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Außerdem bestätigte er eine verbale Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen, die von der Polizei beendet wurde.

Schulpsychologie? „Bergius-Schule wurden konkret Termine angeboten, sie wurden nicht angenommen“

Die Senatorin sagte weiter, auch Angebote zur pädagogischen Unterstützung seien bisher nicht auf Gegenliebe gestoßen. Der Kontakt zur Schulpsychologie und anderen Unterstützungsformaten stehe allen Schulen offen. „Der Bergius-Schule wurden konkret Termine angeboten, diese Termine wurden nicht angenommen“, sagte Günther-Wünsch.

Diese Darstellung führte zu Irritationen. Gesamtelternsprecher Andreas Thewalt und die Vorsitzende des bezirklichen Schulausschusses, Martina Zander-Rade (Grüne), wiesen darauf hin, dass es gerade erst Mittwoch eine große Fortbildung mit dem schulpsychologischen Dienst gegeben habe. 

Elternsprecher sauer auf Senatorin: „Schäbig“

Thewalt nannte es „schäbig“, wie die Senatorin die Arbeit der Schulleitung darstelle. Deren Sprecher sagte, die Äußerung der Senatorin sei auf die Zeit vor dem Brandbrief im November bezogen worden.

Die Schulausschussvorsitzende Zander-Rade bezeichnete die Darstellung der Senatsverwaltung, dass die Schulleitung Unterstützungsangebote abgelehnt habe, als „irreführend“. Dies lenke von den eigentlichen Problemen ab.

Der Versuch, der Schulleitung die Verantwortung für Missstände zuzuschieben, ist nicht nur unangebracht, sondern erschwert eine nachhaltige Lösung der Probleme.

Wollte die Schule nur keinen Wachschutz in Uniform?

Zum Wachschutz sagte Zander-Rade, die Schulleiterin habe ausdrücklich erläutert, dass kein Wachschutz in Uniform benötigt werde, sondern Personal, das während des Unterrichts im Schulgebäude präsent sei, um auf die Schülerinnen und Schüler einzuwirken und Vertrauen aufzubauen. 

„Diese Forderung wurde mehrfach klar kommuniziert, aber bisher nicht erfüllt“. Der Vorfall zeige zudem, dass ein Wachschutz solche Situationen nicht hätte verhindern können.

Der Versuch, der Schulleitung die Verantwortung für Missstände zuzuschieben, sei „nicht nur unangebracht, sondern erschwert eine nachhaltige Lösung der Probleme“, sagte Zander-Rade.

Ein Sprecher der Bildungsverwaltung sagte dem Tagesspiegel, bei den Unterstützungsangeboten handele es sich konkret um „Angebote wie Coaching, Supervision, die Begleitung durch externe Schulentwicklungsexperten und die Einrichtung von Praxislernklassen“. Letzteres sind spezifische Lerngruppen für Kinder und Jugendliche mit geringer Schulbildung und mangelnden Deutschkenntnissen.

„Es hilft nicht, wenn sich einzelne Akteure in Schuldzuweisungen versteigen“

Der Vorsitzende der Gesamtelternvertretung hatte vergangene Woche im Schulausschuss des Bezirks Tempelhof-Schöneberg kritisiert, die von der Senatsverwaltung gemachten pädagogischen Unterstützungsangebote ignorierten die tatsächlichen Bedarfe der Schule. Günther-Wünsch sagte hierzu im Abgeordnetenhaus: „Es hilft nicht, wenn sich einzelne Akteure in Schuldzuweisungen versteigen.“

Ihr Sprecher ergänzte gegenüber dem Tagesspiegel, Schulaufsicht und Senatsverwaltung stünden „weiterhin in engem Austausch mit der Schulleitung, den Lehrkräften und der Elternvertretung“. 

Ziel sei es, „gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen beitragen und die Schulentwicklung nachhaltig fördern“. Dazu sei es jedoch unerlässlich, dass insbesondere die Schulleitung sich auf die angebotene Unterstützung einlasse. „Eine einseitige Fokussierung auf den Beschwerdebrief allein kann keine nachhaltige Lösung bieten.“

Von Daniel Böldt, Margarethe Gallersdörfer, Susanne Vieth-Entus

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