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München: Spannende Lesungen im März 2025 – München | ABC-Z

Was beschwiegen wird, kann nicht verarbeitet werden. Warum schließt sich eine Jugendliche einer rechtsradikalen Clique an? Annegret Liepold umkreist diese Frage in ihrem beeindruckenden Roman „Unter Grund“ aus der Innensicht: Ihre Protagonistin Franka muss sich den eigenen schambesetzten Jugendverfehlungen in einem fränkischen Dorf stellen. Und damit auch verdrängten Kontinuitäten in ihrer Familie.

Auslöser für den schmerzhaften Erinnerungsprozess ist im Roman der Münchner NSU-Prozess gegen, insbesondere Beate Zschäpe. Angesichts der politischen Entwicklungen seither ist die Aktualität des Themas leider nicht gesunken: Das Debüt Annegret Liepolds, das sie am 17. März im Literaturhaus München vorstellt, erscheint zur rechten Zeit. Und wirft Schlaglichter auf eine Szene, die haltlosen Menschen Zugehörigkeit verspricht, dabei aber Gewalt sät.

Gewalt wird im März in Lesungen in den verschiedensten Ausprägungen thematisiert. Im Literaturhaus zum Beispiel bei einer Lesung des italienischen Mafia-Experten Roberto Saviano, der sein neues Buch „Treue, Liebe und Verrat. Die Frauen in der Mafia“ vorstellt (18.3.), sowie bei einer Diskussion mit der Autorin Ronya Othmann, der Gynäkologin Monika Hauser und der Historikerin Regina Mühlhäuser über sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe (11.3.). Oder in der Glockenbachbuchhandlung bei einer Lesung von unter anderen Herrad Meese, Cornelia von Schelling und Waltraud Volger, die für den Verein Refugio die Geschichte Geflüchteter dokumentiert haben: „Die Schatten der Vergangenheit besiegen“ (12.3.).

Bewegend ist sicherlich auch der Literaturhaus-Abend mit dem irischen Autor Column McCann, der Gewalt und Vergebung beschreibt: „American Mother“ heißt sein Buch über die Mutter des US-Journalisten James Foley, der vom IS enthauptet wurde – sie aber schaffte es, dem Mörder die Hand zu geben (12.3.). Wie viel Vergebung wird auch in Syrien nach dem Ende des grausamen Assad-Regimes nötig und möglich sein? Von der syrischen Journalistin und Autorin Samar Yazbek ist im Literaturhaus mehr zu erfahren (21.3.).

Was lässt sich Gewalt entgegensetzen, wie hierzulande etwa dem Rechtsextremismus begegnen? Bündnisse und Vernetzung sind nötiger denn je. „Clash of Communities. Bündnisarbeit in Zeiten einstürzender Brandmauern“ heißt ein spannender Abend der Münchner Stadtbibliothek im HP8, bei dem Hadija Haruna-Oelker und Max Czollek im Rahmen ihres Podcasts „Trauer und Turnschuh“ live mit den Autorinnen Hengameh Yaghoobifarah und Fatma Aydemir sprechen (10.3.). Der Netzwerk-Gedanke steht auch hinter der Reihe „Schreiben im Exil“, sie bringt in der Tolstoi-Bibliothek beim letzten Abend Maria Stepanova und Christian Zehnder zusammen (12.3.).

Dass es nichts hilft, unangenehme Wahrheiten zu verdrängen, macht wiederum die preisgekrönte italienische Autorin Laura Forti in ihrem Familienroman und in der Buchhandlung Lehmkuhl deutlich (24.3.). Genau das haben sich auch viele der Autorinnen und Autoren vorgenommen, die beim Festival Wortspiele im Ampere zu Gast sind (12.-14.3.). Vernetzung ist nicht nur dort ein wichtiger Zusatz-Aspekt, sondern sicher auch bei einer Lix-Lesung im Hoch X kurz nach dem Internationalen Frauentag: Eingeladen sind die Autorinnen Jovana Reisinger, Lea Ruckpaul und Maren Amini (10.3.).

Dass man Gewalt in vielerlei Hinsicht Widerstand leisten kann, hat zum Beispiel Thomas Mann mit seinen berühmten Radio-Ansprachen während des Zweiten Weltkriegs gezeigt; der Schauspieler Ulrich Matthes wird sie zum Abschluss des Literaturfests lesen (11.4.). Zuvor jedoch wird Mann in der Monacensia als Liebender präsentiert – Oliver Fischer hat ein Buch über seine Schwärmerei für den Münchner Studenten Paul Ehrenberg geschrieben (13.3.)  Und auch der bei aller Melancholie mutmachende und stärkende Roman „Das Fest“ von Lucy Fricke, den sie am 10.3. im Literaturhaus vorstellt, lässt keinen Zweifel daran: Wir müssen die Liebe und das Leben feiern.

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