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Beinwell: Wirkungen und Risiken der Heilpflanze | NDR.de – Ratgeber | ABC-Z

Stand: 20.05.2025 15:39 Uhr
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Beinwell (Symphytum officinale) wird in der Natur- und Komplementärmedizin bei Gelenkbeschwerden eingesetzt. Da die Heilpflanze auch schädliche Wirkstoffe enthält, wird sie nur äußerlich angewendet.  

von Bernd Thomas

Beinwell ist eine Heilpflanze, die seit rund 2.000 Jahren genutzt wird. Heute wird sie zu Tinktur, Salbe und Cremes verarbeitet, die auf die Haut aufgetragen, einmassiert, in Verbänden oder als Auflage verwendet werden. 

Beinwell: Wirkt bei Gelenkschmerzen, Prellungen und Stauchungen 

Beinwell hilft bei Quetschungen, Prellungen, Zerrungen oder Verstauchungen, bei Sehnen- und Muskelentzündungen und hat entspannende Wirkung auf Muskeln und Bänder. Viele Sportbegeisterte nutzen Beinwell auch zur Behandlung eines Muskelkaters.    

In der modernen, evidenzbasierten Natur- und Komplementärmedizin spielt Beinwell aufgrund seiner tradierten und mehrfach belegten Wirkungen ebenfalls eine wichtige Rolle. Für Robert Schmidt, ärztlicher Direktor des Münchner Krankenhauses für Naturheilweisen, sind Beinwellpräparate fester Bestandteil vor allem für Behandlungen von Gelenkbeschwerden – wie zum Beispiel bei Arthrose. Salbenverbände mit Beinwell wirken, so erklärt er, entzündungshemmend, abschwellend und schmerzlindernd. Außerdem beruhige und fördere Beinwell die Regeneration des Gewebes. 

Wertvolle Wirkstoffe aus der Beinwellwurzel 

Symphytum officinale ist der botanische Name der Beinwellpflanze. Sie gehört zu den Raublattgewächsen und ist in Europa, West- und Zentralasien heimisch. Sie wächst bevorzugt an feuchten Standorten – wie zum Beispiel Flussufern – und wird über einen Meter hoch. Vorwiegend aus den Wurzeln werden die medizinisch wertvollen Wirkstoffe gewonnen. Im Herbst, wenn deren Konzentration am höchsten ist, werden die Pflanzen geerntet.  

Heilpflanze mit jahrhundertealter Tradition 

Als Heilpflanze wurde Beinwell zur Behandlung von Knochenbrüchen bereits in der Antike genutzt. Der botanische, aus dem Griechischen kommende Name “Symphytum” bedeutet übersetzt etwa verbinden oder zusammenwachsen lassen. Auch der deutsche Name Beinwell weist auf die Verwendung hin. “Bein” ist ein alter Begriff für Knochen und “well” lässt sich auf das mittelhochdeutsche “wallen” zurückführen, was übersetzt etwa heilen oder zusammenwachsen bedeutet.

Heilende Wirkung: Allantoin, Schleimstoffe, Rosmarinsäure und Cholin  

Die Beinwellwurzel enthält eine ganze Reihe gesundheitsfördernder Inhaltsstoffe, die noch dazu in einer günstigen Kombination vorliegen. Die wichtigsten sind Allantoin, Schleimstoffe, Rosmarinsäure und Cholin. Allantoin fördert die Zellproliferation, also die Zellteilung, und damit die Regeneration des Gewebes. Die enthaltenen Schleimstoffe wirken kühlend und beruhigend auf das Gewebe, antientzündlich und abschwellend, Rosmarinsäure entzündungshemmend und antioxidativ. Cholin, das für viele körpereigene Prozesse unverzichtbar ist, wirkt direkt auf die Gefäße. Es verbessert die Durchblutung, fördert damit die Regeneration und sorgt außerdem für Abschwellung.   

Weitere Informationen

Beinwell-Salben, -Tinkturen, -Gel und -Fußbäder, auch selbstgemachte, helfen nach dem Sport oder bei Verzerrungen.
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Vorsicht vor Risiken: Nur äußerliche Anwendung   

Beinwell enthält aber auch gesundheitsschädliche Pyrrolizidinalkaloide. Dass Beinwell deshalb auch Risiken birgt und nur äußerlich angewendet werden sollte, wusste schon Hildegard von Bingen, ohne die konkrete Ursache zu kennen. So schrieb sie, dass “die innere Anwendung die gesamte Ordnung der Körpersäfte durcheinander bringe, aber auf die Haut aufgetragen, er Geschwüre der Glieder heile.”   

Krebsgefahr und andere mögliche Nebenwirkungen  

Pyrrolizidinalkaloide wirken toxisch auf die Leber und können sie ernsthaft schädigen. Sie können außerdem Krebserkrankungen auslösen und sogar das Erbgut verändern, wie Chefarzt Robert Schmidt vom Krankenhaus für Naturheilweisen in München erklärt. Zwar werden die gefährlichen Stoffe beim Herstellungsprozess von Arzneimitteln bis auf sehr geringe Restmengen entfernt, trotzdem sollten zum Beispiel Schwangere keine Beinwellpräparate nutzen.  

Wer Tinkturen, Salben oder Cremes für den eigenen Gebrauch herstellen will, sollte auf entsprechend bereinigte Grundprodukte aus der Apotheke zurückgreifen. Wer Pflanzenteile selbst verarbeiten will, muss besonders vorsichtig bei der Anwendung sein. Beinwell sollte außerdem nicht auf offene Wunden aufgetragen werden. Selten kann es bei der äußerlichen Anwendung zu Rötungen und Irritationen der Haut oder sogar stärkeren, allergischen Reaktionen kommen.     

Studien belegen gute Wirkung 

Die Wirkung von Beinwell ist durch einige, meist kleinere Studien untersucht und belegt. So konnte beispielsweise bei akuten Rückenschmerzen und auch bei Kniegelenksarthrose eine signifikante Besserung gegenüber der Behandlung mit einem Placebo-Präparat gezeigt werden. Für bestimmte Indikationen ist die Wirkung von Beinwellpräparaten sogar vergleichbar der eines Schmerzmittels.

Die Studienlage insgesamt beurteilt Robert Schmidt als moderat, aber mit guten Ergebnissen. Viele der kleineren Untersuchungen werden von Herstellern selbst in Auftrag gegeben. Oft fehlen im Bereich der Natur- oder Komplementärmedizin große systematische Untersuchungen wie bei Medikamentenstudien neuer synthetischer Wirkstoffe. Denn die erfordern einen enormen organisatorischen Aufwand mit entsprechend hohen Kosten. Für Arzneiprodukte und traditionelle Heilweisen der Natur- und Komplementärmedizin, die bereits seit Jahrzehnten oder manchmal sogar seit Jahrhunderten angewendet werden, sind diese organisatorischen und vor allem finanziellen Hürden kaum zu überwinden. Sie lassen sich, anders als bei neuen Wirkstoffen, danach auch nicht annähernd durch mögliche Gewinne refinanzieren.

Expertinnen und Experten im Beitrag

Krankenhaus für Naturheilweisen, München  
 

 

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