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Mehr Bäume, mehr Bäche: So will München mit dem Klimawandel fertig werden | ABC-Z

München – Schauen Sie mal aus dem Fenster. Sehen Sie da mindestens drei Bäume? Nein? Alles bloß grau? Das soll sich ändern. Klimareferentin Christine Kugler (parteilos) schlägt dem Stadtrat neue Ziele und Strategien vor, damit München dem Klimawandel standhält. „Klimaresilientes München 2050“ heißt dieses Papier. Am Dienstag soll der Stadtrat im Ausschuss über die Vision entscheiden. Bis 2050 soll sie umgesetzt werden.

Mehr Bäume in der ganzen Stadt sind ein großes Ziel dieser Vision. 2050 sollen die Münchner nicht nur von ihrem Wohnort aus auf mindestens drei Bäume blicken können – und zwar egal, in welchem Viertel sie leben. Sie sollen auch von zu Hause aus bloß 300 Meter zur nächsten Grünfläche laufen müssen.

Dafür soll die Stadt kleinere sogenannte „Piko-Parks“ schaffen. Das sind etwa 300 bis 500 Quadratmeter große Grünflächen, die Wohnungsunternehmen mit den Mietern anlegen. Blühende Pflanzen sollen dort wachsen und es soll dort Wasserstellen geben.

Gegen den Klimawandel in München: 30 Prozent der Stadt soll von Bäumen Schatten bekommen 

Insgesamt sollen 30 Prozent der Stadt Schatten durch einen Baum bekommen. Im Behördendeutsch der Beschlussvorlage ist von einem „Baum-Überschirmungsgrad“ die Rede. 1,5 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegt er laut Klimareferat bei 25 Prozent.

Doch auch die Klimareferentin weiß: In der Innenstadt, wo im Untergrund U-Bahnschächte und Stromleitungen verlaufen, ist es gar nicht so einfach, Bäume zu pflanzen, deren Wurzeln viel Platz brauchen. Gleichzeitig ist es in der Altstadt im Sommer besonders heiß. Sie schlägt deshalb vor, im Zentrum mehr Pflanztröge aufzustellen.

Nicht nur für Bäume macht Klimareferentin Kugler Vorschläge. Sie will auch ausgewählte unterirdische Stadtbäche nach oben holen und für die Öffentlichkeit zur Abkühlung zugänglich machen. Im 19. Jahrhundert hatte München den Spitznamen „Klein-Venedig“, weil sich ein Netz von mehr als 50 Bächen durch die Altstadt zog. Heute sind diese Bäche unter Häusern und Straßen verborgen.

Auch für das Tal gibt es schon seit Längerem Ideen für eine Aufhübschung samt Bach.
Auch für das Tal gibt es schon seit Längerem Ideen für eine Aufhübschung samt Bach.
© Grafikbüro Formstadt
Auch für das Tal gibt es schon seit Längerem Ideen für eine Aufhübschung samt Bach.

von Grafikbüro Formstadt

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Darüber, wann konkret welcher Stadtbach geöffnet wird oder wo genau wie viele Bäume gepflanzt werden und wie viel das alles kostet, macht die Klimareferentin in ihrer Vorlage keine Angaben. „Es ist eine langfristige Strategie, eine Zielvorgabe“, sagt Grünen-Chefin Mona Fuchs. Und die sei aus ihrer Sicht notwendig, weil der Klimawandel die Stadt verändert.

Das ist schon jetzt zu spüren: 2023 war mit einer Durchschnittstemperatur von 11,6 Grad in München das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, lässt sich in der Beschlussvorlage nachlesen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Bäume Städte an heißen Tagen wie Klimaanlagen kühlen. Für Mona Fuchs ist deshalb das Ziel, dass 30 Prozent der Stadt von Bäumen verschattet werden, besonders wichtig.

Warum SPD und Grüne die Vision wichtig finden 

„Wir brauchen solche Ziele, damit wir eine Vision für die Stadt haben, wie sie auch für die Generationen nach uns so wunderbar lebenswert bleibt“, sagt Julia Schmitt-Thiel, die sich bei der SPD um Klimapolitik kümmert.

Mona Fuchs und Julia Schmitt-Thiel erklären beide, dass es auch darum geht, wie neue Stadtviertel in Zukunft geplant werden – mit genug Grün auf den Straßen, mit genug Schatten und Flächen, wo Wasser versickern kann. Klimareferentin Kugler fordert nämlich, dass sich Bauleitpläne an die Ziele halten müssen. Sie will auch mehr grüne Fassaden und Dächer.

CSU: Kein Freischein für Bäume auf allen Parkplätzen

Das sieht Sebastian Schall von der CSU kritisch: „Eigentlich wollten wir die Prozesse vereinfachen, damit schneller gebaut werden kann.“ So entstehe eher mehr Bürokratie und weniger Wohnungsbau. Auch bei den vielen Baumpflanzungen ist Sebastian Schall eher skeptisch. „Natürlich wollen wir auch Bäume. Aber einen Freischein, dass auf jedem Parkplatz ein Baum gepflanzt werden darf, werden wir nicht erteilen.“

Doch komplett ablehnen will der CSUler die Beschlussvorlage nicht. Denn besonders, dass die Stadtbäche freigelegt werden sollen, gefällt ihm. Die CSU habe dazu viele Anträge gestellt. Zum Beispiel gibt es schon lange Überlegungen, den Stadtbach in der Herzog-Wilhelm-Straße an die Oberfläche zu holen. Bloß die Straße aufgraben, reicht dort allerdings nicht. Denn das Wasser fließt vier Meter tief unter der Erde. Es müsste mit Pumpen an die Oberfläche geholt werden. „Das kostet viel Geld und Energie“, sagt Fuchs. Schwierig, findet sie, in diesen Zeiten, in denen das Geld knapper wird.

Auch für die SPDlerin Julia Schmitt-Thiel hat der Bach in der Herzog-Wilhelm-Straße nicht die höchste Priorität. Sie fordert, dass die Stadt lieber da anfangen muss, wo es leichter geht und wo eh schon ein Umbau geplant ist – etwa beim Garchinger Mühlbach, der durch Freimann fließt.

Dass die Stadt alle Ziele zur Klimaanpassung bis 2050 erreicht, hält der CSUler Sebastian Schall für extrem schwierig. Denn schließlich schafft sie an anderer Stelle ihre Klimaziele auch nicht. Vorgenommen hatte sich München, bis 2035 klimaneutral zu werden. Das verschiebt sich wohl um Jahre nach hinten. „Ich bin kein Freund davon, immer neue Luftschlösser zu zeichnen, die man doch nicht erreichen kann“, sagt er. „Heißt das im Umkehrschluss, dass wir uns gar keine Ziele mehr setzen sollen?“, fragt Mona Fuchs. Aus ihrer Sicht wäre das falsch: „Ziele sind doch auch Treiber.“

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