Kultur

Musikfasten für die Vorfreude | Abendzeitung München | ABC-Z

Die Philharmoniker haben bereits erste Konzerte hinter sich, der Bayerische Rundfunk seinen ARD-Wettbewerb ebenfalls. So richtig beginnt die Saison erst nach dem Oktoberfest – einschließlich einer Gnadenfrist zum Auskurieren der Wiesngrippe. Zum Beginn des Oktoberfests werfen wir daher einen Blick auf die Zeit nach dem Münchner Großereignis.

AZ: Herr Schessl, warum veranstalten Sie während der Wiesn keine Konzerte? Mancher Münchner wäre doch für eine Alternative zu dem Trubel dankbar.

ANDREAS SCHESSL: In der Wiesn-Zeit sind Hotelzimmer sehr teuer. Wenn Sie ein Orchester nach München bringen wollen, finden Sie bis Ingolstadt kein bezahlbares Zimmer. Das ist ein praktischer Grund. Außerdem ist Ende September nicht nur Wiesnzeit. Der Herbst ist Wanderzeit, viele Münchner sind noch im Urlaub. Und erst danach konzentrieren sich die Menschen wieder auf Kultur. Außerdem liegt das Ferienende noch nicht lange zurück. Der Vorverkauf braucht aber einen gewissen Vorlauf. Auch das ist ein Grund, weshalb wir eher spät mit der Saison beginnen.

Die Isarphilharmonie. Der Bau dient als Interimsspielstätte während der mehrjährigen Sanierung des Gasteig.
© picture alliance/dpa
Die Isarphilharmonie. Der Bau dient als Interimsspielstätte während der mehrjährigen Sanierung des Gasteig.

von picture alliance/dpa

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Bedauern Sie das?

Ich finde es nicht schlecht, dass es eine Pause gibt – die wegen der Sommerfestivals ohnehin kurz ist. Auch ich selbst versuche, in dieser Zeit eher wenig Musik zu hören. Das macht mich dann wieder neugierig auf das, was kommt. Ich besuche sicher 120 Konzerte im Jahr, und da muss ich aufpassen, mir die Freude zu bewahren.

Andrea Ciccalese tritt in der Reihe “Spot On” auf.
© Grenda Photography
Andrea Ciccalese tritt in der Reihe “Spot On” auf.

von Grenda Photography

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Gäbe es überhaupt Künstler, die im September in München gastieren würden?

Am Beginn des Monats sind oft noch Orchester unterwegs, die beim Lucerne Festival und anderswo gastieren. Das ist aber für München zu früh – die ersten beiden Septemberwochen sind in der Stadt schulferienbedingt noch Urlaubszeit.

Mögen Sie als Münchner die Wiesn überhaupt?

Das Oktoberfest ist schon etwas Besonderes. Im Ausland wird man ständig darauf angesprochen – neben dem FC Bayern. Das hat schon was. Gerne mag ich die Oide Wiesn. Außerdem habe ich auch einen persönlichen Bezug: Einer meiner Großväter hat viel Volksmusik komponiert und Blaskapellen geleitet, der andere war als Hotelier mit dem Wirt der Ochsenbraterei befreundet. Und die riesige Küche dort und die Idee, einen ganzen Ochsen zu braten, faszinieren mich bis heute.

Wie oft gehen Sie trotzdem auf das Oktoberfest?

Ich bin kein großer Wiesn-Gänger. Eher jedes zweite Jahr. Mir ist es einfach zu laut. Und wenn man – wie ich – keinen Alkohol trinkt, erreicht man den Grad der Enthemmung eher schwer, mit dem sich der ganze Trubel wegstecken lässt.

Nepomuk Schessl, Produzent der Austellung, in der multimedialen Ausstellung “Monets Garten”.
© picture alliance/dpa
Nepomuk Schessl, Produzent der Austellung, in der multimedialen Ausstellung “Monets Garten”.

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Spüren Sie als Konzertveranstalter noch Nachwirkungen der Corona-Zeit?

Ein Teil der Älteren ist verloren gegangen. Das ist deshalb bedauerlich, weil dieses Publikum meistens sehr kenntnisreich war. Aber alles ist im Wandel: Wir haben in dieser Zeit des Stillstands begonnen, die immersiven Ausstellungen zu entwickeln, mit denen wir heute sehr erfolgreich sind. Unsere Ausstellung “Monets Garten”, die in München so erfolgreich war, reist gerade weiter durch Europa.

Was kommt auf diesem Gebiet Neues nach München?

