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Nach Insolvenz-Antrag: Finanzkrise von Meister Ludwigsburg: “Wir hätten intervenieren müssen” | ABC-Z

Stand: 25.07.2025 16:42 Uhr

Die Stimmungslage beim wirtschaftlich angeschlagenen Handball-Meister HB Ludwigsburg schwankt zwischen Ungewissheit und leichtem Optimismus. Wie konnte das passieren? Was macht Hoffnung?

Sie möchten ihre Ruhe haben. Die Spielerinnen von Handball-Serienmeister HB Ludwigsburg trainierten am Freitag ganz für sich in der Sporthalle im Stadtteil Pflugfelden. Medienvertreter waren nicht erwünscht. Am Dienstag wurde bekannt, dass die deutschen Handball-Meisterinnen der vergangenen vier Jahre in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten stecken. Dem Team fällt es extrem schwer, sich aufs Sportliche zu fokussieren. Es ist die letzte Trainingseinheit, ehe die Spielerinnen für eine Woche pausieren und durchschnaufen dürfen. Teil eins der Saisonvorbereitung ist absolviert. Die Pause war schon länger geplant, sie hat nichts mit der brisanten aktuellen Situation zu tun.

Noch immer wird gerätselt, wie es zu dieser wirtschaftlichen Schieflage beim erfolgreichsten deutschen Handballverein der Frauen kommen konnte. Sportlich gesehen ist die Dominanz der HB Ludwigsburg vergleichbar mit der Stellung des FC Bayern München im Profifußball der Männer. Aber Sponsoring im Frauenhandball scheint eine enorme Herausforderung zu sein.

HB Ludwigsburg wusste von Reduzierung der Sponsorengelder

Bei der HB Ludwigsburg hatte man sich bereits zu Zeiten, als das Team noch unter SG BBM Bietigheim firmierte (bis 2024), vor allem auf die üppigen Geldzuwendungen von Mäzen Eberhard Bezner, dem Seniorchef des Hauptsponsors Olymp, verlassen. Die Olymp Bezner KG, ein führender deutscher Bekleidungs-Hersteller aus Bietigheim, steuerte den Löwenanteil des Jahresetats von geschätzt drei Millionen Euro bei.

Doch im Sommer 2024 kündigte Hauptsponsor Olymp an, seine Leistungen ab der Saison 2025/26 erheblich zu reduzieren. Die HB Ludwigsburg will zu den Summen nichts sagen. Nach Informationen der Ludwigsburger Kreiszeitung aber dürften 30 bis 40 Prozent weniger Geld fließen. Mark Bezner, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, bestätigte gegenüber SWR Sport, man habe diese Entscheidung “im Juni 2024 frühzeitig mit dem Vorstand der HB Ludwigsburg abgestimmt.” Hintergrund des Entschlusses ist eine Änderung der Markenkommunikationsstrategie angesichts veränderter Rahmenbedingungen im Modemarkt. “Daher haben wir unsere Marketingaktivitäten im Bereich des Sportsponsorings reduziert.”

Was macht Sponsorensuche so schwierig?

Die HB Ludwigsburg hatte also ein Jahr Zeit, um sich auf diese veränderte wirtschaftliche Situation einzustellen. Christian Köhle, Vorstandsvorsitzender des HB Ludwigsburg e.V., zeigt sich im SWR Sport-Interview überzeugt, dass vor allem zwei Faktoren für die wenig erfolgreiche Sponsorensuche verantwortlich sind. Da sei einerseits die gesamtwirtschaftliche Lage. Ein Arbeitgeber könne aktuell seinen Mitarbeitern ein neues Sportsponsoring “nicht gut verkaufen.” Anderseits musste Köhle feststellen:

Frauensport erhält nicht die Wertschätzung, die er eigentlich verdient hat.
Christian Köhle, Vorstandschef HB Ludwigsburg e.V.

