Myron Boadu: Der Hattrickschütze gegen Leipzig – Sport | ABC-Z
In Monaco an der Côte d’Azur ist der Fußballer Myron Boadu nicht glücklich geworden. In Bochum im Ruhrpott hingegen hat er am Samstag mit drei Toren die Menschen verzaubert. Braucht es noch mehr, um zu erkennen, dass Glück nichts mit äußeren Umständen zu tun hat und dass man dafür selbst verantwortlich ist?
„Es ist lange her, dass Fans meinen Namen gesungen haben“, sagte der Niederländer leicht melancholisch auf Englisch nach dem Spiel im Ruhrstadion. Kurz zuvor war dem 24 Jahre alten Mittelstürmer binnen 13 Minuten ein Hattrick gelungen. Dadurch glich das Bundesliga-Schlusslicht VfL Bochum gegen den Champions-League-Teilnehmer RB Leipzig zwischen der 48. und der 61. Minute einen 0:3-Pausenrückstand zu einem 3:3 aus. Im Abstiegskampf bedeutete dieses Unentschieden einen unerwarteten Punktgewinn.
Gerade mal eine Woche zuvor war Boadu in einer Pressekonferenz vom Bochumer Trainer Dieter Hecking noch öffentlich kritisiert worden. So etwas machen Trainer, wenn sie das Gefühl haben, einen Spieler sonst gar nicht mehr zu erreichen. „Mir fehlt was bei Myron“, hatte Hecking, 60, gesagt. „Er muss über seinen Schatten springen, er muss endlich aus den Puschen kommen und mehr anbieten – und wenn er das nicht versteht, wird er es bei mir schwer haben.“
Bochum verlor 0:2 in Mainz, Boadu wurde nur eingewechselt. Bochum gewann 1:0 gegen St. Pauli, Boadu schmorte durchgängig auf der Bank. Am Samstag gegen Leipzig aber durfte der gebürtige Amsterdamer von Beginn an ran, und nach seinen Toren zum sensationellen Remis sagte er: „Ich war frustriert in den letzten Wochen, der Trainer und ich, wir waren beide wütend – aber er ist ein ehrlicher Typ, und nach dieser Pressekonferenz, da wollte ich es ihm zeigen.“
In Bochum war Boadu verletzt und Ersatzspieler. Es lief nicht gut
Es ist dreieinhalb Jahre her, dass der französische Erstligist AS Monaco für Boadu 17 Millionen Euro Ablöse an AZ Alkmaar überwiesen hat. Unter dem Trainer Niko Kovac wurde Boadu damals Sturmpartner des deutschen Angreifers Kevin Volland, Anspielstation für den französischen Mittelfeldspieler Aurélien Tchouaméni und Teamkollege des deutschen Torwarts Alexander Nübel. Boadu galt als eine der heißesten Aktien des niederländischen Fußballs, doch er konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Anfang 2024 wurde er an Twente Enschede verliehen und im vergangenen Sommer an den VfL Bochum.
Als Ersatzspieler beim abgeschlagenen Bundesliga-Tabellenletzten im Ruhrgebiet und im Herbst dann auch noch wochenlang außer Gefecht gesetzt von einer hartnäckigen Schambeinentzündung, war Boadu im Winter auf dem Tiefpunkt seiner einst verheißungsvollen Karriere angekommen. „Diese Zeit war nicht leicht für mich“, sagte er am Samstag.
Bochum war zunächst im Begriff gewesen, von den Leipzigern selbst ohne deren gelb-rot gesperrte Stürmer Loïs Openda und Benjamin Sesko gedemütigt zu werden. Willi Orban (10.), Antonio Nusa (13.) und Christoph Baumgartner (21.) hatten Leipzig früh mit 3:0 in Führung gebracht, Bochums Hauch einer Hoffnung aus dem vorangegangenen Sieg gegen St. Pauli schien bereits wieder verflogen zu sein – da zeigte Boadu den Menschen im Ruhrpott, an der Côte d’Azur und in der ganzen Fußballwelt, dass er noch da ist.
:„Schmierentheater ist Tür und Tor geöffnet“
Nachdem der DFB dem VfL Bochum wegen des Feuerzeugwurfs von Köpenick drei Punkte zuerkannt hat, protestiert Union Berlin scharf. Präsident Zingler spricht von einem „unsportlichen Skandal“, auch bei den Abstiegskonkurrenten herrscht Unverständnis.
Acht Punkte haben die Bochumer aus den vergangenen fünf Spielen geholt, und das 1:1 bei Union Berlin wird vielleicht noch mit 2:0 für den VfL gewertet wegen eines Feuerzeugwurfs. Diese Ergebnisse und die emotionale Aufholjagd gegen Leipzig sind das, was Hecking zuletzt als „Abstiegskampfeuphorie“ ausgerufen hatte. „Wir haben das Stadion angezündet“, schwelgte er am Samstag über den Gefühlsausbruch des Publikums. Was die Tabellensituation angeht, klingt der Trainer aber weiterhin verhalten. „Das Licht am Ende des Tunnels ist jetzt zumindest schon mal eine flackernde Kerze“, lautete kürzlich sein Zwischenfazit.
Mit nun 427 Bundesligaspielen hat der aktuell erfahrenste Bundesligatrainer nicht nur der Mannschaft, sondern nun auch dem zuletzt verzweifelten Boadu wieder Leben eingehaucht. „Letzte Woche Sonntag hatten wir ein sehr gutes Gespräch“, berichtete Hecking, „da haben wir uns mal Zeit genommen, das hat uns beiden geholfen, den anderen besser zu verstehen.“ Noch am Mittwochabend kurz nach dem Sieg gegen St. Pauli habe er dem nicht zum Einsatz gekommenen Boadu gesagt: „Brauchst gar nicht sauer sein, Samstag gegen Leipzig wirst du abliefern!“ Vier Tage später verkündete Hecking am Samstag prägnant: „Hat er gemacht!“