Münchner Prozess um falsche Plagiatsvorwürfe: Verhandlung erneut vertagt | ABC-Z

München – Gehörte ein im Ausland aufwendig gefälschter wissenschaftlicher Aufsatz zu einem perfiden Racheplan? Vor dem Münchner Amtsgericht sollte am heutigen Dienstag ein bemerkenswerter Prozess zu Ende gehen.
Update 10.41 Uhr: Doch daraus wurde nichts: Weil der Richter krank ist, fiel der Termin ins Wasser. Am 26. Februar soll es weitergehen, meldet der AZ-Gerichtsreporter. Kurios: Ursprünglich hatte das Gericht schon am 6. Februar das Urteil sprechen wollen, das war aber wegen eines noch offenen Befangenheitsantrages gegen den Richter zunächst nicht möglich gewesen.
Plagiatsvorwürfe sollten Leiter des rechtsmedizinischen Instituts der LMU treffen
Staatsanwaltschaft und Nebenklage fordern zwei Jahre und zehn Monate Haft für den Mann, der versucht haben soll, den Leiter der Münchner Rechtsmedizin mit einem aufwendig gefälschten Plagiat zu diskreditieren. Dafür soll er Fälscher in Pakistan angeheuert haben, die wiederum einen Beitrag in einem Band zu einem rumänischen Kongress gefälscht haben sollen. Die danach erhobenen Plagiatsvorwürfe sollten den Leiter des rechtsmedizinischen Instituts der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, Matthias Graw, treffen.
Staatsanwältin spricht von „hinterhältigen, heimtückischen Machenschaften“
Dem Angeklagten werden unter anderem Urkundenfälschung, Verleumdung und Betrug vorgeworfen. Bei einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren ist eine Aussetzung zur Bewährung nicht mehr möglich.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 70-Jährige „mit unvergleichlicher krimineller Energie“ eine Intrige gegen den Rechtsmediziner gesponnen hatte. Die Staatsanwältin sprach in ihrem Plädoyer von „hinterhältigen, heimtückischen Machenschaften“, deren Ziel es gewesen sei, „die Existenz des Geschädigten restlos zu vernichten“. Die Vorwürfe gegen den Angeklagten hält die Staatsanwaltschaft durch den Prozess „in vollem Umfang für bestätigt“. Der Tatvorwurf sei „glasklar nachzuweisen“.
Vorwurf: Wissenschaftlichen Sammelband gefälscht
Laut Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagte von Ghostwritern einen vermeintlich wissenschaftlichen Sammelband aus den 1980er Jahren zu einem Medizinerkongress in Rumänien verfassen lassen. Darin seien gezielt Passagen aus der Doktorarbeit des Rechtsmediziners eingebaut worden. So habe der Eindruck entstehen sollen, Graw habe für seine Dissertation abgeschrieben.
Eigens gedruckte Exemplare des Bandes ließ der Angeklagte – selbst Träger zweier Doktortitel – den Ermittlungen zufolge dann auf einer Auktionsplattform im Internet versteigern. Zudem soll er Plagiatsjäger beauftragt haben, die er explizit auf das Buch hinwies. Diese gingen am Ende mit ihren Ergebnissen eines vermeintlichen Plagiatsskandals an die Öffentlichkeit und informierten die Universität Hamburg, die ein Prüfverfahren einleitete.
Rache als Motiv?
Als Motiv des Angeklagten vermutet die Staatsanwaltschaft Rache. Er habe sich am Rechtsmedizinischen Institut dafür rächen wollen, dass seine Mutter nach ihrem Tod im Jahr 2020 gegen seinen Willen obduziert worden war. Die Staatsanwaltschaft hatte damals Ermittlungen aufgenommen, um zu klären, woran die Frau gestorben war. Diese Ermittlungen wurden nach Angaben einer Sprecherin der Behörde allerdings schon 2021 eingestellt.
Befangenheitsantrag gegen den Richter
Ursprünglich hatte das Gericht schon am 6. Februar das Urteil sprechen wollen, das war aber wegen eines noch offenen Befangenheitsantrages gegen den Richter zunächst nicht möglich. Weil die Verteidiger des Angeklagten allein sieben neue und allesamt abgelehnte Beweisanträge stellten und auch mehrere Befangenheitsanträge gegen das Gericht, verzögerte sich die Verhandlung am jüngsten Prozesstag und wurde immer wieder unterbrochen.
Die beiden Anwälte sahen sich auch nicht in der Lage, nach dem Schlussvortrag von Staatsanwaltschaft und Nebenklage ihr Plädoyer zu halten. Das soll nun am heutigen Dienstag vor dem Urteil der Fall sein. Sie legten in einigen ihrer zahlreichen Anträge die Vermutung nahe, dass es sich bei dem fraglichen Buch um den Nachdruck eines tatsächlich existierenden Buches handeln könnte. Schließlich sei nur eine Zahlung von 3500 Euro nachgewiesen – und das sei für eine solch aufwendige Fälschung doch etwas wenig.