Mindestens den halben Tag: So viele Menschen müssen Heiligabend arbeiten | ABC-Z
Nicht nur im Rettungsdienst, bei der Post oder an der Supermarktkasse: Viele Menschen in Deutschland müssen auch Heiligabend zur Arbeit erscheinen. Längst nicht alle bekommen dafür Zuschläge.
Zur Weihnachtszeit wird es auffallend ruhig auf deutschen Straßen. Selbst zu den üblichen Stoßzeiten herrscht kaum noch Verkehr. Viele Büros und Arbeitsstätten bleiben geschlossen. Nur Heiligabend wird es oft noch mal hektisch. Denn während viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits ihren ersten freien Tag genießen, bleiben die meisten Geschäfte noch einen halben Tag lang offen.
Viele Kundinnen und Kunden nutzen diese Stunden für ihre letzten Besorgungen zum Fest. Auch Paketzusteller und Lieferdienste sind Heiligabend noch gut damit beschäftigt, Geschenke oder Essen auszuliefern. Hinzu kommen natürlich all die Jobs, die auch an Feiertagen nicht ruhen können, etwa in der Krankenpflege oder bei den Rettungs- und Sozialdiensten.
Mehr als jeder Fünfte muss Heiligabend arbeiten
Doch wie viele Menschen betrifft das und wie wird ihre Einsatzbereitschaft an diesem Tag belohnt? Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der arbeitnehmernahen Hans-Böckler-Stiftung hat genauer untersucht, wer in diesem Jahr an den Weihnachtsfeiertagen und zum Jahreswechsel arbeiten muss, damit die Mehrheit der Bevölkerung in Ruhe feiern kann.
Die Daten wurden im Rahmen einer Umfrage erhoben, an der sich 7100 Erwerbstätige im November und Dezember beteiligt haben. Die Teilnehmenden wurden außerdem gefragt, ob sie für ihren Einsatz einen Zuschlag erhalten.
Das Ergebnis: Da Heiligabend in diesem Jahr auf einen Dienstag fällt, müssen immerhin 22 Prozent aller Erwerbstätigen zumindest am Vormittag des 24. Dezember arbeiten. In bestimmten Branchen liegt der Anteil der Arbeitenden jedoch deutlich höher.
Das betrifft vor allem Beschäftigte im Handel. Hier müssen 44 Prozent der Beschäftigten zumindest die erste Tageshälfte am Arbeitsplatz verbringen. In der Verkehrs- und Logistikbranche liegt der Anteil bei 40 Prozent. In der Gastronomie muss immerhin noch mehr als ein Drittel (36 Prozent) wenigstens halbtags im Job erscheinen.
Nach Ladenschluss dürfen viele nach Hause gehen
Da um 14 Uhr das Ladenschlussgesetz greift, sinkt der Anteil der zum Einsatz verpflichteten Angestellten am Nachmittag deutlich ab. Nur noch neun Prozent der Erwerbstätigen müssen auch den Rest von Heiligabend am Arbeitsplatz bestreiten. Ähnlich sieht es an den beiden Weihnachtsfeiertagen aus. Lediglich im Gastgewerbe sind fast durchgängig etwa ein Drittel aller Mitarbeitenden im Job gefragt – mit einer Ausnahme: dem Abend des 24. Dezember, wenn Familien meist zur Bescherung zusammenkommen.
Die Forschenden haben zudem ein interessantes regionales Muster ausgemacht: So liegt der Anteil der Ganztagsbeschäftigten an Heiligabend in Nordrhein-Westfalen und in den ostdeutschen Bundesländern mit elf beziehungsweise zehn Prozent etwas höher als in Baden-Württemberg (neun Prozent) und Bayern (acht Prozent).
Zu Silvester, eine Woche nach Heiligabend, fallen die Werte ähnlich aus. Auch an diesem Dienstag muss mehr als jeder fünfte Beschäftigte (22 Prozent) halbtags ans Werk. Nach 14 Uhr sinkt der Anteil jedoch nur auf elf Prozent – es sind also mehr Beschäftigte im Einsatz als am Abend des 24. Dezember. Am Neujahrstag verbleiben neun Prozent im Job. Genau wie zu Weihnachten sind auch zum Jahreswechsel die Branchen Gastronomie, Verkehr und Logistik, Handel sowie Gesundheits- und Sozialwesen überdurchschnittlich stark gefordert.
Was springt für die Betroffenen dabei heraus?
Da Heiligabend und Silvester grundsätzlich als Werktage gelten, bekommt nur etwa ein Viertel der Beschäftigten einen Lohnzuschlag für ihren vormittäglichen Einsatz. Zu Heiligabend berichten immerhin 27 Prozent der Befragten von einem Gehaltsbonus. An Silvester sind es 24 Prozent.
Unter den Beschäftigten, die nach dem gesetzlichen Ladenschluss noch arbeiten, erhält etwa die Hälfte einen Lohnzuschlag. An Heiligabend liegt der Anteil (55 Prozent) dabei etwas höher als zu Silvester (50 Prozent). An den gesetzlichen Feiertagen zu Weihnachten und Neujahr dürfen sich sieben von zehn Beschäftigten über mehr Gehalt freuen.
Das WSI führt dies darauf zurück, dass fast alle Tarifverträge einen solchen Lohnzuschlag vorsehen. Heiligabend und Silvester hingegen werden bezahlte Freistellungen bevorzugt. “Tarifverträge sind an den Festtagen besonders bedeutsam: Sie stellen sowohl eine wichtige Grundlage bezahlter Freistellungen als auch von Lohnzuschlägen dar”, sagt Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des WSI. “Darüber hinaus sichern sie vielen Beschäftigten den Anspruch auf Weihnachtsgeld.”
Interessant ist noch der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Männer werden an den Feiertagen zwar häufiger zum Dienst gerufen als Frauen, dafür aber auch öfter mit einem Lohnzuschlag bedacht. Auch das Einkommen scheint eine Rolle zu spielen. Denn je höher das Haushaltseinkommen, desto seltener verbringen Beschäftigte die Feiertage bei der Arbeit.