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Merz arbeitet gegen das Gefühl, nicht mehr alles sagen zu dürfen | ABC-Z

Friedrich Merz punktet als Kanzler derzeit mit Klartext – die Kölner Stadtverwaltung dagegen will den Begriff „Spielplatz“ abschaffen. Zwei Arten, mit Sprache Politik zu machen.

Es entgeht wohl niemandem: Die noch junge Regierung macht nicht alles richtig (Stichwort Stromsteuer). Doch wie heißt es so schön? Kritik ist leicht, Kunst ist schwer. Auch die Kunst, zu kommunizieren.

Zumindest da macht der Kanzler – der rhetorisch ja durchaus sein größter Feind sein kann – derzeit keine ganz schlechte Figur. Nun ist man nach jahrelanger Scholz-o-Matik bescheiden geworden. Doch selbst wenn Friedrich Merz an der Charme-Front noch zulegen kann: Es ist erfrischend, dass er die sprichwörtliche Goldwaage auch mal im Schrank lässt.

In den Worten seiner Parteifreundin Angela Merkel: „Auf jeden Fall war es nicht drumrumgeredet” – sie bezog sich auf Merz’ Aussage, Israel erledige „die Drecksarbeit für uns alle“.

Das Gefühl, nicht mehr alles sagen zu dürfen

Dieses Nicht-Drumrumreden ist umso wichtiger, da bei vielen Menschen der Eindruck herrscht, man dürfe gewisse politische Aussagen nicht treffen, ohne zu Unrecht in eine radikale Ecke verfrachtet zu werden. Zuletzt häuften sich Fälle, in denen Amtsrichter dieses Gefühl leider verstärkten.

Und jüngst beschloss die Verwaltung der Stadt Köln – Triggerwarnung! –, dass das Wort „Spielplatz“ nicht mehr zeitgemäß ist. Ich habe in Köln gelebt. Mir fällt einiges ein, was in dieser großartigen Stadt verbessert werden könnte. Die Bauzeiten zum Beispiel. Wobei, wer mehr als 600 Jahre für einen Dom braucht, für den sind die bald 14 Jahre Opernsanierung wahrscheinlich Fast Track.

Also nahm die Verwaltung Spielplatzschilder ins Visier. Denn: „Insbesondere muss dem erweiterten Inklusionsgedanken, der die Diversität der Nutzer*innen im Rahmen ihres Alters, ihrer kulturellen Hintergründe und möglicher Behinderungen berücksichtigt, Rechnung getragen werden.“ Ab Herbst sollte daher „der eingrenzende Begriff, Spielplatz‘“ durch „Spiel- und Aktionsfläche“ ersetzt werden – damit sich niemand ausgegrenzt fühlt.

Wer sich ausgegrenzt fühlt

Ausgegrenzt von Merz fühlen sich wiederum queerpolitische Stimmen. Sie finden es respektlos, wie er der Regenbogen-Flagge zum CSD eine Abfuhr erteilte: Der Bundestag sei „kein Zirkuszelt“, das beliebig beflaggt werden könne.

Im selben Atemzug verwies der Kanzler jedoch auf den 17. Mai, der Tag gegen Homophobie, an dem die Regenbogen-Fahne sehr wohl vom Bundestag aus flattert. Der Vorwurf, er trete Minderheitenrechte mit Füßen, ist daher etwas weit hergeholt: Merz ist nicht Orbán.

Keine Scheu vor Zuspitzung

FDP-Vize Wolfgang Kubicki bringt es in seinem gerade erschienenen Buch auf den Punkt: „Es darf keine Scheu vor Zuspitzung geben, keine Sorge, dass man des Populismus geziehen wird. Wenn die Botschaft deshalb klar und wahrnehmbar zu jedem durchdringt, dann ist ein grober Klotz in Ordnung.“ Wer das nicht verträgt, sollte sich vielleicht lieber auf die Spiel- und Aktionsflächen zurückziehen.

Allerdings nicht in Köln. Denn Oberbürgermeisterin Henriette Reker sprach gestern Abend ein Machtwort: „Ich persönlich finde die Bezeichnung ‚Spielplatz‘ klar und verständlich und habe angesichts der Herausforderungen, vor denen Köln steht, kein Verständnis dafür, dass sich die Verwaltung mit der Neugestaltung von Spielplatzschildern beschäftigt.“

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