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München: Von Artistik bis Hexenkessel-Konzert – was das Winter-Tollwood bietet – München | ABC-Z

Noch kann Wolfshund Juma alle Besucher in Ruhe beschnuppern. Aber auch nur, weil am Tag vor der Tollwood-Eröffnung am Dienstag um 14 Uhr nur ein Rudel Journalisten durch das „Ess-Zimmer“ schnürt. Was Juma vom rein vegetarischen und veganen Angebot hier im Zelt hält? Schwer zu sagen. Das Tier spricht nicht, weder über afrikanische Spezialitäten wie Anousi, Bantou-Spinat oder Sambusa mit Voodoo-Sauce noch über die Tajine vom Berber, und erst recht nicht über die stylishen Nudelsieb-Lampen und Upcycling-Paletten-Möbel. Erstmals seit der Pandemie ist das Ess-Zimmer wieder Teil des kulinarischen Angebots und besetzt nun einen Platz, der in den Vorjahren Freifläche war.

Tollwood tagsüber und mit Sonnenschein, aber ohne Besucher: Das ist in der Tat mal etwas anderes. Dagegen schon da: die ein oder andere Pfütze, geschuldet dem spontanen 14-Grad-Frühlingseinbruch, der aus Sicht der Veranstalter hoffentlich nur ein Zwischenspiel ist. Wetterwunsch für die kommenden Wochen sind nämlich stabile null Grad: statt Matschpampe lieber ein festgefrorener Untergrund. Am helllichten Montagvormittag auch nicht zu sehen: die Zeltdach-Inszenierung, noch so eine Neuerung im Programm. Jeweils von 17 bis 23 Uhr werden einige Zeltwände künstlerisch illuminiert.

Die Idee dahinter: die Botschaft zur Verteidigung der Demokratie weit über das Gelände hinaus leuchten lassen. Schließlich lautet das Motto des Winterfestivals heuer „Wir braucht dich!“ Mit dem Engagement für Gerechtigkeit, Freiheit und die Unantastbarkeit der Menschenwürde soll das Festival „zum Spiegelbild dessen werden, was unsere Gesellschaft sein kann, wenn das Wir im Mittelpunkt steht“, heißt es.

Um das Thema „Aktiv werden und mutig für eine offene Gesellschaft, Gemeinschaft und Frieden einstehen“ geht es auch bei den sogenannten Werte-Bänken auf der Plaza im Basar am Südende des Geländes. Projektleiterin Johanna Kämper erklärt: „Jeden Tag wird eine Bank zu einem Thema bearbeitet. Besucher können kleben, malen, schreiben, mit verschiedenen Techniken ihre Ideen und Überzeugungen auf die Bank bringen.“ Insgesamt 38 Bänke stehen wochentags von 15 bis 20 Uhr (Samstag: 14 bis 20 Uhr, Sonntag: 12 bis 20 Uhr) zwecks Gestaltung zur Verfügung, viele Patenschaften sind schon an Unternehmen und Organisationen vergeben, einige sind noch zu haben (Anfragen an umwelt@tollwood.de). Mitte Januar soll es zudem auf dem Marienplatz eine Abschlussveranstaltung mit sämtlichen Werte-Bänken geben, die als Symbol weiterleben sollen.

Um Werte wie Liebe, Fürsorge und Respekt geht es am Stand von Andreas Behr. Mit Tochter Jacqueline hat er die Marke Tomanika ins Leben gerufen, benannt nach den Pippi-Langstrumpf-Freunden Tommy und Annika, die als Geschwister den Zusammenhalt in der Familie symbolisieren. Und was könnte das wiederum schöner symbolisieren als ein Armband mit Bedeutung? In der Pandemie lief das Geschäft mit den Kraft-Worten an, mittlerweile sei auch Liedermacher Werner Schmidbauer mit den Bändern unterwegs, erzählt Behr, der zudem von seinem beschaulichen Wohnort Anzing profitiere, wie er sagt: „Da leben alle möglichen Leute, auch der Vorstand der Deutschen Polizeigewerkschaft und ein Marketing-Mensch von Media-Markt, und da wir uns alle immer im Edeka treffen, habe ich da schon viele Aufträge bekommen.“

Das Spiel mit dem Licht gehört zum Wintertollwood. (Foto: Leonhard Simon)
Gerne kopfüber: Die französisch-italienische Compagnie Circo Zoéprobt im Theaterzelt Grand Chapiteau. (Foto: Leonhard Simon)

Ebenfalls sehr gefragt: die Vorstellungen im sogenannten Grand Chapiteau, der bestuhlten Arena der Akrobaten. Mit Circa, Circo Zoé und „The 7 Fingers“ sind unter dem Motto „Festival du cirque“ drei verschiedene Artistik-Shows im großen Theaterzelt zu erleben. Am Tag vor der Premiere wärmen dort muskulöse Artisten ihre Zirkuskörper auf, hängen kopfüber am Trapez ab oder wirbeln im rhönradähnlichen Cyr Wheel umher, während über ihren Köpfen ein Keyboard perlt und jault. Sieht vielversprechend aus, allerdings gibt es nur noch Restkarten.

Sage und schreibe 400 Veranstaltungen könnte man auf dem Winter-Tollwood besuchen, rund 60 davon sind Konzerte im Hexenkessel, wo auch die bereits ausgebuchten Senioren-Nachmittage stattfinden und die große Silvester-Sause steigt. Dagegen immer geöffnet: die Lese-Lounge im Basar-Zelt, mit Büchern, Zeitungen, Sesseln und Sofas sozusagen ein Rückzugsort im Auge des Orkans. Dringend nötig, gibt es doch insgesamt 200 Markt- und mehr als 50 Gastro-Stände zu erkunden. Neu im Angebot ist zum Beispiel „Ravellis Manufaktur für feine Leckereien“ im Basar-Zelt: 13 Sorten Bio-Kürbiskerne, in Geschmacksrichtungen von Ingwer-Karamell bis Lebkuchen. Auch die dreierlei Knödel (Speck-, Spinat- und Kaspress-) in der Haupteinfallsstraße sind erstmals zu verköstigen, im Gegensatz zu „Fang die Nuss!“, die mit ihren Haselnuss-Likören und -Schnäpsen zum dritten Mal am Start sind, im wiederbelebten Mercato -Zelt. Für jede verkaufte Flasche spendet das Unternehmen aus Kolbermoor einen Betrag an den Eichhörnchen-Notruf-Verein. Also, Münchner: Rettet die Oachkatzl, trinkt Likör!

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