Mindesttemperatur in Mietwohnungen: Was Mieter wissen sollten – Stil | ABC-Z
Ein Streit über die Temperatur ist immer eine schwierige, weil am Ende doch recht subjektive Sache. Was dem einen zu warm ist, das ist dem anderen zu kalt. Das Büro als Gefechtszone thermodynamischer Konflikte hat dank Home-Office deutlich an Brisanz verloren, in der Mietwohnung dagegen ist noch reichlich Streitpotenzial vorhanden – vor allem, wenn die Heizung schwächelt oder sogar ganz ausfällt.
Doch was ist eigentlich zu kalt? „Im Gesetz gibt es dazu keine Angaben“, sagt Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des Münchner Mietervereins. Daher mussten die Gerichte in den vergangenen Jahrzehnten definieren, was Mieter aushalten müssen. Die Lage ist, wenig überraschend, ein wenig unübersichtlich. Auch die Richterinnen und Richter an den Amts-, Landes- und Oberlandesgerichten haben ein unterschiedliches Temperaturempfinden. Immerhin gibt es eine grobe Tendenz: Der Bundesgerichtshof hält es für angemessen, dass die Temperatur in der Mietwohnung tagsüber mindestens 20 Grad beträgt (Az. VIII ZR 38/90).
Niedrigere Mindesttemperaturen können auch nicht im Mietvertrag ausgehandelt werden. Eine Klausel, die zum Beispiel tagsüber 18 Grad für angemessen betrachtet, ist unwirksam (Landgericht Heidelberg Az. 5 S 80/81). Nachts darf der Vermieter die Heizung allerdings grundsätzlich herunterdrosseln. Zwischen 23 und sechs Uhr ist es demnach in Ordnung, wenn sich die Wohnung nur auf 18 Grad heizen lässt. Kühler dürfe es nicht sein, entschied das Amtsgericht Köln (Az. 205 C 36/16); manche Amtsgerichte befanden allerdings auch 17 oder 16 Grad noch für warm genug.
:Darf man dem Mieter grundlos kündigen?
Wenn Vermieter Eigenbedarf anmelden, müssen sie erklären, für wen und warum sie die Räume benötigen. In einigen Fällen dürfen die Mieter aber trotzdem bleiben – nicht nur, wenn ein Härtefall vorliegt.
Erreichen die Temperaturen in der Wohnung trotz aufgedrehter Heizung nicht die von den Gerichten definierten Untergrenzen, kann die Miete gemindert werden. „Mieter sollten dann die Temperatur dokumentieren“, rät Monika Schmid-Balzert. Die Höhe der Minderung hänge immer vom Einzelfall ab. Grundsätzlich gilt: Je kälter, desto höher die berechtigte Minderung. Beträgt die Temperatur in der Wohnung zu unterschiedlichen Tageszeiten und für mehrere Stunden nur 18 oder 19 Grad, rechtfertigt dies eine Minderung von zehn Prozent (AG Potsdam, Az. 23 C 236/10). Wird es im Winter nur 16 bis 18 Grad warm, sind es schon 30 Prozent (AG Görlitz, Az. 1 C 1320/96). Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn die Heizung ununterbrochen rauscht und knackt. Laut Landgericht Hannover kann die Miete dann um zehn Prozent gemindert werden (Az. 9 S 211/93).
Wenn man wegen des Ausfalls der Gasversorgung nicht heizen und zudem auf warmes Wasser verzichten müsse, rechtfertige das eine Mietminderung von 85 Prozent in den Wintermonaten und 60 Prozent in den Sommermonaten, stellte das Amtsgericht Nürnberg fest (Az. 16 C 127/16). Zudem dürften Mieter nicht dazu verpflichtet werden, die Heizung warten zu lassen. Manche Gerichte haben entschieden, dass bei einem Heizungsausfall im Winter gar keine Miete mehr gezahlt werden muss (LG Berlin Az. 65 S 70/92 und LG Hamburg Az. 7 O 80/74). Dann können Mieter unter Umständen sogar Schadenersatz und die Kosten für die Anschaffung eines elektrischen Heizofens verlangen.
„Wichtig ist immer, dass Mieter dem Vermieter sofort mitteilen, wenn die Heizung nicht mehr geht“, sagt Schmid-Balzert. Sollten in der Kälte Leitungen platzen oder sollte Schimmel wachsen, müssen Mieter sonst für den Schaden aufkommen. Bleibt die Wohnung trotz Meldung an den Eigentümer dauerhaft zu kalt, kann dies den Mieter außerdem dazu berechtigen, fristlos zu kündigen.
Eine schlechte Nachricht hat die Rechtsprechung für all jene, denen im Winter grundsätzlich zu kalt ist. Entscheidend für das Urteil seien die Daten des Thermometers, so das Amtsgericht Münster (Az. 5 C 4958/03), die „gefühlte Temperatur“ der Mieterin dagegen spiele keine Rolle.