Mode 2023: Haremshosen und Short Shorts – Stil | ABC-Z

Für sie: Weite Wonne
Als die deutsche Designerin Chemena Kamali im vergangenen Jahr ihren Job bei Chloé antrat, waren plötzlich alle elektrisiert. Denn sie brachte den Spaß zurück in die Mode. Spaß im Sinne von: Mädchenkram. Holzclogs, flatternde Volants, Pastellfarben, also all das, was Männer und die todernsten unter den Designern verlässlich abstößt. Ein solcher Chloé-Klassiker – und „Man Repeller“, wie man noch zu Zeiten sagte, in dem man sich um Außenwirkung scherte, ist die Haremshose, korrekter Ballonhose genannt. Es gibt sie jetzt überall, bei Designern wie Alaïa oder Loewe, aber auch bei Mango und Zara. Sie ist an den Oberschenkeln extraweit und läuft an den Fesseln wieder schmal zusammen.
Das Ergebnis ist ein extremes Beinkleid, das, wenn aus Seide, in den lustigsten Formen im Winde flattert, jeden Hintern optisch ins Unendliche verbreitert und sich wegen der schieren Menge an Stoff vor allem bei schwülem Feuchtklima ungut im Schritt auftürmt, kurz: Es tut wirklich gar nichts für die Figur. Die man aber doch jetzt wegen Ozempic und Co. wieder haben muss! Auf dem hier zu sehenden Laufsteg windet es gerade nicht, weswegen die Hose nicht bauscht, außerdem wurde sie mit sehr hohen Schuhen kombiniert, um das Ganze zu strecken. Gut sieht das aus. Aber solche Hosen trägt man ja nicht im wahren Leben, oder zumindest wirklich nicht mit Absätzen. Diese Hose trägt man wohl eher mit flachen Sandalen an einem Badeort, wo einen niemand kennt. Dabei gehört sie überallhin. Denn sie ist sozusagen das letzte lustige Aufbauschen gegen den neuen Schlankheitswahn.
Für ihn: Kurze Freude
Männershorts haben dank der notorisch warmen Sommer heute viel Platz im öffentlichen Raum erobert, auch jenseits von Sportorten. Fürs verspiegelte Büro sind nackte Waden in den meisten Fällen immer noch nichts, aber zum Einkauf auf dem Wochenmarkt oder für das Sommerfest der Christusgemeinde steigen auch Herren deutlich mittleren Alters ohne zu zögern in die halbe Hose. Entscheidend für die allgemeine Akzeptanz ist dann oftmals die Länge, deswegen sollte man sich mit der Auswahl seiner Shorts Zeit lassen und, tja, vielleicht sogar mal wieder eine Umkleidekabine benutzen. Denn sind sie zu lang, fallen also mittig auf oder sogar über das Knie, entweicht jeglicher sommerliche Charakter und jede Freude aus der kurzen Hose.

Zu kurz aber, wenn also beim Treppensteigen der Hosensaum in der oberen Hälfte des Oberschenkels einschneidet, kommt die Hose in die Nähe einer Ordnungs- oder Sittenwidrigkeit. Die Mode sieht das diesen Sommer allerdings anders und propagiert für Männer „Short Shorts“. Kombiniert mit einem oversized Oberteil provoziert das einen Hosenlos-Look, wie ihn sonst nur Paketboten an der Wohnungstür versehentlich zu Gesicht bekommen. Gucci hat das hier in Kombination mit Mantel durchgespielt, bei anderen Labels ist die kurze Hose von einer Boxershort nicht mehr zu unterscheiden. Nun lebt die Mode natürlich für solche Hingucker und kann zudem auf Models zurückgreifen, bei denen es auch gut aussähe, wenn sie einen Hut aus Lasagneplatten tragen würden. In der echten Welt sind sehr kurze Hosen aber doch weiterhin eher als szenetypische Verpackung für junge Männer ratsam. Oder eben etwas fürs Schwimmbad.