Milliardär Barry Diller, Mann der Modemacherin Diane von Fürstenberg, outet sich als schwul | ABC-Z

Sie führen seit einem halben Jahrhundert eine On-Off-Beziehung. Der Unternehmer Barry Diller kam schon 1974 mit der Modemacherin Diane von Fürstenberg zusammen. 1981 trennten sie sich, 1991 kamen sie wieder zusammen und heirateten endgültig 2001. Aber nun könnte eine Nachricht die Frage aufwerfen, wie viel „Off“ dieses amtlich besiegelte „On“ verträgt.
Denn der 83 Jahre alte Unternehmer outet sich in seinen Erinnerungen, von denen Ausschnitte unter dem Titel „The truth about us, after all these years“ im „New York Magazine“ veröffentlicht wurden, als schwul. „Obwohl es in meinem Leben viele Männer gab, gab es nur eine Frau“, schreibt er in dem Buch „Who Knew: My Story“ (etwa: „Wer hätte das gedacht? Meine Geschichte“) über seine Liebe zu der 78 Jahre alten Designerin, „und sie kam erst mit 33 Jahren in mein Leben.“ Er fügt hinzu: „Ja, ich mochte auch Männer, aber das stand nicht im Widerspruch zu meiner Liebe zu Diane. Ich kann es weder mir noch der Welt erklären. Es ist uns beiden einfach passiert. Auf irgendeine kosmische Weise waren wir füreinander bestimmt.“
Kennengelernt hatten sie sich 1974
In New York ist das Outing eine kleine Sensation. Denn kaum ein Paar steht so sehr für die bessere Gesellschaft: Barry Diller verdiente als Medienmanager und Internetunternehmer Milliarden und schuf sich mit dem von Frank Gehry entworfenen IAC Building am Hudson ein glänzendes Denkmal; Diane von Fürstenberg erfand vor einem halben Jahrhundert in einem genialen Moment das Wickelkleid, baute eine Modemarke auf und schuf sich über ihrem Flagship Store im Meatpacking District ein Zuhause mit direktem Blick in den Himmel; beide wurden auch dadurch bekannt, dass sie mit viel Geld den Umbau der alten Güterzugtrasse am Hudson zur High-line-Parkanlage unterstützt haben, der witzigerweise ihre beiden Unternehmenszentralen verbindet.
Kennengelernt hatten sie sich 1974. Diller war nach seiner Zeit beim Fernsehsender ABC gerade CEO von Paramount geworden. Eines Abends war er zum Dinner bei Gil und Susan Shiva ins Dakota Building an der Upper West Side eingeladen. Die Männer trugen Anzüge mit Krawatten, das Essen wurde in Fingerschalen serviert, und als der eher lässig gekleidete Diller etwas verloren am Kamin stand, kam Egon von Fürstenberg auf ihn zu und sagte: „Ihre Hose ist zu kurz.“ Es wurde nicht viel besser, als er der Frau des Schweizer Adeligen vorgestellt wurde, die ähnlich abgehoben war und durch ihn hindurchblickte „wie durch Cellophan“. Immerhin: Danach ließ sich Diller vom Schneider seine Hosen verlängern.
„Eine Explosion der Leidenschaft, die jahrelang anhielt“
Erst später kamen sie durch eine Freundin zusammen. Diane von Fürstenberg, die 1946 als Tochter einer Holocaust-Überlebenden in Belgien geboren wurde, war da schon von Egon von Fürstenberg, mit dem sie zwei Kinder hatte, getrennt. Das neue Kennenlernen, so schreibt Diller, war ein „coup de foudre“. Für ihn war die Beziehung zu der charismatischen Modemacherin und unternehmungslustigen Gesellschaftsdame „eine Explosion der Leidenschaft, die jahrelang anhielt“.
Die andere Seite seiner Persönlichkeit hielt Diller über Jahrzehnte geheim, auch wenn viele in seinem näheren Umfeld Bescheid wussten. Seine ersten sexuellen Erfahrungen mit Männern habe er als Jugendlicher in Bars an der Melrose Avenue in West Hollywood gemacht, schreibt er. „Ich habe nie mit jemandem über mein Privatleben gesprochen.“ Er habe es gehasst, „ein Scheinleben führen zu müssen, ein Leben, das über all die Themen schweigt, über die normale Menschen miteinander sprechen“.
Dieses Bekenntnis wirft auch ein Schlaglicht auf die Tabuisierung der Homosexualität selbst in aufgeklärten Kreisen bis tief in die Siebzigerjahre hinein. Heute nimmt man oft an, Schwule und Lesben seien durch den Stonewall-Aufstand von 1969, die Proteste der „Gay Liberation Front“ und überhaupt durch die Schwulenbewegung in der Öffentlichkeit sichtbar geworden. Aber Homosexualität war weiter marginalisiert. Sich im Beruf oder im Privatleben zu outen war ein Wagnis. „Natürlich hätte ich mich zu meiner Sexualität bekennen können, wie es einige andere taten“, schreibt Barry Diller, „aber ich gehörte damals zu den vielen, die sich nicht trauten, das zu tun.“
Für Diane von Fürstenberg verträgt das amtlich besiegelte „On“ viel „Off“. Der „New York Times“ sagte die Modemacherin nun zu dem Bekenntnisbuch ihres Mannes, sie sehe seine Offenbarung nicht als ein Coming-out – er sage einfach die Wahrheit: „Heute hat er sich der Welt geöffnet. Für mich hat er sich vor 50 Jahren geöffnet.“ Und Barry Diller selbst schreibt, er habe nie seine grundlegende sexuelle Orientierung infrage gestellt. „Ich hatte nur Angst vor der Reaktion anderer.“
Immerhin: Mit 83 Jahren hat er sich nun getraut. Und verbreitet damit auch die Botschaft: Für ein Coming-out ist es nie zu spät.