Bezirke

Paul Havermann stellt im Klostermuseum Altomünster aus – Dachau | ABC-Z

Grasiges kühles Grün. Süßes Rosa. Und eine herbe Note Violett. Der Blumenduft liegt einem förmlich in der Nase, wenn man vor Paul Havermanns Gartenbild „Herbstflimmern“ steht. Das ist etwas, das der Dachauer Maler oft zu hören bekommt: dass seine Bilder ja wahnsinnig schön seien. Die einen meinen es als Lob, die anderen als Kritik – als gehe es ihm bloß um Ästhetik. „In meinen Bildern versuche ich, die Natur in ihrer ganzen Schönheit zu feiern, ohne ihre Vergänglichkeit aus den Augen zu verlieren“, erklärt der Künstler.

„Über all die Jahre in den Farben“ heißt seine neue Ausstellung, die ab Ende September im Klostermuseum Altomünster zu sehen ist. Keine Retrospektive im engeren Sinne, aber doch eine Kunstschau, die einen weiten Bogen spannt von den ersten Malversuchen im Jahr 1966 – da war er gerade mal 14 Jahre alt – bis heute. Havermann studierte bei Rudi Tröger an der Akademie der Bildenden Künste in München. Das hat im wahrsten Sinne des Wortes abgefärbt. Wie Tröger beschäftigte auch er sich intensiv mit Farben, sie wurden zu seinem bestimmenden künstlerischen Thema. Und je länger er sich damit beschäftigte, desto mehr löste er sich vom Gegenstand, wurde freier, bemalte statt Leinwänden auch mal Holzstäbe, arrangierte sie wie Töne eines Musikstücks in verschiedenen Farbklängen im Raum.

Havermann, der in Dachau Generationen von Schülern in Kunst unterrichtet hat, ist aber auch ein politischer Mensch, er ist Mitglied im Bund Naturschutz und bei Greenpeace. Als in den 1980er-Jahren die Auseinandersetzung um die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf tobte, stand er auf Seiten der Gegner. Und während konservative Politiker in Dachau ankündigten, Pläne für ein Jugendgästehaus  „bis zum letzten Blutstropfen“ bekämpfen zu wollen, befürwortete er die Einrichtung, in der sich heute junge Menschen aus aller Welt mit den Verbrechen des Nationalsozialismus auseinandersetzen.

„Traum und Wirklichkeit“, scheinbar schwebend, mit Winkeleisen an einer Brüstung montiert, und Farbstäbe. (Foto: Paul Havermann)
Amaryllis im Übergang vom Blühen zum Welken.
Amaryllis im Übergang vom Blühen zum Welken. (Foto: Paul Havermann)
Mal ein ganz ein anderes Thema: „Oktoberfest“, Objekt mit  einegfärbten Bierfilzen.
Mal ein ganz ein anderes Thema: „Oktoberfest“, Objekt mit  einegfärbten Bierfilzen. (Foto: Paul Havermann)

Zu den ausgestellten Arbeiten gehört das bereits in den 1980er-Jahren entstandene Gemälde „Traum und Wirklichkeit“. Darauf sieht man Schatten spendende Bäume, einen gedeckten Kaffeetisch im Garten und am Bildrand: einen Rasenmäher. So ein Paradies erschafft sich nicht von selbst, der Mensch muss es erschaffen. Außer er ist Bauunternehmer und der schöne Apfelbaum, der sich unter der Last der Äpfel biegt, seinem Vorhaben im Weg. Und wenn Havermann diesen Baum malt und mit „Letzte Ernte“ betitelt, ist es nicht nur ein schönes Naturgemälde. Es ist auch eine Anklage.

Die Zerstörung von Natur, aber auch von gewachsenen urbanen Räumen, ist ein Thema, das den Künstler schon lange umtreibt. Die alten Dachauer Häuser mit ihren großzügigen Gärten weichen großen Wohnblöcken, der Siedlungsdruck auf seine Heimatstadt ist enorm, überall wird nachverdichtet. Was dabei entsteht, ist in seinen Augen vor allem „Investorenarchitektur“: gesichtslos, gedankenlos, lieblos. Ohne Rücksicht auf die Identität des Orts. Seine Kritikpunkte legte er 2021 auch ausführlich in einer Serie der Süddeutschen Zeitung dar, sehr zum Ärger mancher Bauträger im Ort. Auch sie ist Teil dieser Schau. „In dieser Ausstellung gibt es auch viel zu lesen“, sagt Havermann.

Die Ausstellung ist selbst ein großes Kunstprojekt

Eine gute Ausstellung zu machen, ist schon eine Kunst für sich. „Es reicht nicht, fünf Bilder aufzuhängen“, sagt der Künstler. „Da muss man sich schon richtig was überlegen.“ In diesem Fall, gibt er zu, sei es eine echte Herausforderung gewesen. Im Klostermuseum Altomünster gab es zwar früher schon mal Kunstausstellungen, aber eigentlich ist der Ort nicht dafür gemacht. Die Räume sind verwinkelt, in die Holzwände darf man keine Nägel schlagen, dazu gibt es unverrückbare Sockel und auch noch fünf fest installierte Vitrinen. Aber selbst damit lässt sich etwas anfangen.

Die Vitrinen nutzt Havermann für Exponate, die den künstlerischen Entstehungsprozess seiner Bilder nachvollziehbar machen sollen, etwa Skizzenbücher aus der Provence. „Damit man auch sehen kann, welche Gedankengänge dahinterstecken.“  Zu Würfeln verbundene farbige MDF-Platten dienen als Sitzgelegenheiten, Farbstäbe strukturieren den Raum. Möglicherweise ist die Ausstellung selbst ein mindestens ebenso großes Kunstprojekt wie die einzelnen Arbeiten. Sein niedergeschriebenes Ausstellungskonzept umfasst, so sagt es der Künstler selbst, „25 bis 30 Seiten.“ Man kann nicht behaupten, dass es sich Havermann zu einfach macht.

„Über all die Jahre in den Farben“. Ausstellung von Paul Havermann im Klostermuseum Altomünster. Eröffnung am Sonntag, 28. September, um 15 Uhr. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag 13 bis 16 Uhr, sonntags 13 bis 17 Uhr. Zu sehen bis 9. November.

Back to top button