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Reisebildband „Der italienische Patient“ von Christian Blanck – Reise | ABC-Z

Das Ungeplante, das Ineffektive ist nicht die Sache von Christian Blanck. Dachte er jedenfalls ziemlich lange. Seit vielen Jahren ist Blanck, Jahrgang 1975, tätig in den Bereichen Marketing, PR und Vertrieb, meist freiberuflich, mitunter auch angestellt. Er denkt, so schätzt er sich selbst ein, strategisch und zielorientiert.

Eines Tages hat es ihn allerdings beruflich aus der Kurve getragen – eine Entlassung, mit der er nicht gerechnet hatte. Während eines Marken-Relaunchs, dessen Erfolg schließlich andere für sich eingeheimst hatten. So hat er das jedenfalls empfunden. Diese Erfahrung hatte jedoch einen Jetzt-oder-nie-Moment zur Folge. Und aus einer vagen Idee, einer Sehnsucht, wurde ein konkretes Projekt. Bei dem ein gewisses Maß an Zielstrebigkeit zwar unerlässlich ist. Aber ohne die Bereitschaft, ständig zu improvisieren, Pläne unentwegt wieder umzustoßen und die Dinge vor allem einfach auf sich zukommen zu lassen, wäre diese Reise garantiert gescheitert.

Zwei italienische Autolegenden. (Foto: Christian Blanck / Die Blancke Liebe)

Möglichst weit im Süden hat sich Christian Blanck auf die Suche gemacht nach einem alten Fiat 500, um mit diesem Oldtimer eine mehrwöchige Tour zu unternehmen bis nach Hause ins Schwäbische. Angeregt dazu hatte ihn der Journalist Marco Maurer, der noch vor der Corona-Pandemie genau solch einen Roadtrip unternommen und darüber ebenfalls ein Buch veröffentlicht hatte: „Meine italienische Reise“. Anders als Maurer, der von dem Fotografen Daniel Etter begleitet worden war, was noch einmal spezielle zwischenmenschliche Konsequenzen hatte aufgrund der Distanzlosigkeit, die der tagelange gemeinsame Aufenthalt in dem kleinen Auto erzwingt, war Blanck während seines Abenteuers weitgehend allein unterwegs. Lediglich eine Etappe lang hat ihn seine Frau begleitet.

Blanck ist ein befähigter Fotograf und Autor. Er hat, neben seinen hauptberuflichen Tätigkeiten, bereits die Buchreihe „Kinderzimmerhelden“ aufgebaut. Kann also durchaus erzählen. In „Der italienische Patient“ holt er anfangs aus, denn die Fahrt in dem alten Cinquecento ist für Blanck nicht in erster Linie ein Buchprojekt, sondern eine selbstauferlegte Auszeit aus einem beruflichen Alltag, der ihm zunehmend zugesetzt hat. Entsprechend nimmt er sich Zeit, seine Motivation darzulegen. Weil es ihm nicht um ein hedonistisches Vergnügen gegangen ist, sondern darum, ein paar Dinge grundlegend zu ändern. Einmal auszusteigen aus dem System, wenn auch nur für einige Wochen.

Fast geschafft: Von Kalabrien aus ist Christian Blanck in dem Cinquecento bis an den Luganer See gefahren.
Fast geschafft: Von Kalabrien aus ist Christian Blanck in dem Cinquecento bis an den Luganer See gefahren. (Foto: Christian Blanck / Die Blancke Liebe)

Fündig geworden auf der Suche nach seinem Traumwagen ist Christian Blanck in Kalabrien, in Cosenza. Dort hat ihm ein Automechaniker einen beigefarbenen Fiat 500 verkauft. Baujahr 1969, mit einem 17-PS-Motor und einem Tank, der 20 Liter Benzin fasst. Mit einem alten italienischen Kennzeichen, weiße Ziffern und Buchstaben auf schwarzem Grund: CS 8 3124. Die Autoschlüssel sehen aus wie die „für eine Kinderspardose“, so Blanck. 60 Kilometer pro Stunde, mehr sind auf ebener Strecke nicht drin mit diesem Auto. Bergab zeigt der Tacho manchmal 80, mitunter sogar 90 Kilometer pro Stunde an. Und dass es nicht ohne Pannen abgehen würde auf so einer Reise, versteht sich von selbst.

Es dauert eine Weile, aber irgendwann erkennt der Autor, dass diese Pannen die Essenz dieses Abenteuers sind. Nicht nervtötende, zeitraubende und mitunter auch kostspielige Pausen. Sondern unschätzbare Gelegenheiten, in Kontakt zu kommen mit Einheimischen, auf deren Hilfe und Unterstützung man in solchen Situationen angewiesen ist. Der alte Fiat 500 ist vielerorts an sich eine kleine Sensation, er lockt Neugierige an, die Christian Blanck häufig in ein längeres Gespräch verstricken, wenn sie erfahren, dass der Wagen das gesamte Land durchqueren soll. Gibt es ein Problem mit dem Auto, wird außerdem noch die Hilfsbereitschaft und die Improvisationskunst der Menschen herausgefordert. Es sind diese Begegnungen, die diese Reiseabenteuer-Erzählung besonders machen und die einen beim Lesen selbst entschleunigen.

Christian Blanck: Der italienische Patient. Auszeit statt Burnout – Im alten Cinquecento durch Italien. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2025. 224 Seiten, 29,90 Euro.

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