Geopolitik

Nachbeben erschüttern russische Halbinsel Kamtschatka | ABC-Z

Moskau/Los Angeles

Nach dem heftigen Erdbeben vor der Halbinsel Kamtschatka im Osten Russlands kommt die Erde dort nicht zur Ruhe. In der Nacht zum Donnerstag (Ortszeit) registrierte der Geophysische Dienst der Russischen Akademie der Wissenschaften zahlreiche Nachbeben, weitere könnten in den nächsten Wochen folgen. Für Millionen Menschen im Pazifik-Raum galten zwischenzeitlich Tsunami-Warnungen. Die befürchtete Katastrophe blieb aber zunächst aus. Doch auch einen Tag nach dem starken Beben gab es noch nicht überall Entwarnung.

In Chile evakuierten die Behörden die Küstengebiete des Landes. In der Ortschaft Hanga Roa auf der zu Chile gehörenden Osterinsel im Pazifik sei die Küstenpromenade gesperrt worden, berichtete der Radiosender Cooperativa. Der Großteil der Bevölkerung lebe allerdings in höher gelegenen Gebieten, die als sicher gelten.

Entwarnung für Hawaii und die US-Westküste 

Für die bei Urlaubern beliebte Insel Hawaii kam nach bangen Stunden die Entwarnung: Die letzten Tsunami-Warnhinweise wurden am Mittwochvormittag (Ortszeit) aufgehoben. Die Behörden warnten Schwimmer und Bootsfahrer aber weiterhin vor ungewöhnlichen oder starken Wasserströmungen in einigen Küstenregionen.

Wegen der Tsunami-Gefahr für die zu den USA gehörende Inselgruppe im Pazifik, die Tausende Kilometer vom Erdbebengebiet vor der Kamtschatka entfernt liegt, waren Strände evakuiert und Häfen zeitweise für den Schiffsverkehr gesperrt worden. Größere Schäden gab es letztlich aber nicht. 

Auch in den westlichen US-Bundesstaaten Alaska, Washington und Oregon wurden die Tsunami-Warnungen wieder aufgehoben. In Kalifornien war am Mittwochnachmittag (Ortszeit) nur noch in einem Küstenabschnitt ein Hinweis auf starke Strömungen in Kraft. Im Raum Los Angeles waren die Strände nach vorübergehender Sperrung wieder zugänglich.

Das ist über das schwere Beben bislang bekannt

Mit 8,8 war das Hauptbeben laut der US-Erdbebenwarte USGS das weltweit stärkste seit der Katastrophe von Fukushima im März 2011 – und wurde seit Beginn der Messungen überhaupt nur von fünf Beben übertroffen. Laut der Russischen Akademie der Wissenschaften war es zudem das heftigste in der Region seit 1952. Das Zentrum des Bebens lag den Angaben zufolge in der offenen See, etwa 130 Kilometer vor der nur dünn besiedelten Küste Kamtschatkas, und relativ tief unter dem Meeresboden.

Wie groß ist die Gefahr von Nachbeben?

Seither kam es zu Hunderten Nachbeben vor Kamtschatka. Der Geophysische Dienst der Russischen Akademie der Wissenschaften berichtete am Donnerstagmorgen (Ortszeit), es habe allein binnen 30 Minuten vier Erdbeben mit Stärken zwischen 4,4 und 6,3 gegeben, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete.

“Es wird in den kommenden Wochen und Monaten zu Nachbeben in der Region kommen, die aber sehr wahrscheinlich nicht mehr die Magnitude des Hauptbebens erreichen werden”, sagte Heidrun Kopp vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel dem Science Media Center (SMC). Generell seien Nachbeben gefährlich, da sie bereits beschädigte Infrastruktur komplett zerstören können. “Im vorliegenden Fall wären weitere Schäden vermutlich auf die Halbinsel Kamtschatka begrenzt.”

Dort brach wenige Stunden nach dem Hauptbeben auch der höchste Vulkan aus. Am Kegel des 4.750 Meter hohen Kljutschewskoj sei ein starkes Glühen zu beobachten, teilten Wissenschaftler mit. An einer Flanke laufe Lava herab, Explosionen seien zu hören. Der auch als Kljutschewskaja Sopka bekannte Berg liegt etwa 400 Kilometer nördlich der Regionalhauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski.

“Wie die Heldin eines Katastrophenfilms”

In der Stadt mit etwa 170 000 Einwohnern versetzte das Beben die Menschen in Schrecken. “Es schien, als würde das Haus gleich zusammenfallen wie ein Kartenhaus”, berichtete eine Russin dem unabhängigen Nachrichtenportal “Bereg”. Sie sei die Treppe hinab ins Freie gelaufen, auch wenn der übliche Rat laute, bei Erdbeben die Treppenhäuser zu meiden. “Ich habe erstmals in meinem Leben ein so starkes Erdbeben erlebt und habe mich sehr erschrocken.”

Eine andere Frau stieg mit ihren Nachbarn auf eine Anhöhe, um des befürchteten Tsunamis wegen vom Meer wegzukommen. “Ich kam mir vor wie die Heldin eines Katastrophenfilms, wenn Menschen mit Taschen oder Tieren im Korb irgendwohin laufen.” Viele Einwohner versuchten, die Großstadt mit ihren mehrstöckigen Plattenbauten zu verlassen. Vor Tankstellen und Geldautomaten gab es Schlangen, auf den Straßen bildeten sich Staus.

Angst vor meterhohen Wellen

In vielen Ländern war die Sorge nach dem Beben groß, dass meterhohe Tsunami-Wellen schwere Schäden entlang der Küsten am Pazifik anrichten könnten – auch in Erinnerung an die verheerenden Tsunami-Katastrophen an Weihnachten 2004 im Indischen Ozean und im März 2011 im japanischen Fukushima. Die meisten Warnungen wurden diesmal aber schon nach Stunden wieder aufgehoben oder heruntergestuft. Auch in Japan reichte die Höhe der Flutwellen kaum über einen Meter hinaus.


Hinweis: Diese Meldung ist Teil eines automatisierten Angebots der nach strengen journalistischen Regeln arbeitenden Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie wird von der AZ-Onlineredaktion nicht bearbeitet oder geprüft. Fragen und Hinweise bitte an feedback@az-muenchen.de

Back to top button