Münchner Mieter wehren sich gegen Baumfällungen: Guerilla-Frühstück im Hinterhof | ABC-Z

Als Karl Ströhl Montagfrüh um halb 8 aus seinem Fenster an der Lindenschmitstraße 25 schaut, im Hinterhof den Baumfälltrupp sieht und die ausgepackte Kettensäge – da geht alles ganz schnell. In Windeseile rotten sich die Hausbewohner aus den vier Stockwerken zusammen. Man stellt draußen einen Tapeziertisch und Stühle auf. „Ich hab eine Kanne Kaffee gemacht, ein Nachbar hat Brezn geholt“, erzählt der 78-Jährige. „Und dann haben zusammen unter den Bäumen gefrühstückt.“
Ein Guerilla-Frühstück war das, zur Rettung der fünf teils sehr alten Bäume, die auf der 400 Quadratmeter großen Hinterhofgrünfläche stehen – zwei Winterlinden, ein Spitzahorn, eine Esche und ein Holunder. „Die große Linde ist 100 Jahre alt“, sagt Ströhl, „das geht überhaupt nicht, dass unsere Bäume gefällt werden.“

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Luxus-Stadthäuser im Hinterhof
Es ist nämlich so: Das Sendlinger Mietshaus, ein denkmalgeschützter Altbau von 1912 (von Heilmann & Littmann, die auch das Hofbräuhaus gebaut haben), war Jahrzehnte in Familienbesitz. Bis es 2019 die Münchner Palermo Estate 01 GmbH gekauft hat, für rund 7,6 Millionen Euro, heißt es. Geschäftsführer ist Robert Mayer-Uellner. Nicht nur, dass der neue Eigentümer einige alte Mietparteien vergrault, das Dach ausgebaut und die geleerten Wohnungen so saniert hat, dass die neuen Mieter jetzt doppelt so viel zahlen. Jetzt folgt Plan zwei, „und der“, sagt Ströhl, „ist für uns fast schlimmer.“
Der neue Eigentümer will den Hinterhof nachverdichten und drei fünfstöckige Stadthäuser in Reihenhausform bauen, fast so hoch wie das Vorderhaus. Die Baugenehmigung hat er seit März. Für die Baumfällung sogar eine Sondergenehmigung – eigentlich gilt zum Schutz brütender Vögel eine Fällsperre bis 30. September.

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“Wir sind entsetzt.”
Eine Fehlentscheidung, „fahrlässig im Jahr 2025“, findet Florentine Schiemenz (ÖDP), die Baumschutzbeauftragte im Sendlinger Bezirksausschuss (BA) – der hatte das Bauvorhaben einstimmig abgelehnt. „Die Stadt wird immer heißer, wir brauchen jedes Grün, jeden Baum“, sagt sie, „hier darf nicht Baurecht das Baumrecht brechen.“

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Am Montag jedenfalls zog der Baumfälltrupp wieder ab. Über den Köpfen von Menschen kann man keine Äste absägen. Tags drauf frühstückte die Hausgemeinschaft wieder dort. Worauf der Eigentümer den Zugang zum Hof untersagte.

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Die Nachbarschaft hat längst die Lokalpolitik rebellisch gemacht. Auch die Sendlinger SPD war vor Ort. „Wir sind entsetzt, was hier offenbar genehmigt wurde“, teilt sie mit, die Bäume zu fällen, sei „ökologisch ein Desaster“. Auch die Stadtrats-ÖDP mischt sich ein, mit einem Fragenkatalog an die Stadtbaurätin.
Seit zwei Wochen läuft auch eine Petition (lin25.de). Über 2100 Unterstützer haben unterschrieben, dass OB Dieter Reiter (SPD) „die Baumaßnahme stoppen“ soll.
Es scheint nun, es bewegt sich was: Am Dienstag, erzählen Mieter, habe sich jemand von der Naturschutzbehörde die Bäume angeschaut. Ob’s hilft? Und wie lange? Man darf gespannt sein.