Nach ominösem Rücktritt von BSW-Frau zweifelt Insider: „Entscheidung ist in Berlin gernhaben“ | ABC-Z
Paukenschlag beim Hamburger Landesverband des Bündnis Sahra Wagenknecht BSW. Spitzenkandidatin Zaklin Nastić hat überraschend bekannt gegeben, dass sie sich aus der Politik zurückziehen will. Doch die salbungsvollen Abschiedsworte stammen offenbar gar nicht von Nastić selbst.
„Nach Jahren intensiver politischer Arbeit möchte ich mir Zeit nehmen, um mich von den Anstrengungen zu erholen und neue Kraft zu schöpfen“, wird Nastić in einer Pressemitteilung des BSW zitiert: „Ich freue mich, dass mein enger langjähriger Berater Konstantin Eulenburg bereit ist, auf dem Hamburger Listenplatz 1 zu kandidieren und damit meine politische Arbeit fortzuführen.“
Am Abend zeigte sich, dass die Pressemitteilung vom BSW-Bundesverband stammte, die Zitate aber offenbar nicht von Nastić freigegeben wurden, sondern ohne ihre Zustimmung von dem neuen Spitzenkandidaten Konstantin Graf zu Eulenburg nach Berlin geschickt worden waren.
„Der Text war inhaltlich richtig“, zitiert das Abendblatt Eulenburg: „Bei der Freigabe kam es zu einem Missverständnis. Frau Nastic wurde das nicht noch einmal vorgelegt.“ Ob Nastić überhaupt zurücktreten wollte oder Opfer einer Intrige wurde, ist unklar, eine MOPO-Anfrage ließ die Ex-Spitzenkandidatin unbeantwortet.
Ebenso unklar ist, ob Zaklin Nastić am 11. Januar beim Nominierungsparteitag im Bürgerhaus Wandsbek auftauchen und womöglich doch um ihren Spitzenplatz zur Bundestagswahl kämpfen wird.
Insider zweifeln an freiwilligem Rückzug: „Entscheidung ist in Berlin gefallen“
Dass der Rückzug so freiwillig erfolgte, wie es klingt, bezweifelten Insider schon zuvor gegenüber der MOPO. Nastić galt stets als diejenige, bei der alle Hamburger BSW-Fäden zusammenliefen, sie entschied, wer in den kleinen Zirkel aufgenommen wurde, sie war „Wagenknechts strenge Dienerin“, wie der MOPO-Kolumnist Marco Carini noch vor wenigen Wochen schrieb.
„Die Entscheidung hat nicht Zaklin getroffen, die ist in Berlin gefallen“, vermutet einer: „Denen sind die Angriffspunkte nicht geheuer, die Zaklin möglicherweise bietet.“ Im Bundesverband habe man Sorgen, dass unangenehme „Geschichten“ über die Spitzenkandidatin aufploppen könnten.
Etwa rund um die Ex-Liebesgeschichte mit Diether Dehm, Musikproduzent und früherer Bundestagsabgeordneter, die mit gegenseitigen Klagen vor Gericht endete.
Außerdem werden auch noch beide beschuldigt, gemeinsam Gelder des Bundestages veruntreut zu haben. Skandale um eine Spitzenkandidatin kann man bei der jungen Partei, die eh um den Einzug in den Bundestag zittern muss, aber gar nicht gebrauchen.
Stecken „Parteirebellen“ dahinter?
Hatten die Rebellen ihre Finger im Spiel? Dejan Lazić weist diese Darstellung zurück: „Ich bin sehr überrascht über den Rückzug von Zaklin Nastić und kann versichern, dass wir nichts damit zu tun haben.“
Zusammen mit Norbert Weber hatte Lazić ohne Absprache mit Sahra Wagenknecht einen BSW-Landes- und Bezirksverband in Hamburg gegründet – und zwar bevor der eigentliche BSW-Landesverband am 21. Dezember gegründet wurde.
Die „Rebellen“ beklagen die große Macht des Bundesverbandes und die undemokratischen Aufnahmeverfahren für Neu-Mitglieder. Am 9. Januar wurden Lazić und Weber die „Ausübung ihrer Mitgliedsrechte“ entzogen, zwei Tage vor dem Nominierungsparteitag. Gegen das Parteiausschlussverfahren wollen sie angehen, kündigt Jurist Lazić an.
Enger Vertrauter wird neuer Spitzenkandidat
Zum neuen Spitzenkandidat sollen die inzwischen knapp 30 Hamburger BSW-Mitglieder am 11. Januar nun Konstantin Graf zu Eulenburg küren, der bisher als enger Vertrauter von Zaklin Nastić galt – und auch mit ihrem Ex Dieter Dehm privat und geschäftlich gut bekannt sein soll.
Hatte Eulenburg es auf Nastićs Posten abgesehen?
Eulenburg, der schon bei Sahra Wagenknechts Bewegung „Aufstehen“ dabei war, soll es gezielt auf Nastićs Posten abgesehen haben, sagen die einen, andere trauen dem neuen Vize-Landeschef so viel Machtstreben nicht zu. Fest steht: In der Hamburger Politik ist der Fotograf bisher ein unbeschriebenes Blatt.
In der offiziellen Pressemitteilung ist von großer Harmonie die Rede („Das BSW und insbesondere der Hamburger Landesverband blicken mit großer Dankbarkeit auf Nastić‘ bisherige Erfolge“), auch Eulenburg ist in dem Schreiben voll des Lobes für die Ex-Spitzenkandidatin: „Ich bin dankbar, Żaklin an meiner Seite zu wissen und freue mich, dass sie mich bei der Arbeit für unsere gemeinsamen Ziele mit Leidenschaft, Kompetenz und großer Erfahrung unterstützen will.“
Dass die machtbewusste Zaklin Nastić das Feld ohne Gegenleistung räumt, bezweifelte ein Insider schon vor dem angeblich erschöpfungsbedingten Rückzug gegenüber der MOPO: „Ich bin sicher, der Bundesvorstand wird bald ihren neuen Posten verkünden.“