Politik

CSU-Politiker Holetschek über AfD: “Für mich verbietet sich eine Zusammenarbeit” | ABC-Z

AZ: Herr Holetschek, angeblich hat Albert Einstein mal gesagt, die Definition von Wahnsinn sei es, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. Passt das nicht gut auf den Umgang der demokratischen Parteien mit der AfD?
KLAUS HOLETSCHEK: In Bayern agieren wir gegenüber der AfD entschlossen und konsequent. Das gilt besonders im Landtag, den die AfD nicht selten als Showbühne für Provokationen nutzt. Erst kürzlich hat das Landtagspräsidium einem Abgeordneten der AfD ein Ordnungsgeld auferlegt, weil er im Plenum mit Nazi-Floskeln um sich geworfen hat – ein Tiefpunkt des Parlamentarismus. Das zeigt: Die AfD ist ein Systemfeind und steht nicht auf dem Boden unserer Verfassung. Deshalb wird sie in Bayern ja auch vom Verfassungsschutz beobachtet. Wir müssen die AfD politisch bekämpfen – in den Parlamenten, in den Sozialen Medien und auf der Straße. Das gilt übrigens über Parteigrenzen hinweg.

Katrin Ebner-Steiner, Chefin der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, und Stephan Protschka, Landesvorsitzender der AfD Bayern, stoßen beim Politischen Aschermittwoch an. Der CSU-Vorsitzende im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, lehnt eine Zusammenarbeit ab.
© K. J. Hildenbrand/dpa
Katrin Ebner-Steiner, Chefin der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, und Stephan Protschka, Landesvorsitzender der AfD Bayern, stoßen beim Politischen Aschermittwoch an. Der CSU-Vorsitzende im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, lehnt eine Zusammenarbeit ab.

von K. J. Hildenbrand/dpa

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In Bayern mag Ihre Haltung auf breiter Linie konsensfähig sein, aber wie sieht es in den neuen Bundesländern aus, wo die AfD auf bis zu 40 Prozent kommt, offenbar die CDU-Basis auf eine partielle Zusammenarbeit mit der AfD drängt und wo dies teilweise auf kommunalpolitischer Ebene auch der Fall ist?
Die politischen Verhältnisse in den ostdeutschen Ländern und Kommunen sind nicht mit Bayern vergleichbar. Ich möchte den dortigen Kolleginnen und Kollegen keine Ratschläge oder gar Bewertungen geben. Das wäre unangemessen. Wir kümmern uns in Bayern um unsere eigenen Hausaufgaben, das heißt, die Wählerinnen und Wähler der AfD zurückzugewinnen. Die sind in der Mehrzahl nicht rechtsradikal, sondern enttäuscht und verunsichert. Sie wollen einen handlungsfähigen Staat, der ihre Probleme löst: Begrenzung der Migration, pünktlicher Nahverkehr, ein gutes Gesundheitssystem und bezahlbare Pflege. Ich bin überzeugt: Wenn wir liefern und bei den großen Themen endlich auch im Bund wieder etwas vorwärts geht, bedeutet das weniger Wählerstimmen für die AfD.

“Viele Menschen haben das Gefühl, dass sich die Politik in den letzten Jahren nicht so sehr um ihre Anliegen gekümmert hat”

Sind Sie sicher, dass die Zustimmung zur AfD abnehmen wird, wenn die Politik “liefert”? In ganz Europa und den USA sind ja die Rechtspopulisten auf dem Vormarsch ungeachtet der Intensität der dort jeweils existierenden Probleme.
Wenn ich in den Städten und Gemeinden mit Selbständigen, Landwirten oder Pflegekräften spreche, merke ich: Viele Menschen haben das Gefühl, dass sich die Politik in den letzten Jahren nicht so sehr um ihre Anliegen gekümmert hat, sondern um Genderdebatten, Bürgergeld für alle oder die mittlerweile berühmten Radwege in Peru. Das alles spielt der AfD und den radikalen Rändern in die Hände. Wenn wir die Probleme der Menschen ernst nehmen, die Wirtschaft stärken, ihnen eine gute Zukunftsperspektive bieten, dann wird es auch gelingen, Wählerinnen und Wähler von der AfD ins demokratische Spektrum zurückzuholen. Der Koalitionsvertrag enthält dafür viele gute Ansätze. Jetzt gilt es, zu liefern, die Vorhaben umzusetzen und den Menschen zu zeigen, dass wir die bessere Wahl sind.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU).
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU).
© Kay Nietfeld/dpa
Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU).

von Kay Nietfeld/dpa

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Würde es sich lohnen, darüber nachzudenken, mit “gemäßigten” Kräften in der AfD zu reden?
Was die Arbeit im Parlament angeht, bleibt es für mich bei der Gewissensentscheidung der Abgeordneten. Abgeordnete, die mit Verfassungsfeinden gemeinsame Sache machen, sind in meinen Augen vollkommen ungeeignet, das Parlament zu repräsentieren oder gar hohe Staatsämter wie das eines Landtagsvizepräsidenten zu übernehmen. Gleiches gilt für einen Ausschussvorsitz. Deswegen haben wir im Bayerischen Landtag keine Abgeordneten der AfD in diese Positionen gewählt.

“Spahn reklamiert zu Recht, dass jedes neue Parlament den Umgang mit der AfD aus den Umständen entscheiden muss”

Gibt es aus Ihrer Sicht in der AfD-Landtagsfraktion in Bayern gemäßigte Kräfte?
Nach meiner Beobachtung geben in der bayerischen AfD-Landtagsfraktion die radikalen Kräfte den Ton an. Für mich steht fest: Wer Gewaltenteilung infrage stellt, demokratische Abwehrmechanismen schwächen will oder für Remigration, Austritt aus der EU und Nationalismus eintritt, der passt nicht zu unseren demokratischen Prinzipien. Erst recht nicht ins Parlament.

Der Vorstoß von Jens Spahn war ja offensichtlich ein Versuchsballon. Muss man davon ausgehen, dass dieser in der CDU-Spitze abgesprochen war?
Ich kenne die internen Vorgänge dazu nicht. Jens Spahn reklamiert für seine Position zu Recht, dass jedes neue Parlament den Umgang mit der AfD aus den jeweiligen Umständen entscheiden muss. Dabei geht es auch um die Glaubwürdigkeit des Parlamentarismus und des politischen Betriebs. Für mich verbietet sich eine Zusammenarbeit mit der AfD.

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