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München: IAA-Kritiker vernetzen sich im Protestcamp – München | ABC-Z

Neugierig steckt ein Mädchen den Kopf in das Zelt. Elisabeth Kornell vom Bund Naturschutz drückt ihr eine ausgedruckte Karte in die Hand. Sie zeigt den Stachus, doch wo in der Realität Straßen verlaufen, sind nur weiße Flächen zu sehen. Mit Bastelmaterialien dürfe sie dort alles machen, was sie wolle, sagt Kornell zu dem Mädchen. „Echt, auch eine Wiese?“, fragt das Kind verwundert. Ja, alles sei erlaubt – nur keine Straßen. Bald entsteht auf dem Entwurf ein See neben dem Stachus-Brunnen. Auf den Karten der anderen Workshop-Teilnehmer fließt ein Fluss am Isartor vorbei, über den Odeonsplatz spannt sich eine begrünte Pergola – dort, wo aktuell die Aussteller der IAA ihre Fahrzeuge präsentieren.

Der Workshop, bei dem die Teilnehmer Münchner Plätze auf dem Papier neu gestalten, ist gewissermaßen ein Gegenentwurf zur großen Autoausstellung. „Wir wollen die Möglichkeit geben, Visionen zu schaffen“, sagt Janina Laube vom Verein Green City, der das Projekt gemeinsam mit dem Bund Naturschutz realisiert hat – Visionen von Innenstädten, die für alle lebenswert sind. Dazu gehört für Laube und für die Teilnehmer: weniger Platz für Autos, mehr für Radler und Fußgänger.

Der Workshop ist eine von rund 50 Veranstaltungen, die im IAA-Protestcamp das Kontrastprogramm zur Autoschau bilden. Man wolle bewirken, „dass die Thesen der Autoindustrie nicht unwidersprochen bleiben“, sagt Camp-Sprecher Michael Jäger. An diesem Donnerstagnachmittag ist es ruhig auf der Fläche im Luitpoldpark, auf der die Aktivisten ihre Zelte aufgebaut haben. Auf Bierbänken sitzen vereinzelt Menschen mit Bechern in den Händen, eine kleine Gruppe hat sich mit Mate-Flaschen im Schneidersitz auf die Wiese gesetzt. Vom Essenszelt weht ein würziger Duft heran. Die Stimmung ist entspannt, wie Jäger bestätigt.

Etwa 500 Gäste waren erwartet worden. Wie viele es tatsächlich sind, kann Jäger nicht sagen. 200 Mittagessen seien an diesem Tag ausgegeben worden, viele der Aktivisten seien tagsüber jedoch auf Protestaktionen unterwegs. Erst wenige Stunden zuvor hatten sich etwa IAA-Kritiker auf der Autobahn A9 festgeklebt, um gegen die Großveranstaltung zu demonstrieren.

In den Zelten gibt es Vorträge und Workshops, aber auch Konzerte. (Foto: Johannes Simon)

Von dem Ärger, der den Aktivisten bei solchen Aktionen oft entgegenschlägt, spürt Jäger im Protestcamp eigenen Worten zufolge nichts. Viele Passanten würden die Gelegenheit nutzen, sich zu informieren. „Die meisten Leute sind inhaltlich schon auf unserer Seite.“ Das hat auch Aktivist Paul erlebt. „Sonst wurde ich eher angepöbelt“, sagt der junge Mann. Nun scheine bei den Menschen aber angekommen zu sein, dass autofreie Innenstädte keine schlechte Idee seien. Das Camp ist für ihn auch eine Gelegenheit, sich zu vernetzen: „Es tut total gut, einen Ort zu haben, wo so viele Gleichgesinnte sind.“

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