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München: Im Endspurt um Olympia schaltet sich selbst Bundestrainer Nagelsmann ein – München | ABC-Z

Diese Woche läuft der Wahlkampf der Gegner und Befürworter von Olympischen Spielen in München noch einmal heiß. Der Oberbürgermeister will mit einem offenen Brief noch schnell ein Problem der Bewerbung abräumen, eine Podiumsdebatte und Werbeveranstaltung jagt die andere, die sozialen Netzwerke sind voller Posts dazu und die Stadt ist mit Plakaten der Kritiker und Unterstützer ordentlich zugepflastert. Noch bis Sonntag können die Münchner Bürgerinnen und Bürger darüber abstimmen, ob sich die Stadt um die Austragung Olympischer und Paralympischer Sommerspiele in den Jahren 2036, 2040 oder 2044 bewirbt.

Per Briefwahl läuft der Bürgerentscheid schon seit Wochen, am Sonntag können die Münchner dann auch in den Wahllokalen ihre Stimme abgeben. Im Schlussspurt versuchen die Kontrahenten noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren. OlympJa, NOlympia oder gar, wie es die ÖDP formuliert, NÖlympia? Ja zu den Olympischen Spielen, oder bloß nicht?

Bundesweit hat München als Olympia-Austragungsort große Akzeptanz. In einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa sprach sich eine Mehrheit von 48 Prozent für eine deutsche Bewerbung aus, 32 Prozent waren dagegen und 21 Prozent unentschieden. Die meisten Befragten favorisierten München als nationalen Kandidaten (21 Prozent), gefolgt von Rhein-Ruhr (19), Berlin (13) und Hamburg (12).

Ein massives Problem der Bewerbung versuchte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) noch am Dienstag kurz vor der Wahl zu lösen. Denn die Mitglieder des Breitensportvereins FC Teutonia mochten sich bisher so gar nicht über die Bewerbung freuen, weil die städtischen Planer ihr Gelände am Olympiapark einfach für Sportstätten der Sommerspiele kaperten. Die Zukunft des Sportvereins hing plötzlich in der Luft. Dass eine solche rigorose Vorgehensweise nicht gerade Stimmung für Olympia macht, hat nun offenbar den Oberbürgermeister zu einer Notbremsung bewogen.

Die Stadt werde „alles daran setzen, dass der Trainings- und Spielbetrieb des Vereins durch die Olympischen Spiele – sofern München überhaupt den Zuschlag bekommen sollte – nicht beeinträchtigt wird und der Verein auch während Olympia auf seinem angestammten Gelände bleiben kann“, schreibt Reiter in einem offenen Brief. Die Planer hätten das Konzept unter hohem Zeitdruck entwerfen müssen und deshalb benachbarte Flächen des Bundes nicht gleich berücksichtigen können. Offenbar tun sie das nun, jedenfalls will Reiter den Mitgliedern des FC Teutonia „ihre Sorgen nehmen“.

Das mag bei den Breitensportlern gelingen, für grundsätzliche Olympiagegner gibt es dafür noch zu viele andere Baustellen. Am Dienstag haben etwa 25 von ihnen auf der Ludwigstraße kurzfristig eine Spur stadtauswärts gesperrt, um den Münchnern vor Augen zu führen, was auf die Stadt als Austrägerin der Spiele zukommen könnte. Die Kritiker nehmen an, dass dies während der Spiele auf einigen Münchner Straßen passieren würde. Denn die Gastgeberstädte, so will es das Internationale Olympische Komitee (IOC), müssen dafür sorgen, dass Athleten, Funktionäre und sonstige Offizielle nicht im Straßenverkehr stecken bleiben. Das geschah bisher auf sogenannten Olympic Lanes, also auf extra für Sportler, Journalisten und Funktionäre gesperrten Fahrspuren.

Vier der Protestierenden tragen fürs Foto Masken aus Pappe – von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU), Münchens OB Reiter und Thomas Bach, bis Juni 2025 noch IOC-Präsident. Also Politiker und Funktionäre, die sie für mutmaßlich gesperrte Fahrspuren verantwortlich machen. Solche sind für die Olympiagegner nicht hinnehmbar. Sie befürchten einerseits ein Verkehrschaos, andererseits eine weitere Versiegelung durch den möglichen Bau neuer Straßen.

Protest mit Söder-Maske: Olympia-Gegner machen klar, dass sie von Olympischen Spielen in München nichts halten und wen sie für mögliche Probleme verantwortlich machen.
Protest mit Söder-Maske: Olympia-Gegner machen klar, dass sie von Olympischen Spielen in München nichts halten und wen sie für mögliche Probleme verantwortlich machen. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Stadt wirbt zwar in ihren Broschüren mit „Olympic Lanes auf Schienen“, die unter anderem den S-Bahn-Ringschluss im Münchner Norden und die Verlängerung der U4 Richtung Messestadt vorsehen, daran will aber keiner der Gegner so richtig glauben. „Als ob IOC-Funktionäre mit Tram und Rad unterwegs wären. Das glaubt doch kein Mensch“, sagt Geert Schindewolf vom Verkehrsclub Deutschland in München.

