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Merkel stellt Memoiren vor: Viel Stolz, wenig Selbstkritik | ABC-Z

Stand: 27.11.2024 03:02 Uhr

“Ich könnte jetzt mal auspacken”, sagt die frühere Kanzlerin Merkel bei der Vorstellung ihrer Memoiren. Tut sie aber nicht. Sensationen finden sich in ihrem Buch keine – und ihre Selbstkritik bleibt spärlich.

So kennt man sie: schwarze Hose, Vier-Knopf-Blazer, Merkel-Raute. So präsentiert die Bundeskanzlerin a.D. ihr Buch im Deutschen Theater in Berlin. Anne Will stellt Fragen, Merkel antwortet.

Wer ein kritisches, politisches Interview erwartet, wird weitgehend enttäuscht. Ebenso wie diejenigen, die dachten, in der Physikerin stecke auch eine Philosophin, oder diejenigen, die auf sensationelle Enthüllungen aus sind.

“Stellen Sie sich mal vor, ich würde Sensationen veröffentlichen”, sagt Merkel. “Man würde sagen: Die hat uns die ganze Zeit belogen.” Also gibt es keine Sensationen, nicht im Buch und nicht im Theater.

Spärliche Selbstkritik

Ob sie Fehler gemacht hat? Anne Will will es wissen. Mehrfach. Und Merkel verneint. Fehler? Nicht in der Ukraine-Politik, nicht in der Flüchtlingspolitik. Merkel verteidigt ihre Entscheidungen von damals, reagiert noch heute angefasst, dass sie falsch zitiert oder nicht verstanden wurde, damals 2015, als sie die Flüchtlinge ins Land ließ.

Spärliche Selbstkritik übt sie an anderer Stelle. In der Klimapolitik, sagt Merkel, da hat sie zu wenig getan. Und auch bei der Digitalisierung und bei der Bahn, mit der sie nur selten fährt. Also ja, bei der Modernisierung des Landes, da hätte sie mehr machen können. Und wenn es hilft, dann solle man sagen: “Merkel war’s.”

Aber hilft es? Merkel meint: nein. Und dann teilt sie auch ein bisschen aus – gegen die anderen, gegen die SPD, die sie als damaligen Koalitionspartner für die marode Bundeswehr mitverantwortlich macht. Und gegen die Grünen, weil die im Bundesrat gegen ihre Asylpolitik gestimmt haben, als es um sichere Herkunftsländer ging.

Merkel nennt ihr Buch “Schmuckstück”

“Ich könnte jetzt mal auspacken”, sagt sie unter dem Gelächter der Zuschauer. “Aber ich packe auch schnell wieder ein. Es bringt ja nichts.” Es wird so schnell aus- und wieder eingepackt, dass auch an diesem Abend nichts sensationell Neues bekannt wird. Merkel bleibt eben Merkel, vor allem sich selber treu. Sie ist ganz offensichtlich mit sich im Reinen, zufrieden und auch stolz auf ihr Buch. Sie hält das “Schmuckstück”, wie sie sagt, in die Kamera und erklärt, vor sich selbst Parade zu stehen – Promotion eben.

Es sind 740 Seiten, auf denen sie detailversessen ihr politisches Erleben beschreibt. Es geht um ihr Leben in der DDR, um ihren rasanten Aufstieg in der Politik, um die CDU natürlich und im Theater auch mal kurz um Friedrich Merz. Zu ihm pflegt sie bekanntlich keine innige Freundschaft, aber jetzt könnte er Kanzler werden. Ob sie ihm das gönnt, fragt Anne Will. “Ja”, sagt Merkel. Ein “Nein” an dieser Stelle wäre wohl auch undenkbar.

Zwei Stunden lang beantwortet Merkel Fragen und liest Passagen aus ihrem Buch vor. Die Atemlosigkeit der Politik habe sie hinter sich gelassen. Aber die Bürgerin Angela Merkel bleibe natürlich politisch. Aber “genug war genug” – nach 16 Jahren Kanzlerin.

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