Moskau: Russischer Militärkommandeur mit Bombe in E-Roller getötet – Politik | ABC-Z
Er starb vor einem Hauseingang, Igor Kirillow, Generalleutnant der russischen Streitkräfte. Der Elektroroller, in dem der Sprengsatz offenbar versteckt gewesen war, kann nicht weit weg gestanden haben. Auf den Fotos vom Tatort sieht man Schäden an den hellen Klinkern der Fassade, kaputte Fenster im Erdgeschoss.
Offenbar hatte Kirillow, 54, Kommandeur der russischen Truppen zur Abwehr radiologischer, chemischer und biologischer Gefahren, das Haus gerade verlassen, als die Bombe explodierte. Mit ihm tötete sie seinen Assistenten.
Der Offizier beschuldige die USA, Infektionskrankheiten zu verbreiten – auch Covid-19
Der Rjasanskij Prospekt, an dem die beiden Militärangehörigen am Dienstag in den frühen Morgenstunden starben, ist eine dieser großen, vielspurigen Ausfallstraßen Moskaus, nicht schön zum Wohnen. Das Haus, vor dem die Bombe explodierte, stand etwas abseits in einer Seitenstraße. Etwa acht Kilometer sind es von dort mit dem Auto zum Kreml.
Man geht davon aus, dass die Bombe mit Fernbedienung gezündet worden war, möglicherweise mithilfe eines Mobiltelefons. Roller wie der vor dem Hauseingang stehen in der russischen Hauptstadt an jeder Ecke. Der Moskauer Untersuchungsausschuss leitete bereits Strafverfahren wegen Mordes an zwei Soldaten, Terrorismus und illegalem Waffenhandel ein. Die Bombe habe die Sprengkraft von etwa 200 Gramm TNT gehabt, zitiert die Nachrichtenagentur Ria Nowosti den Rettungsdienst. Andere Quellen sprachen von 300 Gramm TNT.
Igor Kirillow war nicht nur für die nukleare, chemische und biologische Abwehr Russlands zuständig, sondern offenbar auch für die Verbreitung von Kreml-Propaganda. Er redete viel über angebliche amerikanische Labore, die in der ukrainischen Hauptstadt Kiew biologische Waffen herstellten. Bei einem seiner ersten Briefings nach Kriegsbeginn 2022 behauptete er, die USA forschten an Viren, die über Mücken verbreiten werden könnten. Diese sollten demnach mithilfe von Drohnen in russische Gebiete gebracht und dort freigelassen werden, um russische Soldaten zu infizieren. Er beschuldigte die USA auch, für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten mitverantwortlich zu sein, einschließlich Covid-19.
Die Zeitung Kommersant schreibt zudem, dass er an der Entwicklung des neuen schweren Flammenwerfersystems TOS-2 „Tosotschka“ beteiligt gewesen sei. Dieses kann auch als thermobare Waffe eingesetzt werden; nach der Explosion entsteht eine Druckwelle, die den Opfern den Sauerstoff entzieht, das macht sie doppelt tödlich.
Kirillow habe jahrelang die „Provokationen der Nato“ aufgedeckt, heißt es aus dem russischen Außenministerium
In Großbritannien stand Kirillow auf der Sanktionsliste, unter anderem, weil er chemische Waffen eingesetzt haben soll, was der Kreml bestreitet. Am Tag vor seinem Tod klagte der ukrainische Geheimdienst SBU Kirillow in Abwesenheit wegen des massiven Einsatzes dieser Waffen an. Die Ermittlungen dauerten an, so der SBU am Montag.
Kirillow habe jahrelang „die Verbrechen der Angelsachsen“ und die „Provokationen der Nato“ aufgedeckt, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums am Dienstag in Moskau. Er „arbeitete furchtlos. Versteckte sich nicht in Hinterzimmern. Er marschierte mit offenem Visier“, schrieb sie auf Telegram. Kirillow hinterlässt eine Frau und zwei Söhne.
Nach dem Bericht des Kommersant verdächtigen die russischen Ermittler den ukrainischen Geheimdienst oder den Aufklärungsdienst der ukrainischen Streitkräfte der Tat. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte einen anonymen Informanten des ukrainischen Geheimdienstes SBU, nachdem der Anschlag „die Arbeit des SBU“ gewesen sei. Nach einem Bericht der ukrainischen Zeitung Kyiv Independent betrachtete der ukrainische Geheimdienst den russischen General als „legitimes Ziel“. Er habe angeordnet, „dass geächtete chemische Waffen gegen ukrainische Soldaten eingesetzt werden“, schrieb die Zeitung unter Berufung auf einen ebenfalls anonymen Informanten.
Der Vizechef des russischen Sicherheitsrats, Ex-Präsident Dmitrij Medwedjew, kündigte der politischen und militärischen Führung der Ukraine am Dienstag umgehend Rache an. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 hat es bereits mehrere Anschläge gegeben. Erst im Sommer dieses Jahres wurde bei der Explosion eines Autos in Moskau ein Offizier des russischen Generalstabs verletzt. Im April vergangenen Jahres starb ein russischer Kriegsreporter bei einem Anschlag in einem Café in Sankt Petersburg.