Wortführer der Olympiagegner ist Ludwig Hartmann, der sich schon als Kritiker der früheren Münchner Bewerbungen für Winterspiele profiliert hat. Der Grünen-Politiker und Vizepräsident des Bayerischen Landtags hat eine Gruppe kleiner Parteien in einem Bündnis zusammengesammelt, dem auch Naturschutzverbände wie der Bund Naturschutz oder der Bund Münchner Bürgerinitiativen angehören.

Es geht den Gegnern nicht nur um Kosten in Milliardenhöhe, sondern auch um den begrenzten Platz in der Stadt. Tobias Ruff, Fraktionsvorsitzender der ÖDP/München-Liste im Stadtrat, spricht sich auch gegen den Bau eines Olympiadorfes in Daglfing aus, das in der sogenannten Münchner Frischluftschneise liege und dessen unbebaute und landwirtschaftlich genutzten Flächen ökologisch zu wertvoll seien, um versiegelt zu werden.

Dass es dennoch viele Menschen gibt, die Olympia in München gut fänden, kann Stefan Jagel, Fraktionschef der Linken/Die Partei im Stadtrat, zwar verstehen. Angesichts der allgemeinen Knappheit öffentlicher Kassen sei das Vorhaben aber „ein Wunschkonzert, das sich so nicht realisieren lässt“.

Auf der anderen Seite, unter den Olympiabegeisterten, glänzt vor allem einer mit besonderer Einsatzfreude: Markus Söder. Für die Zeitschrift Bunte ließ der Ministerpräsident sich im Fitnessstudio ablichten und verkündete: „Wir haben das beste Angebot, auch zeitlich: erst Olympia, dann die Paralympics, dann das Oktoberfest. Das sind drei Veranstaltungen, die jeder in der Welt kennt. Das ist ein perfektes Match.“

In der Bild am Sonntag legte er dann nach: Es sei unsicher, „ob es in Berlin und Hamburg mit der dortigen politischen Struktur jeweils eine Mehrheit für Olympia geben würde“. Der Entscheid in München sei deshalb fast schon die Vorentscheidung für Olympia in Deutschland: „Wenn es hier nicht klappt, dann wohl auch woanders nicht.“ Zwischendurch schaute er auch noch beim Wirtschaftsbeirat vorbei und warb neben Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg für „das größte Motivationsprogramm, das es geben kann“.

Auch Bundestrainer Julian Nagelsmann wirbt für Olympische Spiele in München

6,7 Millionen Euro hat der Stadtrat bewilligt, um den Bürgerentscheid durchzuführen, 1,7 Millionen davon flossen in die Werbung. Das erklärt die Fülle der Plakate, auf der „Für ewige Helden und bleibende Bauten“ geworben wird oder „Für Leidenschaft und Wirtschaftskraft“. Die Gegner tun sich schwer, mit deutlich weniger Geld dagegenzuhalten.

Die Zahl der Olympiafürsprecher ist zuletzt sprunghaft gestiegen, am Ende auch unter den Sportlern selbst. Fußball-Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte beim Bundesligaspiel zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund dem TV-Sender Sky: „Olympische Spiele sind etwas Herausragendes. Das wäre für unser Land toll und für München toll.“ Es habe ihn „noch keiner gefragt, ob ich das unterstützen möchte, aber generell finde ich es eine gute Sache“. Weil er einen festen Wohnsitz im Stadtgebiet hat, ist Nagelsmann selbst wahlberechtigt.

Von der Allianz-Arena hatten die Initiatoren dann Mühe, ihr großes „Vereint für München“-Plakat am Sonntag rechtzeitig zum Fotoshooting ins Stadion an der Grünwalder Straße zu bringen. Dort empfing der TSV 1860 München in der dritten Liga den MSV Duisburg. Florian Kraus, der Sportreferent der Stadt, ermunterte die Fußball-Fans übers Stadionmikrofon, den Entscheid wahrzunehmen – und mit Ja zu stimmen. Sollten München die Spiele tatsächlich zugesprochen werden, soll in dem städtischen Stadion Rugby gespielt werden.

Auch der Bayerische Jugendring (BJR) hat sich auf seiner 167. Vollversammlung am vergangenen Wochenende zu Olympia bekannt, das aber gleich mit einer Forderung verbunden: „Das finale Bewerbungskonzept soll einen Jugendcheck durchlaufen, und junge Menschen müssen in allen Beratungs-, Entscheidungs- und Aufsichtsgremien vertreten sein“, so Präsident Philipp Seitz.

Auf dem Instagram-Kanal des Olympiaparks erhebt nun sogar das weltbekannte Stadion mit dem Zeltdach selbst die Stimme und richtet sich an die 1,1 Millionen Wahlberechtigten: „Ich wurde gebaut, um Geschichte zu schreiben … Ich bin bereit, wieder Geschichte zu schreiben.“

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