München: Die ersten Reaktionen auf die Ergebnisse der Bundestagswahl 2025 – München | ABC-Z

München hat gewählt – und dies mit großer Beteiligung, deutlich höher als bei der letzten Bundestagswahl. Kurz nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen waren die Akteure, die in der Landesleitung der CSU versammelt waren, zuversichtlich, dass es „ein guter Abend für die CSU“ werde. „Das ist eine Niederlage für die SPD, daraus können wir keinen Regierungsauftrag ableiten“, sagte hingegen Münchens SPD-Chef Christian Köning. Bei den Linken, die in einem Lokal im Westend feierten, war der Jubel sehr laut, man sei „euphorisiert“. „Ich kann’s fast nicht glauben“, so die Abgeordnete Nicole Gohlke.
Bei der FDP, die im Künstlerhaus versammelt war, blickten die Kandidaten Susanne Seehofer, Daniel Föst, Mahmut Türker und Martin Hagen still auf die Leinwand mit der Zitterzahl 4,9 Prozent. Jubel bei den Grünen in der Freiheitshalle – allerdings über die ersten vorläufigen Ergebnisse der Konkurrenz, welche die ARD auf der Großleinwand verbreitet: dass FDP und BSW eventuell nicht in den Bundestag einziehen würden.

Wegen des Anschlags am Donnerstag vor einer Woche war der Bundestagswahlkampf bei vielen Menschen in der Stadt in den Hintergrund getreten. Zu groß war der Schock und die Trauer, nachdem ein Mann aus Afghanistan mit seinem Auto in einen Demonstrationszug gefahren war. Eine 37 Jahre alte Frau und ihr zwei Jahre altes Kind starben, 60 Menschen wurden teils schwer verletzt. Familienangehörige und Mitglieder der Stadtgesellschaft hatten eindringlich appelliert, den von Ermittlern als islamistisch eingeschätzten Anschlag nicht politisch zu instrumentalisieren.
Eine halbe Stunde vor Schließung der Wahllokale lag die Wahlbeteiligung bei 81,2 Prozent und somit höher als bei der Bundestagswahl 2021. Dass das Interesse an dieser Wahl stärker ausgeprägt sein würde, hatte sich im Laufe des Nachmittags abgezeichnet. Bis 15 Uhr hatten laut Kreisverwaltungsreferat 76,2 Prozent der wahlberechtigten Münchnerinnen und Münchner ihre Stimme abgegeben, entweder per Briefwahl oder im Wahlraum. Dennoch schien es vor den Wahlräumen den Tag über selten Warteschlangen zu geben.

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:Jubel bei den Linken – SPD und FDP ernüchtert
„Daraus können wir keinen Regierungsauftrag ableiten“, sagt Münchens SPD-Chef Köning. Die Grünen jubeln, aber nicht über das eigene Ergebnis.
Vor allem CSU, SPD und Grüne kämpften in den vier Wahlkreisen um das Direktmandat. Im Münchner Norden kandidierten Hans Theiss (CSU), der sich parteiintern gegen Mandatsinhaber Bernhard Loos durchgesetzt hatte, Philippa Sigl-Glöckner (SPD) und Frederik Ostermeier (Grüne). Im Osten forderten André Hermann (Grüne) und David Rausch (SPD) den seit 2013 im Bundestag sitzenden Wolfgang Stefinger (CSU) heraus.
Im Süden wollte Jamila Schäfer ihren Coup von 2021 bestätigen, als sie das erste bayerische Direktmandat für die Grünen holte; Claudia Küng sollte den Wahlkreis für die CSU zurückgewinnen, für die SPD ging der Abgeordnete Sebastian Roloff an den Start. Offen erschien das Rennen auch in München-West/Mitte, wo sich 2021 Stephan Pilsinger (CSU) und Dieter Janecek (Grüne) ein knappes Duell geliefert hatten, in das nun auch die SPD-Kandidatin Seija Knorr-Köning stärker eingreifen wollte.

Nachdem bei der Bundestagswahl vor vier Jahren zum ersten Mal die Grünen (26,1 Prozent der Zweitstimmen) die CSU (23,8) überholt hatten, waren die vier Münchner Mandate 3:1 unter beiden Parteien verteilt worden. Jamila Schäfer ging für den Münchner Süden Richtung Berlin, die anderen drei Wahlkreise hatte die CSU oft hauchdünn für sich entschieden.
Nicht nur deshalb richtete sich aller Augenmerk auf die Direktkandidatinnen und -kandidaten. Weil das neue Parlament in Berlin deutlich schrumpfen wird, waren Kandidatinnen und Kandidaten, die die CSU in der Großstadt München aufgestellt hatte, am Wahlabend einen Zacken nervöser als ihre Mitbewerber.
Die jüngste Wahlrechtsreform schreibt vor, dass nur noch maximal 630 Abgeordnete auf den blauen Sitzen des Bundestags Platz finden sollen. Die Wahl der Direktkandidaten verliert dadurch an Bedeutung, über die parlamentarischen Mehrheiten bestimmt die Zweitstimme. Warum das besonders für die Münchner Schwarzen eine Rolle spielt? Nun, ihre Parteifreunde in den bayerischen Wahlkreisen auf dem Land erzielen durchwegs bessere Ergebnisse als die konservativen Kandidaten in den Großstädten. Das gehört fast schon zur bayerischen Tradition. Weil seit der Reform eine Partei nicht mehr Abgeordnete nach Berlin schicken darf, als sie über die Zweitstimmen gewinnen konnte, muss sie die Siegerinnen und Sieger mit den schlechtesten Prozentwerten wegstreichen – von hinten angefangen. Wer also direkt einen Wahlkreis gewinnt in München-Nord, -Süd, -Ost oder -West kann sich vermutlich bis spät in den Abend nicht sicher sein, ob er oder sie damit automatisch in den Bundestag kommt.