Geopolitik

Migration: Bundesinnenministerium hält Asylverfahren in Drittstaaten für möglich | ABC-Z

Eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten oder Transitländer ist nach einer durch das Bundesinnenministerium (BMI) veranlassten Prüfung rechtlich grundsätzlich möglich. Sie ist jedoch mit hohen praktischen Hürden und Kosten verbunden, wie ein Bericht ergab, den die scheidende Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vorlegte. Entscheidend bei Kooperationen mit Drittstaaten sei daher “ein eng abgestimmtes gemeinsames Vorgehen der Europäischen Union”, sagte Faeser.

Für den Bericht waren verschiedene Modelle geprüft worden. Darunter die – inzwischen aufgegebenen – Pläne Großbritanniens für Asylverfahren im ostafrikanischen Ruanda, Italiens Vereinbarung zu Asylverfahren in Albanien sowie das sogenannte Hinwegmodell, bei dem der Schutzstatus vor Erreichen europäischen Bodens in einem Transitstaat überprüft wird. Zusätzlich fanden Gespräche unter anderem mit der EU-Kommission und dem UN-Flüchtlingshilfswerk statt.

Der nun vorgelegte Abschlussbericht verweist darauf, dass alle Modelle mit teils “wesentlichen Rechtsänderungen” auf nationaler und europäischer Ebene verbunden seien. Auch bestünden hohe rechtliche Anforderungen an den jeweiligen Drittstaat. Abgesehen davon, dass nur eine kleine Anzahl von Staaten für solche Modelle überhaupt infrage komme, gibt es laut BMI bisher keine Hinweise auf eine Bereitschaft dieser Staaten zu einer Kooperation.

Hohe Kosten und Hürden

Die Auslagerung der Prüfung ist dem Bericht des BMI zufolge außerdem mit hohen Kosten verbunden, etwa durch neue Behördenvorgänge und zusätzliches Personal, das zeitweise in Drittstaaten im Einsatz sei. Außerdem kämen “finanzielle Anreize für den Drittstaat für eine entsprechende Kooperation sowie die Kosten für entsprechenden Kapazitätsaufbau im Drittstaat in Betracht”, heißt es weiter.

Vor Ort müsse es ein funktionierendes Schutzsystem für die Menschen geben, bevor ein solches Modell umgesetzt werden könne. Grundsätzlich könne etwa ein Drittstaatenkonzept wie das Ruanda-Modell “allenfalls einen Baustein einer umfassenden Migrationspolitik darstellen”, folgert der Bericht. Es dürfte außerdem “nur dann handhabbar sein, wenn es auf bestimmte Fallkonstellationen beschränkt bleibt”. Nationale Alleingänge seien dabei nicht zielführend.

Für das laufende Jahr rechnet Faeaser mit den geringsten Asylbewerberzahlen seit über einem Jahrzehnt. “Wenn die irreguläre Migration weiter so stark zurückgedrängt wird, wie wir es in den letzten zwei Jahren geschafft haben, dann können die Asylzahlen in Deutschland in diesem Jahr bei etwa 100.000 liegen”, sagte die SPD-Politikerin der Funke Mediengruppe. Zuletzt hatte es laut Bundesamt für Migration 2012 weniger als 100.000 Asylanträge gegeben. 2024 waren es knapp 251.000 nach rund 352.000 im Jahr davor.

Faeser erklärte, über mögliche politische Schlussfolgerungen aus dem Bericht des BMI werde nun “die künftige Bundesregierung zu entscheiden haben”. Sie gibt ihr Amt nächste Woche ab, ihr Nachfolger im Bundesinnenministerium wird der CSU-Politiker Alexander Dobrindt.

Dobrindt will Zurückweisungen und Kontrollen an Außengrenzen verstärken

Der künftige Innenminister hat bereits angekündigt, am Tag eins nach seinem geplanten Amtsantritt verstärkte Zurückweisungen und vermehrte Kontrollen an den deutschen Außengrenzen anzuordnen. “Die ersten Entscheidungen werden nach Amtsantritt an diesem Mittwoch getroffen. Dazu werden die Grenzkontrollen hochgefahren und die Zurückweisungen gesteigert”, sagte der CSU-Politiker der Bild am Sonntag. Grenzschließungen werde es nicht geben.

Beobachter erwarten, dass zumindest vorübergehend mehr Bundespolizisten an die Grenze geschickt werden. Was sich sonst noch ändern wird, ist dagegen unklar. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) reagiert jedenfalls skeptisch auf Dobrindts Ankündigung. Auch die GdP sei für Maßnahmen zur Eindämmung der irregulären Migration, sagte Andreas Roßkopf, Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei und Zoll. Eine deutliche Erhöhung der Zahl der Polizistinnen und Polizisten an der Grenze sei bei der aktuellen Personalstärke aber dauerhaft nicht durchzuhalten. 

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