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Mitten in Ebersberg: Regungslos Rumliegen – Ebersberg | ABC-Z

Der Mensch ist ein merkwürdiges Wesen; nicht nur die Kirschen aus Nachbars Garten scheinen immer besonders groß zu sein, sondern auch das, was auf jeden Fall vermieden werden sollte, wird zum kaum vermeidbaren Zwang. Beispiel: regungslos Rumliegen.

Sonst eine der bevorzugten, bis zur Perfektion kultivierten Disziplinen, mutiert es in bestimmten Situationen zu einer Herausforderung olympischen Ausmaßes. Dazu braucht es lediglich eine schmale Liege und eines jener Geräte, bei denen wahlweise klopfende, sirrende oder dumpfe Geräusche anzeigen, dass das Monstrum gewissenhaft seiner Aufgabe nachgeht.

„Jetzt bitte auf keinen Fall bewegen“, sagt die medizinisch-technische Radiologieassistentin und allein schon der bedeutungsschwangere Unterton sorgt dafür, dass der Kopf eine minimale Nichtbeachtung der Anweisung mit sämtlichen Katastrophenszenarien dieser Welt verbindet. Also Luft anhalten, Augen zu und bloß nicht wackeln. Dass genau dann die Arme, eben noch völlig unbeachteter Teil des Körpers, schwer und immer schwerer werden und der Fall vom schmalen Schragen nurmehr eine Frage von Sekunden scheint – geschenkt. Von der Nase, auf der sich urplötzlich ein höllisches Jucken manifestiert, ganz zu schweigen.

Der Installateur stellt das Wasser ab – und sofort wünscht man sich dringend eine Dusche

Dieses unstillbare Verlangen, etwas zu tun, was um jeden Preis vermieden werden soll, erstreckt sich auch auf das, was man ursprünglich gar nicht vorhatte – der Wunsch nach einer sofortigen Dusche, sobald der Installateur das Wasser abgestellt hat oder der Drang, genau in jener Stunde seine Mails zu checken, in der der Server aufgrund von geplanten Wartungsarbeiten außer Betrieb ist.

Sogar die freiwillige Entsagung ist davon betroffen. Nie werden die Gelüste nach einem herzhaften Schweinsbraten oder der Schmacht auf Gummibärchen (wann hat man die eigentlich das letzte Mal gegessen?) so groß sein wie in der bevorstehenden Fastenzeit. Und obwohl zur liebgewonnenen Gewohnheit gehört, den Tag bei einem Ingwersud ausklingen zu lassen, wird ab Mittwoch sicher schon die Erwähnung von Bier oder Wein zu sehnsuchtsvollem Seufzen führen.

Doch wie lässt sich dieser Reiz des Verbotenen nun bekämpfen? Da offenbar selbst hinter vermeintlich körperlichen Reflexen oft krude Gedanken stehen, sollte man vielleicht als Erstes diese verändern. Obst vom Nachbarn? Pfft – bestimmt wurmstichig! Das Gespenst des Fleisch-, Süßigkeiten- und Alkohol-Verzichts? Ist nur verkleidete Vorfreude auf eine Gemüse-, Studentenfutter- und Tee-Challenge. Und die verordnete Regungslosigkeit? Sollte man dringend als willkommene Entspannungseinheit betrachten. Alternativ könnte man bis 378 zählen. Hilft bis Ostern sicher auch beim Angebot eines Cocktails – mit oder ohne Kirsche.

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