Bezirke

Nach Protesten: Starnberg investiert wieder in seinen Winterdienst – Starnberg | ABC-Z

Es war eine Posse, wie man sie sich kaum besser hätte ausdenken können: Ausgerechnet Starnberg, die Stadt der Millionäre, kann sich keinen Winterdienst leisten. Das war auf jeden Fall für einen Lacher gut – zumindest bei jenen, die nicht in Starnberg leben. Insgesamt 52 beschränkt-öffentliche Wege, so heißt das im Amtsdeutsch, hatte die Stadt im November 2024 kurzerhand sperren lassen und damit einen vielstimmigen Protestaufschrei provoziert. Die Stadt beugte sich damals dem Druck und baute die Barrieren wieder ab. Doch nun laufen die Vorbereitungen für den nächsten Winter und es sollen wieder Wege gesperrt werden – allerdings deutlich weniger.

Obwohl damals im November noch nicht einmal Schnee lag, standen die Telefone im Rathaus seinerzeit nicht mehr still, E-Mail-Postfächer quollen über, Mitarbeiter des Betriebshofs wurden wüst beschimpft. Eltern bangten um die Sicherheit ihrer schulpflichtigen Kinder, die FDP ätzte, die Stadt gebe ein peinliches und lächerliches Bild ab. Und dann landeten die Starnberger auch noch im Fernsehen beim BR-Satiremagazin „Quer“.

Der von einem breiten Bündnis aus Parteien und Wählergruppen unterstützte Starnberger Bürgermeister Patrick Janik, der sich das Ganze dereinst im Rahmen der obligatorischen Haushaltssparberatungen gemeinsam mit dem Stadtrat hatte einfallen lassen, ruderte wieder zurück. So schnell die Absperrungen aufgebaut wurden, waren sie auch wieder verschwunden. Man habe „schlicht und ergreifend einen Fehler gemacht“, sagte Janik später, man habe die Folgen falsch eingeschätzt. Einerseits wollte der Stadtrat rund 60 000 Euro sparen, andererseits aber auch nicht den Bürgern eine Räumpflicht aufbürden. Aber eine Sperrung von 52 Fuß- und Radwegen, Treppenanlagen, Trampelpfaden, Schleich- und Verbindungswegen allein aus Haftungsgründen? Offenbar keine gute Idee. Kleinlaut übernahm die Stadt noch einmal den Räumdienst bei Eis und Schnee.

Doch der nächste Winter kommt bestimmt, das weiß auch der Starnberger Stadtrat. Es musste eine haftungsrechtlich sichere Lösung her – und die liegt nun auf dem Tisch: Die Stadtverwaltung hat in den vergangenen Monaten akribisch sämtliche beschränkt-öffentlichen Wege aufgespürt, die Starnberg im Innenstadtbereich so zu bieten hat. Überraschung: Tatsächlich gibt es insgesamt nicht 52, sondern 91 innerstädtische Verbindungen, die gemäß ihrer Frequentierung in „schwach“, „mittel“ oder „stark“ eingeordnet wurden.

Nächsten Winter wird wieder geräumt in Starnberg, wenn auch nicht überall: Von den insgesamt 91 beschränkt-öffentlichen Wegen im Innenstadtbereich – hier ein Fußweg entlang des Schlossbergs – werden 18 als „schwach“ frequentierte Verbindungen gesperrt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die subjektive Einschätzung dazu hatten städtische Mitarbeiter dank profunder Ortskenntnis vorgenommen. „Wir haben uns über jeden einzelnen Weg Gedanken gemacht“, sagte eine Mitarbeiterin der Rathausverwaltung. Das komplette Bestandsverzeichnis städtischer Verbindungen sei durchforstet worden, und es tauchten dabei sogar Wege auf, die zwar gewidmet sind, real aber gar nicht mehr existieren. Zudem ist der Liste zu entnehmen, ob die Stadt nicht sogar selbst Anlieger ist und ob die jeweiligen Wege grundsätzlich geräumt, gestreut oder gesperrt werden sollten.

27 der insgesamt 91 Wege wurden als „schwach frequentiert“ eingestuft

Der städtische Haupt- und Finanzausschuss, der über alles entscheidet, was Geld kostet, nahm die Liste am Montag einhellig zur Kenntnis. Nächste Überraschung: Lediglich 27 Wege sind als „schwach frequentiert“ eingestuft und werden künftig von Anfang November bis Ende März gesperrt – auch wenn bestenfalls nur drei bis vier Wochen lang Schnee liegt. Sie werden so gekennzeichnet, „dass für jedermann erkennbar ist, dass der Winterdienst dort nicht erfolgt und die Wege nicht zu betreten sind“, heißt es in der Beschlussvorlage. Doch nur auf 18 Wegen kommen wieder die Schilder und Absperrungen aus dem Vorjahr zum Einsatz, neun sollen geräumt werden – ebenso wie alle übrigen 64 Verbindungen, die als „mittel“ oder „stark“ eingestuft wurden. Den Job erledigen entweder Mitarbeiter der Stadt oder externe Dienstleister.

Was die Stadt der Winterspaß nach wundersamer Mehrung der beschränkt-öffentlichen Wege künftig kosten wird, steht noch in den Sternen. Die Ausschreibungen hierzu laufen derzeit. Nur eines ist sicher: 60 000 Euro werden wohl nicht reichen. Und billiger wird der Winterräumdienst in Starnberg seither auch nicht geworden sein.

Back to top button