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Shon Weissmanns Wechsel nach Linz: Streitbarer Stürmer – Sport | ABC-Z

An Shon Weissman erinnert man sich natürlich noch bestens in Österreich. In der Saison 2019/20 spielten sich im kleinen Wolfsberg in Kärnten regelmäßig Wunder ab, an denen der damals 24-Jährige entscheidend beteiligt war: 30 Tore schoss Weissman für Wolfsberg im Ligabetrieb, er wurde unangefochten Torschützenkönig. Im Europacup gewann sein Team einmal sensationell 4:0 in Gladbach, es war die wohl bemerkenswerteste Saison der Vereinsgeschichte, die das kleine Wolfsberg zu einem bekannten Standort machte. Und Weissman zu einem international geachteten Fußballspieler, der danach bei Real Valladolid einen gut dotierten Vertrag erhielt.

Seitdem allerdings ist einiges passiert, auf Fußballfeldern und in Weissmans Heimatland Israel. Deshalb lief nun die Rückkehr in den österreichischen Fußball auch nicht so triumphal ab, wie sich der einstige Schützenkönig das vielleicht vor einigen Jahren noch erträumt hätte.

Am Dienstag verkündete der Erstligist Blau-Weiß Linz, man habe den vertragslosen Weissman verpflichtet. Einen Spieler, der laut Klubmitteilung mit seiner „aggressiven und intensiven Spielweise“ eine Bereicherung sein werde im Abstiegskampf, in dem sich Linz schon nach wenigen Spieltagen wiederfindet. Wolfsberg ist in Österreich ein Großkaliber im Vergleich zu Blau-Weiß Linz, wo sich Geschäftsführer Christoph Peschek mit ein paar Millionen Euro Budget pro Saison zufriedengeben muss. In solchen Fällen hilft nur Opportunismus auf dem Transfermarkt – und genau das ist der Fall bei Weissman, der eine günstige Gelegenheit darstellte, auch wenn mit ihm jetzt eine Moraldebatte nach Linz kommt.

Schon bei Granada in Spanien wurde wöchentlich auf der Tribüne gegen Weissman protestiert

Die Rückkehr nach Österreich war für den mittlerweile 29-Jährigen die letzte verbliebene Option, da er inzwischen ins Abseits gerückt ist. Und das nicht nur, weil seine Torquote erheblich schlechter geworden ist. Schon bei seinem vorherigen Verein Granada wurde gegen Weissman wöchentlich auf der Tribüne protestiert – und als Anfang August der deutsche Zweitligist Fortuna Düsseldorf eine Verpflichtung anstrebte, gingen die Anhänger dort so lautstark auf die Barrikaden, dass der Klub letztlich verzichtete. Eine Welle an Aufruhr folgte, die allerdings nicht in erster Linie mit Weissmans jüdischem Glauben und seinem Heimatland zu tun hatte. Es ging und geht in seinem Fall in Wahrheit nicht um Antisemitismus, sondern darum, ob ein Mensch eine zweite Chance verdient hat.

Zurückzuführen sind die Kritik und der offene Hass auf das, was Shon Weissman einst selbst verbreitet hat: „200 Tonnen Bomben“ wollte er gerne auf Gaza abwerfen und ein ganzes Land und seine Bewohner auslöschen. Viele solcher extremistischer Beiträge in den sozialen Medien markierte Weissman mit „Gefällt mir“. Diese öffentlich geäußerten (und dann wieder gelöschten) Meinungen aus dem Jahr 2023 hängen ihm weiterhin nach. Die israelische Tageszeitung Haaretz sieht in ihm auch weiterhin einen radikalen Meinungsvertreter, der deshalb mit dem Urteil der Menschen über ihn leben müsse.

In Linz allerdings wirbt man für eine zweite Chance. Nachdem auch auf Blau-Weiß viel Kritik aus dem tendenziell linken Fanlager einprasselte, hat sich der Verein in einem gesonderten Statement noch mal zu Wort gemeldet. Man wisse um die Beiträge des Spielers aus dem Jahr 2023 und verurteile diese. Jedoch: „Wir glauben daran, dass jeder Mensch eine Chance zur persönlichen Entwicklung und Veränderung verdient hat, und daher auch Entschuldigungen und Reue in einer freien, demokratischen Gesellschaft Akzeptanz finden sollten.“

Weissman selbst habe sich entschuldigt, hieß es, das kauften ihm zumindest die Linzer Verantwortlichen ab. Wie das Publikum in der österreichischen Bundesliga reagieren wird, ist eine andere Frage. Sie kennen Shon Weissman dort immerhin, auch wenn er nicht mehr derselbe Spieler ist wie noch vor einigen Jahren.

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