Merz: “Ein Drittel kann bleiben”: Union pocht auf Abschiebungen nach Syrien – SPD und Grüne empört | ABC-Z
Merz: “Ein Drittel kann bleiben”
Union pocht auf Abschiebungen nach Syrien – SPD und Grüne empört
16.12.2024, 00:01 Uhr
Die Union drängt nach dem Fall des Assad-Regimes in Syrien auf eine andere Migrationspolitik. Kanzlerkandidat Merz zufolge könnten viele junge Männer zurück in ihr Heimatland. SPD-Fraktionsvize Wiese findet die Forderungen “schäbig und zynisch”. Für die Grünen ist die Debatte verfrüht.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz will nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad keine weiteren Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen. “In jedem Fall ist richtig, jetzt nicht weitere Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen”, sagte Merz in der ARD-Sendung “Bericht aus Berlin”. “Denn diejenigen, die kommen, könnten auch Angehörige der Milizen von Assad gewesen sein und die können wir nun gar nicht in Deutschland gebrauchen.”
Merz bekräftigte in diesem Zusammenhang seine Forderung nach Zurückweisungen an der deutschen Grenze. Außerdem sagte der CDU-Chef, dass syrische Geflüchtete, die bereits im Land seien und arbeiten könnten, dies aber nicht tun, nach Syrien zurückkehren müssten. “Das eine Drittel”, das in Deutschland “arbeitet, integriert ist, kann selbstverständlich hierbleiben”, betonte Merz. “Aber zwei Drittel arbeiten nicht, das sind ganz überwiegend junge Männer und von denen können viele zurück.” Dies müsse umgesetzt werden.
Dobrindt fordert “Roadmap”
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dringt vor allem auf schnelle Abschiebungen von Straftätern und die finanziell unterstützte freiwillige Rückkehr. Gut integrierte syrische Arbeitskräfte sollen dagegen eine Bleibeperspektive bekommen. “Es braucht jetzt schnell eine Roadmap für Rückführungen”, sagte Dobrindt der “Rheinischen Post”. “Die freiwillige Ausreise wollen wir finanziell unterstützen”, betonte der CSU-Politiker.
Zudem müsse gelten: “Wenn Schutzgründe wegfallen und damit in vielen Fällen das Aufenthaltsrecht erlischt, muss auch eine Rückführung nach Syrien möglich sein. Wer sich hier gut integriert hat, einer auskömmlichen Arbeit nachgeht, der wird auch eine Bleibeperspektive haben können. Als Allererstes muss es darum gehen, Straftäter schnell zurückzuführen”, betonte Dobrindt.
In Deutschland und auf der ganzen Welt würden Syrer zu Recht den Sturz des Terrorregimes von Machthaber Baschar al-Assad bejubeln. “Zugleich wirbt die neue Übergangsregierung in Syrien dafür, dass die Syrer im Ausland jetzt zum Aufbau des eigenen Landes zurückkehren sollen. Ich halte das für nachvollziehbar”, so Dobrindt weiter.
Wiese: “Schäbig und zynisch”
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese kritisierte die Union für ihre Forderungen nach einer schnellen Rückkehr der in Deutschland lebenden Syrer scharf. “Dass CDU und CSU nach dem Sturz des Diktators Assad und vor dem Hintergrund einer immer noch unklaren Lage in Syrien als Erstes über Abschiebungen reden, ist schäbig und zynisch”, sagte Wiese der “Rheinischen Post”.
“Die Union wäre konsequent in ihrer Haltung, wenn sie das C aus ihrem Namen streichen würde”, so Wiese. “Unsere Unterstützung sollte ganz klar den Syrerinnen und Syrern gelten, die jahrelang unter dem furchtbaren Regime leben mussten – hin zu einem freien und sicheren Syrien.” Zum jetzigen Zeitpunkt gelte es zu unterstützen, wo dies möglich und abgestimmt sinnvoll sei, so der SPD-Politiker.
Grüne: Union macht Wahlkampf
Auch die Grünen wiesen die Rückkehrforderungen der Union zurück. “Mit der sofortigen Forderung nach Rückkehr und dies verbunden mit Anreizen zeigt Union einmal mehr, dass sie die Migrationspolitik für ihren Wahlkampf nutzt und die Realität im Nahen Osten missachtet”, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Lamya Kaddor, der “Rheinischen Post”. “Es sind dieselben Personen, die keine 24 Stunden nach dem Sturz des Diktators Assad in Syrien die Rückkehr von Geflüchteten forderten und die dies bereits vor zwei Wochen taten, als Assad noch über Syrien herrschte und sein Volk brutal unterdrückte”, betonte Kaddor.
Sie wünsche jeder Syrerin und jedem Syrer, die freiwillig zurückkehren möchten, dass dies bald sicher möglich sei. “Gleichzeitig sind viele Syrerinnen und Syrer eingebürgert und hier heimisch geworden. Viele leisten einen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft, ihre Kinder sind Deutsche und sie bauen sich ein Leben in Deutschland auf”, sagte die Grünen-Politikerin.
“Eine Aktualisierung des Lageberichts des Auswärtigen Amts zu Syrien wird erst abgeschlossen sein, wenn sich die aktuelle Lage vor Ort für eine gewisse Dauer verändert hat.” Insbesondere sei hier die Sicherheitslage für alle Bevölkerungsgruppen sowie die Menschenrechtslage für alle Teile Syriens von Bedeutung. “Noch ist es zu früh, eine verbindliche und seriöse Bewertung der Lage in Syrien als sicheres Herkunftsland vorzunehmen”, so Kaddor weiter.