Trotzdem seien in den vergangenen Monaten immer wieder Gespräche mit neuen potenziellen Geldgebern geführt worden, die aber in einer Sackgasse endeten. Geschäftsführer Sebastian Götz, der sein Amt derzeit interimsmäßig ausübt, habe den Vorstand informiert, dass er in guten und aussichtsreichen Gesprächen mit großen Firmen sei. Obwohl auch Sponsoren dazugewonnen worden seien, “hat es sich nicht bewahrheitet, dass der Abschluss so war, wie er hätte sein sollen. Das trifft uns jetzt hart“, sagt Köhle.

Vorstandschef Köhle: “Wir hätten vielleicht mehr intervenieren müssen”

Olymp-Gesellschafter Marc Bezner findet es “äußerst bedauerlich, dass es dem Verein (…) im Verlauf der vergangenen Monate nicht gelungen ist, etwaige Möglichkeiten zur Kompensation auszuloten oder neue Sponsoren zu gewinnen.” Und dann folgt ein Satz, den man als kleine Spitze gegen die Verantwortlichen der HB Ludwigsburg interpretieren kann. “Die erforderliche Vorlaufzeit war gegeben, um sich auf die bevorstehende Situation einzustellen und entsprechende Maßnahmen rechtzeitig zu ergreifen.” Vorstandschef Köhle ist heute schlauer: “Wir hätten vielleicht mehr intervenieren müssen”, gibt er angesichts der wenig erfolgreichen Sponsorensuche durch den Geschäftsführer zu. “Es bleibt ein kleines Geschmäckle.”

Auch Matthias Knecht, Oberbürgermeister der Stadt Ludwigsburg, ist über die Situation beim Handball-Bundesligisten nicht erfreut. “Für uns als Stadt ist das natürlich eine bittere Entwicklung”, sagt er im SWR-Interview. Die HB Ludwigsburg sei ein Aushängeschild der Stadt. Persönlich sei er enttäuscht. “Du fluchst auch schon mal, weil du dachtest, das sei eine langfristige Geschichte. Es ist bitter – auch für die Spielerinnen, die sich toll integriert haben.” Knecht fügt hinzu:

Diese Spielerinnen vielleicht an andere Städte Europas zu verlieren, das schmerzt sehr.
Matthias Knecht, Oberbürgermeister Ludwigsburg

Auf die größtenteils erfolglose Sponsoren-Akquise im vergangenen Jahr will er nicht näher eingehen. Nur so viel: “Für uns war es beim Umzug von Bietigheim nach Ludwigsburg klar, dass wir noch für eine gewisse Zeit die Unterstützung von Familie Bezner und von den bestehenden Sponsoren benötigen. Wir können in Ludwigsburg nicht von Null auf 100 neue Sponsoren finden. Jetzt ist das Problem entstanden, weil keine neuen Sponsoren nachgezogen haben.”

Der Vereinschef gibt sich kämpferisch

Dringend müssen neue Geldmittel her. Auf der Plattform Gofundme hat ein Handball-Fan das Crowdfunding-Projekt “Rettet die HB Ludwigsburg Damen” ins Leben gerufen. 200 000 EURO lautet das Spendenziel. Nach zwei Tagen wurden bisher knapp 1500 Euro (Stand: 25.07.) eingesammelt.

Um weitere Finanzmittel zu generieren, will Köhle mit seinem Team u.a. “mit offenem Visier” auf die Bestandssponsoren zugehen. “Wir haben gute Gespräche”, gibt er sich kämpferisch. Man wolle das Projekt retten. Man werde nicht zulassen, dass das Team auseinanderfalle und die Spielerinnen baldmöglichst das Weite suchen. “Wir haben bei ihnen ein gutes Gefühl, dass sie uns sehr loyal gegenüberstehen.” Das große Ziel sei, keinen personellen Aderlass zu haben.

Ludwigsburgs OB Knecht klingt da zurückhaltender: “Ich bin ein bisschen pessimistischer, als ich es vor zwei oder drei Wochen war. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.” HB Ludwigsburg-Vorstandschef Köhle glaubt dagegen fest daran, “dass wir in München mit dem Supercup dieses Jahr unseren ersten Titel holen und erfolgreich in die Saison starten werden.”

Spielerinnen, Trainerstab, Fans, Sponsoren und Stadt – sie alle würden diesen Worten gerne glauben.

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