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Mehrheit nicht empfehlenswert: Viele private Krankenversicherungen leisten weniger als die Gesetzliche | ABC-Z


Mehrheit nicht empfehlenswert

Viele private Krankenversicherungen leisten weniger als die Gesetzliche

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Eine private Krankenversicherung lockt Gutverdiener, Selbstständige und Beamte mit schnelleren Arztterminen und besserer medizinischer Versorgung. Doch stimmt das? Die Stiftung Warentest kommt zu dem Schluss, dass viele Tarife nicht halten, was sie versprechen.

Bei einem Test der privaten Krankenversicherung (PKV) der Stiftung Warentest ist die Mehrheit der Tarife als nicht empfehlenswert durchgefallen. Zwei Drittel der 1245 Tarifkombinationen sähen entweder einen zu hohen Selbstbehalt vor oder hätten auffällige Lücken bei den Leistungen, erklärte die Stiftung Warentest am Mittwoch. „Viele leisten sogar weniger als gesetzliche Krankenkassen“, sagte die Vorständin der Stiftung Warentest, Julia Bönisch.

Solche Lücken bei den durchgefallenen 861 Tarifen gibt es laut Stiftung Warentest beispielsweise oft im Bereich der Psychotherapie, der Palliativpflege, bei der Kieferorthopädie nach einem Unfall und bei digitalen Leistungen wie Ernährungs-Apps. Es lohne sich ein genauer Vergleich: Zwischen dem günstigsten und dem teuersten empfohlenen Angestelltentarif liege ein Beitragsunterschied von 400 Euro, obwohl beide mit „sehr gut“ bewertet wurden.

Muss es immer der Toptarif sein?

„Überlegen Sie sich gut, ob es immer ein Toptarif sein muss“, sagte Testleiter Julian Chudoba. Die leistungsstärksten Tarife seien zwar häufig teuer, jedoch spiegele der Preis „selten den Umfang der zusätzlich abgesicherten Gesundheitsrisiken wider“.

Auch könne sich die PKV wegen der steigenden Beiträge im Alter zur Kostenfalle entwickeln, warnten die Warentester. Zwar seien für alle Versicherten steigende Gesundheitskosten zu erwarten, sagte Chudoba – die PKV-Beiträge seien anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aber einkommensunabhängig. „Wer im Alter nicht überfordert sein möchte, muss frühzeitig anfangen zu sparen.“ Es sei für Interessierte maßgeblich, gut abzuwägen, ob die Beiträge zu leisten seien, sagte Vorständin Bönisch. Als „wichtigsten Tipp“ bezeichnete sie, gut für die steigenden Beiträge vorzusorgen.

Insgesamt empfiehlt die Stiftung Warentest 384 der untersuchten 1245 Tarifkombinationen. Die günstigste Tarifkombination für Angestellte und Selbstständige bietet laut der Untersuchung die Arag (ME600,KTV42/150, PVN) („sehr gut“, Monatsbeitrag ab 35 Jahren 649 Euro, Selbstbehalt 600 Euro pro Jahr). Bei Beamten ist es die Continentale (Comfort-B/50S, SP2-B/50S, PVB, „gut“, Monatsbeitrag ab 30 Jahren 250 Euro).

Die PKV sei etwas für einen „kleinen, exklusiven Kreis“, lautete Chudobas Einschätzung. Dazu gehörten etwa Beamte, die durch die staatliche Beihilfe unterstützt würden, oder Angestellte mit einem sehr guten Einkommen und entsprechenden Rücklagen für das Alter.

Schneller zum Arzttermin

Die Tester verwiesen zugleich auf eine repräsentative Umfrage von Civey im Auftrag der Stiftung Warentest, nach der privat Krankenversicherte in Deutschland schneller an Arzttermine kommen: Demnach gaben 58 Prozent der Privatpatienten an, sie hätten ihren jüngsten Facharzttermin innerhalb eines Monats bekommen. Bei den Kassenpatienten waren es demnach nur 30 Prozent.

Im Dezember hatte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen die nächste Bundesregierung dazu aufgefordert, die Bevorzugung von Privatversicherten gegenüber Kassenpatienten bei der Terminvergabe gesetzlich zu verbieten. Forderungen nach einem Ende der Ungleichbehandlung bei der Terminvergabe in deutschen Arztpraxen gibt es immer wieder. Sie finden sich zum Teil auch in den Wahlprogrammen der Parteien wieder. SPD und Grüne wollen zum Beispiel eine Bürgerversicherung, in die gesetzliche und privat Versicherte einzahlen.

Für die Stiftung Warentest befragte Civey den Angaben zufolge vom 10. bis 12. Januar online 5000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren.

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