Neu entwickeln wir eine Ausstellung über Vermeer, den Meister des Lichts, die zuerst in Stuttgart gezeigt wird. In München wird eine Ausstellung über den ägyptischen Pharao Tutanchamun zu sehen sein, die in Hamburg bereits fantastische 200.000 Menschen besucht haben. Wir wollen damit generell nicht die Begegnung mit Originalen ersetzen, sondern Information, Erleben und Unterhaltung bieten.

Alan Gilbert eröffnet mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester die Saison von Münchenmusik.
© picture alliance/dpa/NDR/Peter Hundert
Alan Gilbert eröffnet mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester die Saison von Münchenmusik.

von picture alliance/dpa/NDR/Peter Hundert

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Was sind Ihre ersten Konzerte im Herbst?

Wir beginnen mit einem Gastspiel des NDR Elbphilharmonie Orchesters unter Alan Gilbert am 20. Oktober. Solist im dritten Rachmaninow-Konzert ist der Pianist Yefim Bronfman. Besonders freue mich auf unsere Spot-On-Reihe, in der viele junge Künstler auftreten. Konzerte zu veranstalten, ist auch die Organisation eines Generationenvertrags: Bekannte Künstler – die vor 20, 30 Jahren Nachwuchs waren – tragen das Programm, aber junge Künstler mit starker Ausstrahlung wie der Pianist Alexander Malofeev spielen ebenfalls eine zentrale Rolle.

Gibt es auch bei Orchestern Nachwuchs in dem Sinn?

Durchaus: etwa das Aurora Orchestra oder das Neojiba Orchestra aus Brasilien – ein Jugendorchester. Außerdem freue ich mich auf das Simón Bolívar Symphony Orchestra of Venezuela unter Gustavo Dudamel. Und natürlich auch auf das West Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim, dessen nahöstliche Friedensbotschaft ich aktuell besonders wichtig finde.

Daniel Barenboim dirigiert das West Eastern Divan Orchestra.
© Manuel Vaca
Daniel Barenboim dirigiert das West Eastern Divan Orchestra.

von Manuel Vaca

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Hat dieses Orchester auch ohne seinen mittlerweile 81-jährigen Gründer eine Zukunft?

Barenboim ist eine lebende Legende. Musikalisch auf jeden Fall. Aber das Orchester hat sich institutionalisiert, über die Idee hinaus: Es gibt beispielsweise eine Akademie, und deshalb bin ich guter Hoffnung, dass auch die nächste Generation dieses Orchester tragen wird.

Der kanadische Pianist Jan Lisiecki spielt einen Beethoven-Zyklus.
© picture alliance / dpa
Der kanadische Pianist Jan Lisiecki spielt einen Beethoven-Zyklus.

von picture alliance / dpa

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Außerdem veranstalten Sie wieder einen Beethoven-Zyklus.

Jan Lisiecki wird die fünf Klavierkonzerte und das Tripelkonzert spielen. Er ist mit 17 zum ersten Mal bei uns aufgetreten. Und ich finde den Vergleich zwischen dem Altmeister Rudolf Buchbinder in der vergangenen Saison und diesem jungen Künstler spannend – auch für Rezensenten, die bisweilen über ein Zuviel an Beethoven-Klavierkonzerten klagen.

Wir reden hier viel über Musik, trotzdem habe ich den Eindruck, dass sich der Klassikbetrieb in München manchmal mehr für Immobilien interessiert.

Mit dem Kabinettsbeschluss zur Redimensionierung hat sich der Freistaat dazu bekannt, im Werksviertel einen Konzertsaal zu bauen. Das sollte man anerkennen. Außerdem denke ich, dass Markus Blume, der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, einen echten Willen hat, das Projekt durchzuziehen. Deshalb warne ich davor, das Projekt zu zerreden. Mein einziger Wunsch wäre, dass der Zeitplan eingehalten wird und der Bau 2032 oder 2033, und nicht erst 2036, steht.

Das Prinzregententheater ist auch ein sehr beliebter Konzertsaal mit guter Akustik für kleinere Besetzungen.
© picture alliance/dpa
Das Prinzregententheater ist auch ein sehr beliebter Konzertsaal mit guter Akustik für kleinere Besetzungen.

von picture alliance/dpa

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Bevor der neue Saal fertig wird, könnte wegen der Sanierung des Residenztheaters das Prinzregententheater als Konzertsaal wegfallen.

Für uns und die ganze Münchner Konzertlandschaft ist das Prinzregententheater von essenzieller Bedeutung. Aber ich habe den Eindruck, dass sich Markus Blume ernsthaft bemüht, hier alle Interessen unter einen Hut zu bekommen.

Infos zu den von Andreas Schessl veranstalteten Konzerten unter muenchenmusik.de. Die Saison startet am 20. Oktober mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester

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