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Nach ihrer Kritik an Richterkandidatin: Plagiatsvorwürfe gegen Die Schwarzen-Abgeordnete Saskia Ludwig | ABC-Z

Berlin taz | Es begann als AfD-Kampagne gegen das drohende Verbot, mündete schnell in antifeministischen Kulturkampf bis weit in die CDU gegen Abtreibungen und zog das Bundesverfassungsgericht in erhebliche Mitleidenschaft: Die Hetzkampagne gegen die von der SPD vorgeschlagene Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf, hat erhebliche Schäden hinterlassen und ist noch nicht ausgestanden.

Eine der Haupttreiberinnen der Kampagne in der CDU ist die brandenburgische Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig. Sie flirtet nicht nur gern und häufig mit der AfD, sondern hatte auch in letzter Minute vor der verschobenen Wahl recht dünne Plagiatsvorwürfe gegen die Rechtsprofessorin Brosius-Gersdorf breitgetreten. Sie war eine derjenigen, die dafür sorgte, dass die eigentlich schon in der Koalition vereinbarte Richterwahl in letzter Minute verschoben wurde.

Ironie des Schicksals: Nun gibt es gegen CDU-Rechtsauslegerin selbst Saskia Ludwig Plagiatsvorwürfe. Die Universität Potsdam sieht einen „hinreichenden Anfangsverdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten“ bei ihrer Doktorarbeit, etwa für „nicht korrektes Zitieren“. Das bestätigte eine Sprecherin der Uni auch der taz. Ein mehrstufiges Prüfverfahren sei eingeleitet. Ludwig werde auch die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. „Sollte sich der Verdacht in der ersten Stufe des Verfahrens (Vorprüfung) erhärten, wird das Verfahren an die zuständige Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens (WFK) übergeben“, heißt es. Die Überprüfung werde wohl einige Monate in Anspruch nehmen.

Der Plagiatsexperte Jochen Zenthöfer hatte bei der Prüfung von Ludwigs Doktorarbeit zahlreiche Textübernahmen festgestellt, die nicht gekennzeichnet waren. Die Rede war von 86 nicht gekennzeichneten Stellen allein auf den ersten 113 Seiten. Zuerst hatte die FAZ darüber berichtet, der Plagiatsjäger hatte die Arbeit auf eigene Initiative hin überprüft.

AfD-U-Boot in der CDU-Fraktion

Die Arbeit von 2007 mit dem Titel „Die Aufgabenauslagerung in Landesbetriebe im Bundesland Brandenburg und anderen ausgewählten Bundesländern“ hat insgesamt 460 Seiten. Ludwig hatte die Presseanfrage der FAZ zu ihrer Doktorarbeit vor Veröffentlichung des Artikels auf X gepostet – maximal konfrontativ und mit der Aufforderung an ihre Followerschaft, sich an die Zeitung zu wenden. Jeder könne sich selbst ein Bild von ihrer Dissertation machen, schrieb Ludwig und verlinkte ihre Arbeit. Nun – das hat die Uni Potsdam jetzt auch getan, allerdings nicht zum Vorteil von Ludwig.

Die Plagiatsvorwürfe gegen die ebenfalls an der Uni Potsdam beschäftigte Juristin Brosius-Gersdorf hatten sich unterdessen weitgehend zerstäubt: Ein Kurzgutachten entlastete die Kandidatin fürs Verfassungsgericht von Vorwürfen. Die Uni Hamburg prüft die Vorwürfe derzeit dennoch, was laut Sprecher Alexander Lemonakis aber „noch nichts über die Qualität, Plausibilität, Bedeutung oder Richtigkeit dieser Hinweise“ aussage. Laut Uni Potsdam haben die Prüfungen keine Auswirkungen auf das Beschäftigungsverhältnis von Brosius-Gersdorf. Gegen die Rechtswissenschaftlerin hatte der eher halbseidene Plagiatsjäger Stefan Weber mobil gemacht, der sich auch mal vom rechtsradikalen Populismusportal Nius bezahlen lässt für Vorwürfe, die bei genauerem Hinsehen nicht haltbar sind.

Saskia Ludwig ätzt trotz allem unverdrossen weiter gegen Brosius-Gersdorf und forderte sogar die Abberufung der Rechtsprofessorin von ihrem Lehrstuhl – ebenfalls in Potsdam. Zu den Plagiatsvorwürfen gegen ihre eigene Dissertation sagte sie auf taz-Anfrage bislang nichts.

Ludwig gilt schon seit Jahren als CDU-Rechtsaußen. Schon im Jahr 2011 gab sie der rechtsradikalen Zeitungen wie der Jungen Freiheit und der Preußischen Allgemeinen Zeitung Interviews und schickte 2012 ein Grußwort an das mittlerweile als rechtsextrem eingestufte und umbenannte „Institut für Staatspolitik“ des rechtsextremen Ideologen Götz Kubitschek. Die Nähe zu Rechtsaußenkreisen hörte auch trotz der Radikalisierung der AfD nicht auf – so gab sie 2017 mit Alexander Gauland wiederum der Jungen Freiheit ein Doppelinterview. Zuletzt im Januar sprach sich Ludwig sogar für eine Koalition zwischen CDU und AfD aus – obwohl diese längst völkisch-nationalistisch dominiert ist und niemand in der extrem rechten Partei noch offen Leuten wie Björn Höcke widerspricht.

Innerhalb der CDU weitgehend isoliert

Innerhalb der CDU-Fraktion gilt sie als weitgehend isoliert. Auf der mittlerweile nach rechts gekippten Plattform X genießt sie allerdings Reichweite – auch über die eigenen Parteigrenzen hinaus.

Die aus der AfD ausgetretene Ex-Bundestagsabgeordnete Joana Cotar hatte auf X während der Hetzkampagne gegen Brosius-Gersdorf die CDU-Abgeordnete Ludwig direkt angeschrieben: „Bitte verhindern Sie das“, forderte Cotar. Ludwig antwortete nach Absetzung der Wahl, direkt darunter: „Erledigt.“ Gut möglich, dass sich im Zuge der Affäre erstmal ihr eigener Doktortitel erledigt hat.

Um die Wahl von Brosius-Gersdorf wird unterdessen noch in der Koalition gerungen – die SPD hält an ihrem zunächst auch von der Union mitgetragenen Vorschlag fest. In der CDU ist man diesbezüglich gespalten. Über die Richterwahl soll nach der parlamentarischen Sommerpause entschieden werden.

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