Moralt-Areal in Bad Tölz: Offene Fragen zum neuen Stadtquartier – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Das neue Stadtquartier, das auf dem Areal der ehemaligen Moraltwerke in Bad Tölz entstehen soll, treibt die Anwohner der benachbarten Karwendelsiedlung um. Vor dem Bistro Inkognito im Moraltpark waren etliche Tische und Stühle aufgebaut, die jedoch nicht für alle Besucher reichten, die zum Diskussionsabend der Tölzer SPD gekommen waren. Die Fragen drehten sich vorwiegend um den Verkehr, aber auch um Themen wie Einzelhandel und Umweltschutz. Rosi Holzapfel waren die Auskünfte am Ende zu vage. „Ich gehe heute heim und weiß nicht, wie geht es weiter“, sagte die Vorsitzende der Siedlervereinigung Bad Tölz.
Bürgerbeteiligung mit einem Ortsspaziergang, Machbarkeitsstudie, städtebaulicher Vertrag, städtebauliches Konzept – all dies hat die Stadt zusammen mit dem Grundstückseigentümer in nur zwei Jahren ins Werk gesetzt. Dieses Jahr steht das Bebauungsplanverfahren an. Mit diversen Fachbehörden ist dabei abzuklären, wie der Siegerentwurf des Architekturbüros Henning Larsen umgesetzt werden kann – und wo er modifiziert werden muss. Der Plan gliedert das 6,5 Hektar große Areal in drei Teile: Gewerbegebäude zur Bundesstraße 13 hin, Wohnhäuser auf der Westseite an der Isar, ein Komplex mit Hotel, Gastronomie, Büros und Veranstaltungsplatz im Norden. Der Linsensägbach soll sich als grünes Band durchs gesamte Gelände schlängeln und für Aufenthaltsqualität sorgen.
Weitere Eckdaten: Etwa 1000 Personen – Mitarbeitende der Betriebe, Käufer von Eigentumswohnungen und Mieter – sollen einmal in dem neuen Stadtquartier leben, wobei zumindest 20 Prozent des Wohnraums preisreduziert angeboten werden sollen. Geplant sind außerdem etwa 1600 Stellplätze, vorwiegend in einstöckigen Tiefgaragen unter dem Gelände und zwei Parkhäusern. Im südlichen Teil soll eine Kindertagesstätte entstehen.
Camilla Plöckl ist vor allem die Verkehrsanbindung des neuen Stadtviertels wichtig. Ein „schlechtes Beispiel“ sei die Situation auf der Flinthöhe mit ihren Staus, meinte sie und wollte wissen, ob ein Kreisverkehr an der Einmündung Lenggrieser Straße/B13 neben dem Moralt-Areal geplant sei. Um solche Fragen zu klären, seien Verkehrsgutachten nötig, erwiderte Thomas Scherer, Mitinhaber und Geschäftsführer der Moralt-Areal GmbH & Co.KG. Eine Verkehrszählung habe an einem Durchschnittstag schon voriges Jahr stattgefunden. Das Ergebnis: „Wir liefern circa 3000 Fahrzeuge pro Tag dazu.“ Ein Kreisel sei „gefühlt der schnellere Weg“, könne den Verkehr bei hoher Frequenz aber auch zum Stoppen bringen. „Ich maße mir da keine Entscheidung an“, sagte Scherer.
SPD-Stadtrat Willi Streicher fordert öffentlichen Druck für einen Kreisverkehr
Die Stadt wünsche sich einen Kreisverkehr, sagte SPD-Stadtrat Willi Streicher. Das könne auch ein Turbokreisel sein, also zweispurig. Das Staatliche Bauamt Weilheim gehört jedoch nicht gerade zu den Fans solcher Anlagen – da gelte es, öffentlichen Druck aufzubauen, betonte Streicher. Für SPD-Stadtrat Michael Ernst, der den Diskussionsabend moderierte, wäre ein Kreisel sinnvoll. Eine zweispurige Variante sei allerdings auch eine Frage des Platzes und des Grundeigentums ringsum, meinte er. Am Ende entscheide aber nicht die Stadt darüber, sondern alleine das Staatliche Bauamt.
Unklar ist auch noch, wie Fußgänger und Radfahrer von der Karwendelsiedlung zum neuen Stadtquartier gelangen. Eine Brücke über die B13 kommt nicht infrage. Dafür fehlen die Grundstücke für die Verankerung östlich der Bundesstraße. Möglich wäre vielleicht eine Unterführung. Auch die Frage einer zweiten Zufahrt ist noch offen. Würde sie auf Höhe der August-Moralt-Straße gebaut, wäre „das Chaos vorprogrammiert“, warnte ein Teilnehmer. Aktuell gebe es schon zwei genehmigte Ausfahrten aus dem Moralt-Areal, sagte Scherer. Die Frage, wie man am sinnvollsten auf die Bundesstraße raus- und reinfahre, bekämen die Verkehrsplaner mit.

Was den Einzelhandel angeht, soll das neue Stadtviertel nicht in Konkurrenz zur Marktstraße treten. Scherer verwies auf das Tölzer Einzelhandelskonzept, das genau regle, welche Sortimente auf die Innenstadt beschränkt bleiben. Das künftige Angebot auf dem Moralt-Areal solle Ergänzungen bieten. Als Beispiel nannte er ein Elektronik-Geschäft, das in Tölz fehle.
Probebohrungen haben „minimale Altlasten“ auf dem Werksgelände zutage gefördert
SPD-Kreisrat Klaus Barthel wunderte sich, dass die Folgen für die soziale Infrastruktur durch das Großprojekt nicht zur Sprache kamen. Eine neue Kita und Spielflächen seien eingeplant, erwiderte Stadtbaumeister Florian Ernst. Und SPD-Stadtrat Michael Ernst ergänzte: „Die Schulkapazitäten reichen aktuell aus, um das Areal aufzunehmen.“ Was den Boden der Industriebrache angeht, dürfte es kaum Probleme geben. Probebohrungen hätten leichte Verunreinigungen an ein paar Stellen ergeben, sagte Scherer. „Minimale Altlasten.“
Rosi Holzapfel war von der Präsentation nicht überzeugt. „Warum erinnert mich das so an das Hotelprojekt der Stadt?“, fragte sie. Eine Parallele zu den gescheiterten Vorhaben an der Arzbacher Straße und der Bockschützstraße mochten die SPD-Räte Ernst und Streicher jedoch nicht ziehen. Beim neuen Stadtquartier gebe es einen ganz anderen Eigentümer, meinte Ernst. „Wir befinden uns in einer anderen Zeitachse“, sagte Streicher.